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das leben ein traum - Schauspiel Stuttgart

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Das HöhlengleichnisBetrachte nun den Zustand unserer menschlichen Naturin Bezug auf Bildung und Unbildung mit dem in folgendembildlich dargestellten Zustande: Stelle dir Menschen vorin <strong>ein</strong>er höhlenartigen Wohnung unter der Erde, die <strong>ein</strong>ennach dem Lichte zu geöffneten und längs der ganzen Höhlehingehenden Eingang habe, Menschen, die von Jugend aufan Schenkeln und Hälsen in Fesseln <strong>ein</strong>geschmiedet sind,so <strong>das</strong>s sie dort unbeweglich sitzenbleiben und schauennur vor sich hin, aber nach links und rechts die Köpfe wegender Fesselung nicht umzudrehen vermögen. Licht haben sievon oben von der Ferne von <strong>ein</strong>em Feuer hinter ihnen. Zwischendem Feuer und den Gefesselten sei oben <strong>ein</strong> Querweg,längs diesem denke dir <strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>e Mauer erbaut, ähnlichwie die Schranke, die Gaukler vor dem Publikum haben, überdie sie ihre Kunststücke zeigen. So stelle dir nun weiter vor,längs dieser Mauer trügen Leute allerhand über diesehinausragende Gerätschaften, auch Menschenstatuen undBilder von anderen <strong>leben</strong>den Wesen aus Holz, St<strong>ein</strong> undallerlei sonstigem Stoffe, während, wie natürlich, <strong>ein</strong>igeder Vorübertragenden ihre Stimme hören lassen, andereschweigen.Haben wohl solche Gefangene von ihren eigenen Personenund von <strong>ein</strong>ander etwas anderes zu sehen bekommen alsdie Schatten, die von dem Feuer auf die ihrem Gesichtegegenüberstehende Wand fallen? Ferner, ist es nicht mitden vorübergetragenen Gegenständen ebenso? Wenn sienun mit <strong>ein</strong>ander reden könnten, würden sie nicht m<strong>ein</strong>en,die verwendeten Benennungen kämen den Dingen zu, diesie vor sich sehen?Wenn <strong>ein</strong>er von ihnen nun entfesselt und genötigt würde,plötzlich aufzustehen, den Hals umzudrehen, herumzugehen,in <strong>das</strong> Licht zu sehen, und wenn er bei allen diesen HandlungenSchmerzen empfände und wegen des Glanzgeflimmers vors<strong>ein</strong>en Augen nicht jene Dinge anschauen könnte, derenSchatten er vorhin zu sehen pflegte. Was würde er wohldazu sagen, wenn ihm jemand erklärte, <strong>das</strong>s er vorhin nur<strong>ein</strong> Schattenspiel gesehen, <strong>das</strong>s er jetzt aber dem wahrenS<strong>ein</strong> schon näher sei? Und wenn man dann auf jeden dervorüberwandernden Gegenstände zeigen und ihn durchFragen zur Antwort nötigen wollte, zu sagen was sie seien,glaubst du nicht, <strong>das</strong>s er ganz in Verwirrung geraten unddie M<strong>ein</strong>ung haben würde, die vorhin geschauten Schattengestaltenhätten mehr Wirklichkeit als die, welche er jetztgezeigt bekomme? Wenn aber jemand ihn aus dieser Höhlemit Gewalt den rauen und steilen Aufgang aufwärts zögeund ihn nicht losließe, bis er ihn an <strong>das</strong> Licht der Sonneherausgebracht hätte, würde er da wohl nicht Schmerzenempfunden haben und, nachdem er an <strong>das</strong> Sonnenlichtgekommen, die Augen voll Blendung haben und also gar nichtsvon den Dingen sehen können, die jetzt als wirkliche ausgegebenwerden?20 21

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