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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 91Menschen auf die Erde zu schicken [153] hat. Man erinnere sich daran, in welchem Zustandsich damals die europäischen Staaten hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen, industriellen, administrativenund militärischen Kräfte befanden und in welchem Zustand damals in jederdieser Hinsichten Rußland war! Wir sind verwöhnt durch unsre Mächtigkeit, betäubt durchden Donner unsrer Siege, sind daran gewöhnt, die wohlgeordneten Riesenmassen unsererHeere zu sehen, und vergessen, daß das alles erst 132 Jahre alt ist (von dem Sieg bei Lesnajaan gerechnet – dem ersten großen Sieg, den die regulären russischen Truppen gegen dieSchweden errangen). Wir leben alle gewissermaßen in dem Glauben, daß wir diese Dinge seitUrzeiten besitzen und nicht erst seit Peter dem Großen. Wir haben bereits auch das vergessen,daß zur Zeit Peters des Großen gegen Rußland ein gefährlicher Nachbar aufstand – Karl XII.,der sowohl Menschen wie Geld brauchte und der es wohl verstanden hätte, sich der einen wiedes anderen zu bedienen, getreu dem Sprichwort: „Einem geschenkten Gaul sieht man nichtins Maul!“ Vaterlandsliebe, ein mächtiger Volksgeist und Reichtum an materiellen Mittelnsind wirklich starke Waffen, aber man lasse die Helden der Thermopylen, von Marathon,Platää, die Krieger Lakedämoniens, die mazedonische Phalanx, die Kohorten Roms aus denGräbern auferstehen und bilde aus ihnen allen ein einziges Heer, man gebe ihm Miltiades,Themistokles, Kimon, Aristides, Perikles, Fabius, Camillus, Scipio, Marius zu Anführern undAlexander von Mazedonien und Julius Cäsar zu Oberkommandierenden: dieses furchtbareGigantenheer würde nicht standhalten gegenüber fünf Regimentern unserer Zeit unter demKommando nicht eines Napoleon, sondern auch nur irgendeines seiner Generale. Kraft brichtStroh, sagt ein Sprichwort, aber ein durch Wissenschaft, Kunst und jahrhundertelange Entwicklungdes Lebens gewappneter Verstand bricht auch die Kraft, möchten wir hinzufügen.Nein, ohne Peter den Großen hätte Rußland keinerlei Möglichkeit besessen, sich Europa natürlichanzunähern, denn es trug kein natürliches Samenkorn der Entwicklung in sich, undohne Peter wäre es noch lange das Original der Bilder geblieben, die Koschichin und Sheljabushskigekennzeichnet haben. Gewiß, auch ohne die Reform Peters hätte sich Rußland vielleichtan Europa angenähert und seine Zivilisation angenommen, aber genau in der gleichenArt, wie Indien sich an England angenähert hat. Wir wiederholen: Peter hatte keine Zeit zuverlieren und konnte nicht warten. Als umsichtiger Steuermann sah er zur Zeit der Windstilleden [154] furchtbaren Sturm voraus und befahl seiner Mannschaft, weder Mühen zu scheuennoch Gesundheit und Leben zu schonen, um sich auf den Wogenprall und die Windstößevorzubereiten – und alle bereiteten sich vor, wenn auch unwillig –‚ und dann kam der Sturm,aber das wohlvorbereitete Schiff hielt seine entfesselten Kräfte leicht aus –und es fanden sichKurzsichtige, die über den Steuermann murrten, weil er ihnen unnötig Angst gemacht habe.Er durfte nicht säen und ruhig abwarten, bis der ausgeworfene Samen aufgegangen, durchden Winter gekommen und reif geworden sein würde: er warf mit der einen Hand die Samenkörnerund wollte mit der anderen sofort auch die Frucht schneiden, gegen alle gewöhnlichenGesetze der Natur und der Möglichkeit – und die Natur gab für ihn ihre ewigen Gesetzeauf, und die Möglichkeit wurde für ihn zur Zauberei. Als ein neuer Josua hielt er die Sonnein ihrem Laufe auf, entriß dem Meere, was ihm seit Urzeiten gehört hatte, ließ aus demSumpf eine wundervolle Stadt erstehen. Er hatte erkannt, daß halbe Maßnahmen nichts taugenund nur Schaden anrichten, hatte erkannt, daß radikale Umwälzungen in dem, was Jahrhundertezustande gebracht haben, nicht halb durchgeführt werden können, daß man entwedermehr tun muß, als man tun kann, oder überhaupt nichts tun soll, und hatte erkannt, daßseine Kräfte ausreichten, um den ersten Weg zu gehen. Vor der Schlacht bei Lesnaja stellte erKosaken und Kalmücken hinter seinen Truppen auf mit dem strengen Befehl, ohne Gnadejeden zu töten, der nach rückwärts fliehen sollte, sogar ihn selbst, wenn er es tun würde. * Genauso handelte er auch im Kriege gegen die Ignoranz: indem er sein ganzes Volk gegen sie* Golikow, Bd. III, S. 20 der alten Ausgabe. – W. B.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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