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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 342heute jeglicher Mensch“, glauben Sie [575] denn wirklich, „jeglicher“ statt „jeder“ sagenbedeute, sich biblisch ausdrücken? Wie sehr wahr ist es doch, daß der Mensch von Geist undTalent verlassen wird, sobald er sich ganz der Lüge ergibt. Stünde auf Ihrem Buch nicht IhrName – wer würde glauben, daß dieser aufgeblasene und schmuddlige Wort und Phrasenschwallden Schöpfer des „Revisor“ und der „Toten Seelen“ zum Verfasser hat.Was aber mich persönlich anlangt, so wiederhole ich Ihnen: Sie haben sich geirrt, als Siemeinen Aufsatz für einen Ausdruck des Ärgers über die Äußerungen ansahen, die Sie übermich als einen Ihrer Kritiker getan haben. Hätte mich nur das aufgebracht, so würde ich michauch nur darüber ärgerlich geäußert, mich über alles andere aber ruhig und leidenschaftslosausgesprochen haben. Das allerdings ist wahr, daß Ihre Äußerungen über ihre Verehrer doppelthäßlich sind. Ich begreife, daß man einen Dummkopf, der einen mit seinem Lob und seinerBegeisterung nur lächerlich macht, manchmal einen Nasenstüber versetzen muß, aberauch das fällt einem schwer, denn es ist irgendwie menschlich peinlich, selbst falsche Liebemit Feindschaft zu vergelten. Sie aber hatten es auf Männer abgesehen, die, wenn auch nichtmit hervorragendem Verstand begabt, dennoch keine Dummköpfe sind. Diese Männer habenin ihrer Bewunderung für Ihre Werke möglicherweise mehr begeisterte Ausrufe von sich gegebenals sich über den sachlichen Inhalt geäußert; aber ihre Begeisterung entspringt doch soreinen und edlen Quellen, daß Sie sie wirklich nicht mit Haut und Haaren den gemeinsamenFeinden hätten ausliefern und sie darüber hinaus noch beschuldigen dürfen, sie legten IhreWerke vorsätzlich falsch aus. 6 Sie haben das natürlich nur getan, weil Sie sich von demHauptgedanken Ihres Buches hin. reißen ließen, und auch aus Unbedachtsamkeit, Wjasemskiaber, dieser Fürst in der Aristokratie und Knecht in der Literatur, hat Ihren Gedanken weiterausgeführt und eine private Denunziation gegen Ihre Verehrer (also vor allem gegen mich)veröffentlicht. 7 Er hat das vermutlich zum Dank dafür getan, daß Sie ihn, diesen schlechtenReimerling, zum großen Dichter ernannt haben, wenn ich mich recht entsinne, für seine „matten,am Boden hinschleifenden Verse“. 8 Das alles ist nicht schön. Daß Sie jedoch nur auf dieZeit gewartet haben wollen, da Sie auch den Verehrern Ihres Talentes würden Gerechtigkeitwiderfahren lassen können (nachdem Sie sie mit stolzer Demut Ihren Feinden gewährt haben)– das wußte ich nicht; ich konnte es und, ehrlich gesagt, ich wollte es auch gar nicht [576]wissen. Ich hatte Ihr Buch vor mir und nicht Ihre Absichten: Ich habe es gelesen und wohlhundertmal wieder gelesen, und habe doch nichts darin gefunden als das, was es enthält, dasaber, was es enthält, hat mein Gemüt tief empört und beleidigt.Wollte ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen, so würde dieser Brief bald ein starkes Heftfüllen. Ich habe nie daran gedacht, über diesen Gegenstand an Sie zu schreiben, wenn ich esauch sehnlichst wünschte und Sie allen und jedem schwarz auf weiß das Recht gaben, Ihnenohne Umschweife zu schreiben, einzig um der Wahrheit willen. 9 Solange ich in Rußland leb-6 Gogol nennt in seinem „Briefwechsel“ Belinski nicht beim Namen. Es war jedoch für jedermann klar, daß ereben ihn meinte, wenn er zum Beispiel in Kapitel 7 von der Kritik sagte: „Die ‚Odyssee‘ ... wird der Kritik auf dieBeine helfen Die Kritik ist müde geworden und hat sich verirrt in den Analysen der rätselhaften Werke der neustenLiteratur, ist vor Kummer vom Wege abgekommen und redet, die literarischen Fragen verlas-send, irre daher.“7 Gemeint ist der Aufsatz P. A. Wjasemskis: „Jasykow und Gogol“.8 In seinem Aufsatz „Über den ‚Sowremennik‘„ hatte Gogol geschrieben: „Gottlob sind noch zwei ... erstklassigePoeten unter uns bei guter Gesundheit: Fürst Wjasemski und Jasykow.“ Außerdem hatte Gogol, als er an eineNeuausgabe des „Briefwechsels“ dachte, den Fürsten Wjasemski gebeten, sein Buch „zu lesen, zu wägen, strengzu kritisieren und zu korrigieren ... Betrachten Sie mein Manuskript“, schrieb er, „ganz wie Ihr eigenes... Ichbitte Sie, lassen Sie mich nicht im Stich, lieber Fürst, und Gott wird Sie dafür belohnen, denn Ihre Tat wird echtchristlich und erhaben sein“. Das Lob und diese Bitte taten offenbar ihre Wirkung: Fürst Wjasemski schrieb denAufsatz „Jasykow und Gogol“, in dem er die Verteidigung von Gogols Buch übernimmt.9 Im Vorwort zur zweiten Ausgabe der „Toten Seelen“ schrie Gogol: „In diesem Buch ist vieles unwahr beschrieben,nicht so, wie es ist und wie es wirklich auf der russischen Erde zugeht. Ich bitte dich, Leser, mich zuverbessern. Laß es dich nicht verdrießen... Ich bitte dich, daß du es tust.“OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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