Unser Haushund: Eine Spitzmaus im Wolfspelz? - Wolf-Ekkehard ...
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296Man fragt sich jedoch, wie es möglich ist, dass sowohl in der wissenschaftlichenals auch populärwissenschaftlichen (oder generell der Primär- und Sekundär-)Literatur im scharfen Kontrast zu den ersten sicheren paläontologischenNachweisen, Prohesperocyon und Archaeocyon als Stammformen nicht nur derHesperocyoninae und Borophaginae, sondern auch noch der Caninae selbstausgegeben werden können, zumal Leptocyon (Caninae) deutlich älter alsArchaeocyon ist.Die Antwort auf diese Frage – und die vorliegenden Beispiele sind keineEinzelfälle – liegt vielleicht in der folgenden Beobachtung des PaläontologenOskar Kuhn:"Die Phylogenetik ist […] nur indirekt erschließbar und als mehr oder weniger hypothetischerAnhang zur systematischen Morphologie möglich. NAEF setzte auseinander, dass die Grundbegriffeder alten, vordeszendenztheoretischen Morphologie später einfach in die Sprache der Phylogenie"übersetzt" wurden.Dabei wurde dann:Aus Formverwandschaft………….…….Blutsverwandtschaft" Sytematik…………………………Phylogenetik" Metamorphose………………...….Stammesentwicklung" systematische Stufenreihen……….Ahnenreihen" Typus………………………...…..Stammform" typischen Zuständen……………...ursprüngliche" atypischen………………………..abgeänderte" niederen Tieren…………………...primitive" atypischer Ähnlichkeit…………….Konvergenz" Ableitung…………………………Abstammung usw. usw.”Da nun Prohesperocyon und Archaeocyon den hypothetischen Stammformen (invordeszendenztheoretischer Sprache dem jeweiligen Typus) morphologisch nahekommen, erklärt man sie evolutionstheoretisch kurzerhand zu den realenStammformen der drei Unterfamilien der Hunde – und zwar ohne Rücksicht aufdie geochronologische Abfolge. Man arbeitet im Grunde also immer noch (wennauch völlig unbeabsichtigt) in Begriffen der idealistischen Morphologie: der Typusist den Befunden zeitlich und morphologisch übergeordnet und wenn der Typuszur Stammform wird, dann sind die Funde, die dem Typus am nächsten kommen,eben auch die Stammformen (oder repräsentieren diese zumindest) – selbst wennsie erst Millionen Jahre später auftreten.Wie oben zum Thema Spezialisationskreuzungen ausgeführt, hat die'unangepasste' reale Stammform jedoch niemals existiert, da auch die"primitivsten" Formen immer bestimmte Anpassungsmerkmale aufweisenmussten, um überhaupt existieren zu können, oder mit den Worten Beurlens:"Man hat sich daran gewöhnt, dieses Konvergieren [der Stammreihen] in den Vordergrund zu stellen unddementsprechend die Stammreihen hypothetisch nach rückwärts zu verlängern bis zum Schnittpunkt.Dieser bedeutet dann die gedachte Stammform. Diese darf jedoch nach dem Gesetz derSpezialisationskreuzungen nach keiner Richtung angepaßt sein, in der eine der späterenStammreihen angepaßt ist, ja, sie darf überhaupt nicht angepaßt sein; d. h. mit anderen Worten, siehat niemals existiert. Jede größere Gruppe hat stets nur in ihren verschiedenen Anpassungstypen existiert,zwischen denen Übergangsformen undenkbar sind."In kladistischer Terminologie findet man bei gründlicher Betrachtung, d. h. bei
297einem minutiösen Studium der als Stammformen bestimmter Tier- oderPflanzengruppen angesprochenen Funde, immer auch Autapomorphien, 'distinctiveanatomical features, known as a derived traits, that are unique to a given terminalgroup'.Um diese Schlussfolgerung, nämlich dass die evolutionstheoretisch postuliertenStammformen niemals existiert haben (womit die Evolutionstheorie – egal welcherPrägung – widerlegt wäre), nun auf alle Fälle und unter allen Umständen zuvermeiden, neigt man dazu, nicht nur mit der Vervollkommnung eines isoliertenOrgans zu arbeiten, sondern oft sogar noch die Evolution mit derVervollkommnung isolierten Teilstrukturen zu beweisen. Diese Methode scheitertjedoch an dem Koadaptationsphänomen, an der Synorgansation der Lebenformen,am Korrelationsgesetz.Diese Frage habe ich ausführlich für die Entstehung des Auges diskutiert (vgl.http://www.weloennig.de/AuIDa.html, http://www.weloennig.de/AuIEng.html) und auch imRahmen der Evolution der Langhalsgiraffe (http://www.weloennig.de/Giraffe.pdf pp. 24-26).Wang et al. 2004, p. 42 562 : "Dental evolution of representative canids as shown inupper cheek teeth (P4-M2)”: Siehe den weiteren Text von Wang et al. unter derfolgenden Abbildung.Mich erinnert diese Darstellung stark an die Bemerkung von Stephen Jay Gould:"An old paleontological in joke proclaims that mammalian evolution is a taletold by teeth mating to produce slightly altered descendant teeth.”Die Abbildung zur die Evolution spezieller Zahnstrukturen setzt sowohl die Ableitung der dreiUnterfamilien der Canidae von einer Stammform – hier Hesperocyon – als auch die Gesamtevolution562 Wang, X.; Tedford, R. H.; Van Valkenburgh, B. and R. K. Wayne (2004): Ancestry: Evolutionary history, molecular systematics, andevolutionary ecology of Canidae.: pp. 39-54 in D. W. Macdonald and C. Sillero-Zubiri (eds.): The Biology and Conservation of Wild Canids.Oxford University Press, Oxford.
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