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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 82Gewissensskrupel ganz öffentlich davon, daß „sein Dienst ihm etwas einbringt“, und hinterläßtseinem Sohn als Grunddogma der Moral den Rat, vor allem ein guter Ehemann und Vaterzu sein, um die Familie vor dem Bettelstab zu bewahren und seinem Rang und seiner Stellungnichts zu vergeben, allen jungen Leuten aber legt er mehr als alles ans Herz –„Zu handeln nach der Väter ArtUnd bei den Vorgesetzten lernen.“ 5Was uns betrifft, so haben wir noch keinen Grund, über dieses Laster zu verzweifeln. In einerfaulenden Gesellschaft gibt es keine Außenseiter, keinen Widerspruch und kein Zuwiderhandelngegen die allgemeine Verderbtheit: in China nimmt jedermann Bestechungsgelder, unddort würde man einen Menschen, der auf den Gedanken käme, sich gegen die Bestechlichkeitzu empören und seine Empörung durch untadeliges Verhalten zu bekräftigen, einfach füreinen Dummkopf halten, aber zum Glück für die Mandarinen und die Moralisten gibt es dortauch keine solchen Dummköpfe, sondern alle [138] Menschen sind klug und wohlgesinnt.Bei uns dagegen hat sich, dank den Umwandlungen Peters, alsbald eine Opposition gegen dasallgemeine Übel zu melden begonnen.Zu Ehren unserer Literatur sei gesagt, daß diese edle, wohltätige Opposition zuerst in ihr auftauchte.Die Muse Sumarokows erklärte den windigen Amtsschreibern unversöhnlichenKrieg und brandmarkte Bestechlichkeit und Veruntreuung von Staatsgeldern mit dem Stempelder Schande und der Ausstoßung. Nebenbei sei bemerkt, daß in dieser Hinsicht die literarischeRichtung Sumarokows sozusagen lebensnäher war als die rein rhetorische RichtungLomonossows – und das ist der Grund, weshalb der talentlose Sumarokow viel beliebter warals der begabte Lomonossow, dem das Publikum seiner Zeit nur Achtung entgegenbrachte.„Der Angeber“ von Kapnist war ein schwerer Schlag gegen die Angeberei. Nachimow machtesich in der Literatur seiner Zeit dadurch einen großen Namen, daß er ständig die Gemütergegen Rechtsverdrehung aufrüttelte. Wenn auch der Witz Fonwisins vorwiegend gegen dieIgnoranz gerichtet war, so bekam nebenbei auch die Prozessiererei ordentlich eins ab. Zuunseren Zeiten wurde der „Revisor“ Gogols zu einer wahren Geißel dieses Lasters, das, dankden Erfolgen der Aufklärung und den wohltätigen Bemühungen der Regierung, sich bereits indie Höhle verkriecht und nur von dort aus, und auch das noch heimlich, wagt, seine abscheulicheund unanständige Fratze zu zeigen. Wenn wir von den Verdiensten der Literatur um dieheilige Sache der Verfolgung der Bestechlichkeit durch die Geißel der Satire reden, so darfauch Gribojedow nicht unerwähnt bleiben: wenn seine unsterbliche Komödie auch nicht direktgegen diese hundertköpfige Hydra gerichtet ist, so hat er ihren schamlosen Stirnen mitVersen wie den folgenden doch ein glühendes Schandmal eingebrannt:„Und gibt’s ein Kreuzchen mal, ein Pöstchen zu verschenken –Wer wird da nicht zuerst an seine Freunde denken!“ 6Und die edlen Bestrebungen der Literatur blieben nicht fruchtlos: die Gesellschaft gab ihnenEcho. Es ist bemerkenswert, daß selbst mittelmäßige Werke dieses Geistes und dieser Richtungvon unserem Publikum stets mit besonderer Begeisterung aufgenommen worden sindund durchaus nicht kränkend gewirkt haben. Schließlich begannen sich Leute zu finden, die,ohne Angst davor, als unruhig und gefährlich zu gelten, und ohne die Bezeichnung Dumm-[139]kopf, Hochmütigen, Außenseiter und Schwärmer zu scheuen, offen aussprachen, daß sielieber Hungers sterben als durch Diebstahl reich werden wollten – und sie sind nicht Hungersgestorben, und wenn sie reich geworden sind, dann auf ehrlichem Wege. Und wenn solcheFreidenker auch nicht zu Tausenden auftreten, so mehrt sich ihre Zahl doch von Tag zu Tag.Vor den Zeiten Peters des Großen jedoch gab es sie nicht nur nicht in der Wirklichkeit, son-5 Aus „Verstand schafft Leiden“ von A. S. Gribojedow.6 Aus „Verstand schafft Leiden“.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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