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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 71Lied, sondern nur ein Singsang, eine Art Refrain ist, bei denen häufig Worte ohne weiterenSinn zusammengenommen werden, nur um des Singsangs willen, wie z. B. „Eiapopeia“ u.dgl. Da haben wir’s, wie man sich auf Tatsachen ohne Sinn stützen kann! Und deshalb weißman, wenn man diesen Artikel liest, nicht, was man liest: einen Artikel über Poesie oder übereine neue Methode des Düngens von Kartoffelfeldern ... Komisch und jämmerlich...Aber ich fing mit dem 18. Jahrhundert und den Franzosen an und habe selber nicht gemerkt,wie ich ins 19. Jahrhundert und zu uns Russen geraten bin; das kommt daher, daß in vielenunserer Bücher und Zeitschriften, besonders den „mondänen“, das 18. Jahrhundert auch jetztvergnüglich weiterlebt und die Franzosen uns bis heute wie kleine Kinder am Gängelbandihres als Eklektizismus herausgestutzten Empirismus herumführen. Die Menschheit hat erstvon den Deutschen erfahren, was Kunst und was Philosophie ist, während die Franzosen unsstatt Kunst eine Art Schuhmacherhandwerk und statt Philosophie eine Art Puzzlespiel gezeigthaben. Die Spekulation stützt sich stets auf die Gesetze der Notwendigkeit, der Empirismusdagegen auf die bedingten Erscheinungen der toten Wirklichkeit. Deswegen ist jene ein Gebäude,das auf Felsen steht, dieser dagegen ein Gebäude, das auf Sand gebaut ist und sofortzusammenstürzt, wenn der Wind auch nur ein einziges der Körnchen wegbläst, die sein leichterschütterliches Fundament bilden. Die Mathematik ist eine vorwiegend positive, exakteWissenschaft, und dabei durchaus nicht empirisch, sondern aus den Gesetzen der reinen Vernunftabgeleitet, was ein und dasselbe ist: daß zwei mal zwei vier ist, diese Wahrheit ist nichtaus Erfahrung gewonnen, sondern aus dem Geiste in die Erfahrung übertragen. Was sind alleHypothesen, auf denen die Astronomie beruht, anderes als Spekulationen; und ist dabei dieAstronomie etwa keine positive Wissenschaft? Zwei der größten Entdeckungen im Bereichunsres Wissens – Amerika und das Planetensystem – sind a priori gemacht worden. Man hatKolumbus und Galilei als Verrückte verlacht, weil die Erfahrung offensichtlich gegen siewar, aber sie glaubten ihrer Vernunft und haben die Vernunft gerechtfertigt.Aber noch sonderbarer erscheint uns der Gedanke einer Art zeit-[117]gemäßer Vereinigungder spekulativen und der empirischen Methode zur Erforschung der Wahrheiten: nichts fürungut, aber das ist purer Unsinn, der einen ganzen Kreis des Wissens vernichtet, jede Wissenschaftunmöglich macht, weil dadurch die Wirklichkeit nicht nur der Spekulation, sonderngerade auch der Erfahrung negiert wird: wenn die Spekulation der Hilfe von seiten der Erfahrungbedarf, so bedeutet dies, daß sie ungenügend ist; wenn die Erfahrung der Hilfe von seitender Spekulation bedarf, so heißt das, daß auch sie ungenügend ist. Indem wir die Unzulänglichkeitder Erfahrung anerkennen, vernichten wir die unabhängig von unserem Bewußtseinbestehende Realität der Tatsachen und bekräftigen dadurch, daß sich vermittels der Erfahrungabsolut nichts erkennen läßt; indem wir die Unzulänglichkeit der Spekulation anerkennen,verwandeln wir die Vernunft in ein Phantom und behaupten, daß sich auch vermittelsder Vernunft nichts erkennen läßt. Wohin führt also diese Vereinigung? Nur zwei gleichartigeDinge können ein Ganzes bilden. Etwas anderes ist die Überprüfung der Spekulationdurch die Erfahrung, die Anwendung der Spekulation auf die Tatsachen: das ist möglich.Wenn die Spekulation richtig ist, so muß die Erfahrung sie in der Anwendung unbedingt bestätigen,weil, wie wir schon gesagt haben, auch das erfahrungsmäßige Wissen selbst notwendigspekulatives Wissen ist, da die Tatsache Leben und Bedeutung nicht an sich besitzt,sondern nur in dem Begriff, den sie in unserem Bewußtsein erweckt und den wir ihr beilegen.Wenn also die Tatsachen richtig verstanden sind, so müssen sie unvermeidlich die Spekulationbestätigen, weil die Spekulation der Spekulation nicht widerspricht... [119]OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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