das leben ein traum - Schauspiel Stuttgart

ich träume,also bin ichCalderóns fast vierhundert Jahre altes Stück »Das Leben einTraum«, mehr Gedicht als Drama, mutet auf den ersten Blickan wie ein Märchen: König Basilius von Polen ist altgeworden. Höchste Zeit, die Thronfolge zu regeln. Er giltals kinderlos, sein Neffe Astolf, Herzog von Moskau, undseine Nichte Estrella machen sich Hoffnung auf die Krone.Was außer dem König und seinem treuen Diener Clotaldniemand weiß: Basilius hat sehr wohl ein Kind, einen Sohnnamens Sigismund. Der allerdings ist ohne Kontakt zuanderen Menschen in einem Turm im Gebirge aufgewachsen,zu dem allein Clotald Zutritt hatte. Nur einmal verirrtensich eine als Mann verkleidete junge Frau und ihr Begleiterin Sigismunds Verlies.Wie kam der Prinz in den Turm? Basilius ist ein Mann derWissenschaften. Er glaubt, in den Sternen lesen und mithindas Schicksal beeinflussen zu können. Die Sterne schienennun darauf hinzudeuten, dass sein Sohn sich zu einem grausamenTyrannen entwickeln und ihn, den König, dereinst vomThron stoßen würde. Um sein Volk, vor allem aber um sichselbst zu schützen, lässt er das Kind als Totgeburt erklärenund sperrt es heimlich weg.Nicht für immer allerdings. Bevor er die Krone abgibt, willder König prüfen, ob sein mittlerweile herangewachsener Sohnnicht doch der bessere Herrscher ist als die Verwandtschaftaus dem Osten. Vor allem aber will er herausfinden, ob er mitseiner Weissagung richtig gelegen hat. Unter dem Deckmantelder Menschlichkeit heckt er einen perfiden Plan aus: Sigismundsoll in den Palast gebracht werden und dort erfahren, wer erwirklich ist. Verhält er sich, wie es von einem König erwartetwird, darf er fortan die Krone tragen. Erweist er sich jedoch alsdas von Basilius vorausgesagte Ungeheuer, muss er zurück inden Turm. Um in diesem Fall die Verzweiflung angesichts derneuerlichen Verbannung abzumildern, soll Sigismund einSchlaftrunk verabreicht werden. Wenn er im Kerker wiedererwacht, würde sein Ausflug an den Hof ihm wie ein Traumerscheinen…Es kommt, wie es kommen muss: Wütend über sein ungerechtesSchicksal und nicht vertraut mit höfischen Umgangsformen,mischt Sigismund den Hof ordentlich auf und vergreift sichschließlich an Rosaura, jener Frau, die einmal zufällig in seinenTurm geraten war. Er wird überwältigt und erneut betäubt. Alser im Kerker wieder zu sich kommt, kann er sich die Ereignissenicht anders erklären, als dass er sie geträumt haben müsse.Damit könnte das Stück zu Ende sein. Die Aussicht, mit Astolfeinen Russen als König zu haben, gefällt indes nicht allen Polen.Soldaten befreien Sigismund, um ihn zum Anführer einerRebellion gegen den Hof zu machen. Träumt Sigismund nochimmer? Ist nicht das ganze Leben ein Traum? Dann wäre essicher angenehmer, vom Thron als vom Kerker zu träumen.Also beschließt Sigismund, sich auf das Abenteuer einzulassen.Er lernt, seine Wut zu unterdrücken und sich »gut« zu verhalten.Die »Ewigkeit« – Gottes Himmelreich – ist fortan sein Ziel.4 5