13.07.2015 Aufrufe

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 331ren dieses Vampirs, der mir den letzten Rest Gesundheit ausgesaugt hat, stehn schlecht, undalle Welt läßt ihn im Stich. Wenn das stimmt, bin ich froh, denn ich wünsche ihm von ganzemHerzen das Allerärgste, alles erdenkliche Unheil. Leb wohl, Botkin. Grüß mir all dieUnsrigen – Kawelin, Granowski, Korsch, Ketscher, Schtschepkin usw. usw.An W. P. Botkin, Dezember 1847(Bruchstück)W. B.St. Petersburg, Dezember 1847Jetzt über die Briefe Herzens 1 . Der Eindruck, den sie bei Korsch, Granowski, Dir und andernMoskauern hinterlassen haben, zeigt mir nur, daß es Euch Moskauern an jener Toleranz fehlt,die Ihr für Eure Haupttugend haltet. In Deinem Urteil sehe ich wirklich noch etwas, was nachToleranz aussieht: Du bist wenigstens nicht böse auf die Briefe, weil sie nicht auf Deine Weisedenken, sondern auf ihre eigne, Du wirst nicht rot vor Ärger wie Korsch und nennst nichtUnfug, was man richtiger als Scherz, Witz, Freisein von Pedanterie und Schulmeisterei bezeichnenmuß. Du hast nach meiner Meinung nur insofern nicht recht, als Du an einer Auffassungund Meinung, die der Deinen widerspricht, nichts Gutes lassen wolltest. Diese Briefe,besonders der letzte, wurden in meiner Gegenwart, unter meinen Augen geschrieben, alsFolge jener täglichen Eindrücke, über die alle ehrlichen Franzosen erröteten und die Köpfehängen ließen und bei denen selbst die Schufte etwas verlegen mit den Augen zwinkerten.Und wenn Herzens Briefe wirklich Übertreibungen enthalten – mein Gott –‚ was ist dasschon für ein Verbrechen [561] – und wo gibt’s Vollkommenheit? Wo absolute Wahrheit?Herzens Ansichten aber für unbestreitbar falsch und nicht einmal einer Entgegnung für würdigzu halten – ich weiß nicht, meine Herren, vielleicht habt Ihr sogar recht, aber dann bin icheben wohl zu dumm, um Euch in Eurer Weisheit zu verstehen. Ich will nicht sagen, daß HerzensAnsichten fehlerlos richtig sind, daß sie alle Seiten der Frage erfassen, ich räume ein,daß die Frage der Bourgeoisie noch offen ist und bisher noch niemand sie endgültig entschiedenhat und niemand sie entscheiden wird – entscheiden wird sie die Geschichte, dieses obersteGericht über die Menschen. Aber ich weiß, daß die Herrschaft der Kapitalisten das heutigeFrankreich mit ewiger Schmach bedeckt und die Erinnerung an die Zeiten der Regentschaftheraufbeschworen hat, die Amtszeit Dubois’, der Frankreich an England verkaufte,und daß sie eine Orgie der Industrie entfesselt hat. Alles an dieser Herrschaft ist kleinlich,nichtswürdig, widerspruchsvoll; kein Gefühl für Nationalehre, Nationalstolz. Sieh Dir dieLiteratur an – was soll das bedeuten? Alles, worin auch nur ein Funke von Leben und Talentblitzt, all das gehört zur Opposition – nicht zu der lausigen Parlamentsopposition, die natürlichsogar tief unter der konservativen Partei steht, sondern zu jener Opposition, für die dieBourgeoisie das Syphilisgeschwür am Körper Frankreichs ist. Viel dummes Zeug steckt inden Bannflüchen, die sie gegen die Bourgeoisie schleudert – dafür aber zeigen sich nur indiesen Bannflüchen sowohl Leben wie Talent. Sieh zu, was sich in den Pariser Theatern tut.Die kluge, sorgfältige Inszenierung, das ausgezeichnete Spiel der Schauspieler, die Grazieund der Scharfsinn des französischen Geistes überdecken hier Leere, Nichtigkeit, Banalität.Die Kunst macht sich nur in der Rachel und in Racine bemerkbar, höchstens erinnert an siehin und wieder durch seine „Lumpenhändler“ mit Hilfe Lemaitres ein Félix Pyat, ein völligtalentloser Mann, der es aber kraft (à force) seines Hasses gegen die Bourgeoisie zu Talentbringt. Herzen hat nicht gesagt, daß die französischen Staatsanwälte Narren und Dummköpfe1 Es handelt sich um die „Briefe aus der Avenue Marigny“ von A. I. Herzen. Diese Briefe entstanden in denMonaten Juli bis September 1847 in Paris zu der Zeit, als sich Belinski im Ausland aufhielt.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!