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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 34sammlung in Dialogform. Oserows poetische Begabung steht heute außer Zweifel, doch wird ihnkaum noch jemand lesen, geschweige denn, sich für ihn begeistern.Das Erscheinen Shukowskis versetzte Rußland in Staunen, und nicht ohne Grund. Er war derKolumbus unseres Vaterlandes: er zeigte ihm die deutsche und die englische Literatur, vonderen Existenz es nicht einmal eine Vorstellung hatte. Er hat außerdem unsere dichterischeSprache von Grund aus umgebildet und ist in der Prosa über Karamsin hinausgeschritten * : dassind seine Hauptverdienste. Er selbst hat nur wenig geschrieben, seine Arbeiten sind Übersetzungenoder Bearbeitungen oder Nachahmungen ausländischer Werke. Eine kühne, kraftvolle,wenn auch nicht immer mit dem Gefühl übereinstimmende Sprache und ein einseitiger Hangzur Träumerei, der sich, wie es heißt, aus gewissen Umständen seines Lebens ergab, sind dasCharakteristische an Shukowskis Werken. Einen Irrtum begeht, wer ihn für einen Nachbeterder Deutschen und der Engländer hält: auch wenn er sie nicht gekannt hätte, würde er nichtanders geschrieben haben, wenn er sich treu bleiben wollte. Er war kein Sohn des 19. Jahrhunderts,aber er war sozusagen sein Proselyt ** . Man füge zu dem Obengesagten noch hinzu,daß seine Werke vielleicht wirklich durch seine Lebensverhältnisse bestimmt wurden, undman wird begreifen, warum sie keine weltumfassenden, keine Menschheitsideen in sich tragen,warum sich bei ihm unter den schwungvollsten Formen so oft fast Karamsinsche Gedankengängeverbergen (z. B. „Mein Freund, Beschützer, Engel du“ usw.), warum sich sogar inseinen besten Sachen (wie in dem „Sänger im Lager der russischen Krieger“) rein rhetorischeStellen finden. Er war in sich eingesponnen, und das ist der Grund seiner Einseitigkeit, die beiihm aber als höchste Originalität auftritt. Der großen Anzahl seiner Übersetzungen nach stehtShukowski zu unserer Literatur, wie Voß oder August Schlegel zur deutschen. Kenner behaupten,er hätte nicht übersetzt, sondern die Schöpfungen Schillers, Byrons u. a. der russischenLiteratur einverleibt; das steht wohl außer Zweifel. [58] Kurz, Shukowski ist ein Dichtervon ungewöhnlich kraftvollem Talent, ein Dichter, der der russischen Literatur unschätzbareDienste erwiesen hat, der niemals vergessen und der immer gelesen werden wird; dabei kannman ihn dennoch nicht einen eigentlich russischen Dichter nennen, dessen Namen auf demgroßen Turnierfeld Europa erschallen dürfte, wo Volksruhm mit Volksruhm wetteifert.Vieles von dem über Shukowski Gesagten läßt sich auch auf Batjuschkow anwenden. Diesergehört entschieden zwei Jahrhunderten zugleich an; von dem scheidenden ließ er sich abwechselndbetören und abstoßen, das heraufziehende versagte ihm die Anerkennung, ebensowie er es nicht anerkannte. Er war kein genialer, aber ein sehr begabter Mensch. Wie schade,daß er die deutsche Literatur nicht kannte; ihm fehlte nur wenig zu einer völligen literarischenBekehrung. Man lese seinen Aufsatz über die auf Religion gegründete Moral, und manwird das Sehnen dieses Herzens verstehen, sein stürmisches Aufstreben zum Unendlichen ausdem Rausch der Sinne, das seine harmonischen Schöpfungen durchzieht. Er hat das Lebenund die Eindrücke eines Dichters so beschrieben, daß unter kindlichen Gedanken plötzlichfast heutige Gedankengänge aufleuchten, und er schrieb gleichzeitig von sogenannter leichterPoesie, als ob es eine schwere Poesie gäbe. Trifft es nicht zu, daß er weder dem einen nochdem andern Jahrhundert ganz angehörte? Batjuschkow hat im Verein mit Shukowski diedichterische Sprache umgebildet, d. h. er hat eine klare, harmonische Sprache geschrieben;auch seine Prosa ist besser als die der kleineren Schriften Karamsins. Seiner Begabung nachgehört Batjuschkow zu unseren zweitrangigen Dichtern und steht meiner Ansicht nach unterShukowski; der bloße Gedanke an eine Ebenbürtigkeit mit Puschkin ist lächerlich. Das Dreigestirnaber, das unsere Literaturbeflissenen aus Shukowski, Batjuschkow und Puschkin bildenwollten, konnte nur in den zwanziger Jahren Glauben finden.* Ich habe hier Karamsins kleinere Schriften im Auge. – W. B.** Neubekehrter, (im Altertum) besonders zum Judentum bekehrter UngläubigerOCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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