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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 66Geiste von Rechtgläubigkeit, Selbstherrschaft und Volksgeist weisen ... 72Auch unsere Gesellschaft nähert sich ihrer endlichen Bildung. Der Adel hat schließlich dochdie Überzeugung gewonnen, daß er seinen Kindern eine gründliche, systematische Ausbildungim Geiste von Glauben, Treue und Nationalgeist angedeihen lassen muß. UnsereHerrensöhnchen, unsere Dundys, deren ganzes Wissen und Können sich darauf beschränkt,geläufig allen möglichen Unsinn auf Französisch daherzuplappern, werden allmählich zulächerlichen, armseligen Anachronismen. Und wer sähe andrerseits nicht, daß der Kaufmannsstandschnell Bildung annimmt und sich in dieser Hinsicht den höheren Ständen nähert!Oh, man glaube mir, die russischen Kaufleute haben nicht umsonst so fest an den ehrwürdigenRauschebärten, den langen Schoßröcken und den Sitten der Vorvater festgehalten!In ihnen hat sich das russische Antlitz am reinsten erhalten, und auch, wenn sie Bildung annehmen,werden sie es nicht verlieren, sondern zu typischen Repräsentanten des Volksgeisteswerden. Man sehe sich ebenso an, welch regen Anteil am heiligen Werk der vaterländischenAufklärung auch unsere Geistlichkeit zu nehmen beginnt ... Ja, gegenwärtig reift die Saat derZukunft heran! Sie wird aufgehen und in herrlicher Schönheit erblühen, dem Ruf des mildreichenMonarchen folgend! Und dann werden wir eine eigene Literatur haben und werden keineNachahmer, sondern Rivalen der Europäer sein...Und da bin ich nun nicht nur am Ufer angelangt, ich stehe schon auf Land und überblicke stolzund befriedigt die weite Strecke, die ich zurückgelegt habe. Alle Achtung, der Weg war lang!Dafür bin ich auch ganz von Kräften, ganz erschöpft. War doch die Sache ungewohnt, und derWeg war schwer. Doch ehe ich mich ganz verabschiede, verehrter Leser, möchte ich noch einpaar Worte sagen. Wer über andere urteilen will, der setzt sich selbst einem noch strengerenUrteil aus. Dazu kommt, daß die Autoreneitelkeit empfindlicher und rachsüchtiger ist als allesonstigen Arten von Eitelkeit. Als ich diesen Aufsatz begann, wollte ich nur ein wenig überunsere moderne Literatur herziehen und weiß selbst nicht, wie ich so weit abgekommen bin.Ich habe mit einem „Hoch soll er leben!“ angefangen und mit einem „Ruhe sanft!“ geendet.Das passiert zuweilen im Leben. [110] Ich gestehe also ehrlich: man suche in meiner „Elegiein Prosa“ keine streng logische Ordnung. Elegiendichter zeichnen sich nie durch allzu folgerichtigesDenken aus. Ich wollte nur einige Wahrheiten aussprechen, die teilweise schon frühergesagt, teilweise von mir selbst festgestellt worden sind; aber ich hatte nicht die Zeit, meinenAufsatz gut zu durchdenken und abzurunden; ich liebe die Wahrheit und wünsche dasallgemeine Beste, habe jedoch vielleicht nicht genügend gründliche Kenntnisse. Was ist da zumachen? Diese beiden Eigenschaften finden sich selten in einer Person. Im übrigen habe ichmich mit keinem Wort über Dinge geäußert, die mein Verständnis übersteigen, und daher auchunsere wissenschaftliche Literatur nicht behandelt. Ich denke und glaube, daß jeder, der demFortschritt von Wissenschaft und Literatur dienen will, seine Meinung frei heraussagen soll,besonders wenn sie, ob richtig oder falsch, aus seiner Überzeugung und nicht irgendwelcheneigennützigen Absichten entspringt. Wenn man also finden sollte, daß ich mich geirrt habe, sosage man mir die Meinung in der Presse und weise mir meine falschen Anschauungen nach.Ich bitte darum als Beweis der Wahrheitsliebe und der persönlichen Achtung vor mir als Menschen;aber man zürne mir nicht, falls man anders denkt. Und damit, werter Leser, wünscheich Ihnen alles Gute zum neuen Jahr ... Nichts für ungut!72 Gemeint ist der Volksbildungsminister S. Uwarow, der im Jahre 1833 der Moskauer Universität einen Besuchabstattete. S. Wengerow hat die Vermutung ausgesprochen, daß die Stellen, in denen hier mit schwülstigenWorten der Zar, die Regierung und die Würdenträger gepriesen werden und die der ganzen geistigen HaltungBelinskis schroff widersprechen, nicht von ihm stammen, sondern von dem Redakteur und Herausgeber der„Molwa“, N. I. Nadeshdin, eingeschoben worden sind.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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