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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 61Herrn Lashetschnikow gebührt, muß doch gesagt werden, daß er die von ihm gewählte Epochenicht voll auszuwerten verstanden hat, und das kommt, wie mir scheint, von seiner nichtganz richtigen Auffassung dieser Epoche. Vor allem wird das durch die Hauptperson seinesRomans bewiesen, die ihm meiner Ansicht nach am wenigsten gelungen ist. Man sage mir:was hat diese Figur Russisches oder auch nur Individuelles? [101] Das ist einfach eine Figurohne eignes Gesicht und ein Mensch eher unserer Zeit als des 17. Jahrhunderts. Überhaupthat der „Novize“ viele Helden und keine Hauptperson. Ausgesprochen im Vordergrund stehtPatkul; er ist in Lebensgröße und mit Meisterhand gezeichnet. Aber das interessanteste, dasLieblingskind der Phantasie des Autors, ist wohl das Schweizermädchen Rosa; sie ist einesjener Geschöpfe, um die auch ein Balzac den Dichter beneiden dürfte. Da ich weder Zeitnoch Platz genug habe, kann ich hier nicht ausführlich auf den „Novizen“ eingehen, obwohlich viel über ihn zu sagen hätte! Ich fasse zusammen: das Buch zeigt das große Talent desDichters, trägt ihm den Ehrentitel des ersten russischen Romanschriftstellers ein. SeineSchwächen kommen teilweise daher, daß der Verfasser, wie mir scheint, die Epoche Petersdes Großen von einem nicht ganz richtigen Standpunkt aus angesehen hat, hauptsächlich aberdaher, daß der „Novize“ sein erstes Werk war. Auszüge aus seinem neuen Roman lassen unshoffen, daß er den ersten beträchtlich überragen und das Vertrauen, welches das Publikumseinem Talent entgegenringt, durchaus rechtfertigen wird.Jetzt habe ich nur noch über eine höchst bemerkenswerte Erscheinung in unserer Literatur zusprechen, und zwar über den Schriftsteller, der sich mit dem Pseudonym Besglassny und ъ. ь.Й 68 unterzeichnet. Man sagt, es handelt sich hier um... aber was geht uns der Name einesVerfassers an, zumal wenn dieser ihn nicht zur Schau stellen möchte? Da er unlängst selbsterklärt hat, daß er weder A. noch B. noch C. sei, können wir ihn getrost O. nennen. Dieser O.schreibt schon seit längerem, aber in letzter Zeit hat sich sein künstlerisches Wirken mit besondererStärke offenbart. Dieser Schriftsteller wird bei uns noch nicht nach Verdienst gewürdigt,und daher wäre eine besondere Betrachtung am Platze, für die es mir hier sowohl anZeit wie an Raum fehlt. In allen seinen Werken spürt man in starkes, kraftvolles Talent, tiefes,einfühlendes Empfinden, absolute Originalität, Wissen um das Menschenherz, Kenntnisder Gesellschaft, umfassende Bildung und eine gute Beobachtungsgabe. Ich sprach vonKenntnis der Gesellschaft und setze hinzu, besonders der vornehmen. Und dabei will es michbedünken, daß er hier ein Verräter ist... Oh, dieser Künstler ist furchtbar in seiner Rache! Wiegründlich und richtig hat er den Abgrund an Hohlheit und Nichtigkeit jener Klasse von Menschenermessen, die er so erbittert und mit solch nie erlahmender Beharrlichkeit verfolgt! Erschmäht [102] ihre Nichtigkeit, er drückt ihnen das Brandmal der Schande auf, geißelt sieeiner Nemesis gleich, bricht den Stab über sie, weil sie alles Gottähnliche verloren und dieheiligen Güter der Seele gegen vergoldeten Kot eingetauscht haben, weil sie sich vom lebendigenGott lossagten und dem Götzen irdischer Eitelkeit huldigen, weil sie an Stelle vonGeist, Gefühl, Gewissen und Ehre die konventionelle Etikette gesetzt haben! Er ... aber wassoll ich viel über ihn sagen? Wer meine enthusiastische Bewunderung für ihn versteht, wirddiesen Künstler besser begreifen und schätzen; andernfalls möchte ich meine Worte nicht inden Wind werfen... Man hat doch gewiß seinen „Ball“, seinen „Brigadier“, seinen „Hohneines Verstorbenen“ und sein „Wie gefährlich es für Mädchen ist, über den Newski-Prospektzu gehen“ gelesen? ...Herr Gogol, der sich so bieder als Imker gibt, gehört zu den außergewöhnlichen Talenten.Wer kennt nicht seine „Abende auf dem Gehöft bei Dikanka“? Wieviel Witz, Heiterkeit, Poesieund Volksgeist spricht aus diesen Erzählungen. Gebe Gott, daß er die erweckten Hoffnungenvoll und ganz rechtfertigt!68 Unter diesen Pseudonymen schrieb Fürst W. F. Odojewski.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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