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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 6mehr ’rein... Wir erinnern uns noch zu gut der früheren Rundblicke, bei denen uns angst undbange wurde! Wir wollen dir lieber vorher alles auswendig hersagen, was du uns vorpredigenwillst. Das wissen wir alles genau so gut wie du. Die Zeiten haben sich geändert; früher einmalwar es für euereinen, für die ungebetenen Rundblickschreiber, ein leichtes, uns arme Leserhinters Licht zu führen, heute dagegen hat sich jeder sein eigenes bißchen Verstand zugelegtund kann selbst nach rechts und links über alles mitreden...“ 13Was soll ich auf diese Bewillkommnung, die kommen mußte, antworten? ... Mir fällt beimbesten Willen nichts Passendes ein... Aber halt... Lesen Sie nur weiter, bloß so aus Langerweile– es gibt ja heutzutage, wissen Sie, nichts Rechtes zu lesen... da kommt das gerade gelegen...Vielleicht – (der Teufel spielt ja manchmal Streiche) – finden Sie in meinem kurzen –(haben Sie gehört –kurzen!) – Rundblick, wenn nicht allzu gescheite, so doch auch nicht allzudumme, wenn nicht allzu neue, so doch nicht allzu abgedroschene Gedanken... Schließlichsind doch Wahrheit, Unvoreingenommenheit und guter Wille auch etwas wert? ... Wie, Siewollen mir nicht glauben? – Sie wenden sich von mir weg, schütteln den Kopf, wehren mitder Hand ab und halten sich die Ohren zu?Nun, Gott befohlen, beschwören werde ich Sie nicht. Lesen Sie, wenn Sie Lust haben, oderlassen Sie es bleiben; man sagt ja: des Menschen Wille ist sein Himmelreich... Im übrigen,was lasse ich mich da in lange Dispute mit Ihnen ein? Nein – nehmen Sie‘s mir bitte nichtübel; ob Sie wollen oder nicht, Sie müssen lesen; [11] wozu haben Sie sonst lesen undschreiben gelernt? Also denn, mit Gottes Segen ans Werk!Die hochgeehrten Leser werden gewiß erwarten, daß ich nach dem löblichen Brauch unsererhochgelahrten und vielgewandten Aristarche meine Betrachtung mit dem Anfang aller Anfänge,den Eiern der Leda, beginnen werde, um Ihnen anschaulich darzulegen, welchen Einflußdie Erschaffung der Welt, der Sündenfall des ersten Menschen, alsdann Griechenland,Rom, die Völkerwanderung, Attila, das Rittertum, die Kreuzzüge, die Erfindung des Kompasses,des Pulvers, des Buchdrucks, die Entdeckung Amerikas, die Reformation, der DreißigjährigeKrieg und so weiter und so weiter auf die russische Literatur ausgeübt haben? Siehaben gar schon ernstlich Angst bekommen, ich würde Sie aller Höflichkeit zum Trotz einfachbeim Wickel nehmen, Sie auf den Dampfer „John Bull“ schleppen und auf ihm wie aufdem Fliegenden Teppich direkt nach Indien fahren, in die göttliche Heimat des Menschengeschlechts,in das Wunderland des Himalaja, der Elefanten, Tiger, Löwen, Schlangen, Affen,des Goldes, der Edelsteine und der Cholera. Sie denken vielleicht, ich werde Ihnen den Inhaltdes „Râmâjana“ und des „Mahâbhârata“ auseinandersetzen, Ihnen die unvergleichlichen Reizeder „Sakuntala“ aufzeigen, Sie mit dem ganzen Reichtum der vielschichtigen, üppigenMythologie der Priester des Mahâdêva und des Schiwa bekannt machen und beiläufig einpaar Worte über die erstaunliche Ähnlichkeit des Sanskrits mit dem Slawischen einflechten?Nein, verehrte Herren, geben Sie sich nicht solchen schmeichelhaften Hoffnungen hin. Siewerden nicht in Erfüllung gehen, und ich glaube, Sie dürfen sich darüber freuen, denn – ichgestehe es offen – die heiligen Bücher, die Weden, sind für mich das reinste Rotwelsch, undindische Dichtungen und Dramen sind mir nicht mal in Übersetzungen zu Gesicht gekommen.Erwarten Sie auch nicht, daß ich Sie von den Ufern des heiligen Ganges an die blühendenGestade des Euphrat und Tigris führen werde, wo der Mensch in seinem Säuglingsalterdie Götzenbilder zerschlug und dem Feuer huldigte. Erwarten Sie nicht, daß ich mit frevelnderHand den Jungfernschleier von den Mysterien der alten Magier oder der Priester der Isisund des Osiris am Ufer des wasserreichen Nils niederreißen werde. Glauben Sie auch nicht,ich werde Sie im Vorübergehen in die Arabische Wüste begleiten, um Ihnen, umgeben vom13 In den 20er und zu Anfang der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts waren zusammenfassende literarische Betrachtungenunter Titeln wie „Revue“, „Übersicht“, „Rundblick“ in den russischen Zeitschriften die große Mode.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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