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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 327zu weiden, die den Franzosen eigen ist, und mußte an Pierre Leroux denken, der, nachdem erHegel heruntergemacht hatte, Schelling pries, in der Annahme, in letzterem einen Verbündetenzu be-[554]sitzen und sich dann, als man ihm seine Ignoranz nachwies, damit entschuldigte,er habe das alles von einem zuverlässigen Mann erfahren. – Dabei enthalten die AngriffeSaissets viel Brauchbares, vor allem, was er über den komischen Anspruch Comtes sagt, dasWort Idee durch Naturgesetz zu ersetzen. Es wird noch gut für Comte sein, wenn seine Gegnersich voller Wut für das Wort in den Kampf stürzen; aber was soll aus ihm werden, wenn sie sogescheit sind, ihm zuzustimmen? Hier geht es ja nicht um die Sache (ich meine um die Idee),sondern um eine neue Bezeichnung für ein altes Ding, eine Bezeichnung, die nichts am Wesenändert, mit dem einzigen Unterschied, daß die alte Bezeichnung den großen Vorzug eines historischenUrsprungs und einer auf jahrhundertelanger Gewohnheit beruhenden Vertrautheitmit ihr für sich hat und daß von ihr das Wort Ideal abgeleitet ist, das nicht in der Kunst alleingebraucht wird. Absolute Idee, absolutes Gesetz: das ist ein und dasselbe, denn beides drücktetwas Allgemeines, Universelles, Unveränderliches, den Zufall Ausschließendes aus. Comtegibt sich also, während er Neues zu schaffen glaubt, mit altem Kram ab. Das ist lächerlich.Comte findet die Natur unvollkommen: hierin sehe ich den schlagendsten Beweis dafür, daßer kein Führer ist, sondern nur ein Plänkler, daß er keine neue philosophische Lehre vertritt,sondern eine Reaktion, d. h. ein Extrem, das durch ein andres Extrem ausgelöst ist. Die Pietistenbewundern die Vollkommenheit der Natur, für sie ist alles höchst weise berechnet undbemessen, sie glauben, daß selbst in dem abscheulichen, schnell heckenden Geschlecht derNagetiere, d. h. in den Ratten und den Mäusen, ein hoher Nutzen stecken müsse, einfachdeshalb, weil die Natur sie dummerweise freigebig in ungeheurer Zahl hervorbringt. Und nunkommt Comte und stellt ihrer Torheit, nur aus dem Gefühl des Widerspruchs und der Notwendigkeiteiner Reaktion heraus, eine neue Torheit gegenüber, daß nämlich die Natur unvollkommensei und vollkommener sein könnte. Das letztere ist Unsinn, das erstere ist richtig,doch in der Unvollkommenheit der Natur liegt grade ihre Vollkommenheit. Vollkommenheitist eine Idee des abstrakten Transzendentalismus und deshalb das niederträchtigste Ding vonder Welt. Der Mensch ist sterblich, ist Krankheit und Hunger unterworfen, muß sein Leben imKampf verteidigen. Das ist seine Unvollkommenheit, aber eben durch sie ist er groß, eben umihretwillen ist ihm sein Leben lieb und wert. Sichere ihn gegen Tod, Schmerz, Unglücksfall,Kummer – und er wird zum [555] türkischen Pascha, der sich in fauler Glückseligkeit langweilt;schlimmer – er verwandelt sich zum Vieh. Comte sieht nicht den historischen Fortschritt,das lebendige Band, das sich als lebendiger Nerv durch den lebendigen Organismusder Menschheitsgeschichte zieht. Daraus sehe ich, daß der Bereich der Geschichte seiner Beschränktheitverschlossen ist. Lomonossow war zu seiner Zeit in den Naturwissenschaften eingroßer Gelehrter, was jedoch die Geschichte betrifft, war er dem Esel Tredjakowski gleich: esist klar – der Bereich der Geschichte lag jenseits seiner Natur. Comte vernichtet die Metaphysiknicht als die Wissenschaft transzendentalistischer Ungereimtheiten, sondern als die Wissenschaftvon den Gesetzen des Geistes: die höchste Wissenschaft, die Wissenschaft der Wissenschaftenist für ihn die Physiologie. Das beweist, daß der Bereich der Philosophie ebensojenseits seiner Natur liegt wie der Bereich der Geschichte und daß die einzige ihm zugänglicheWissenssphäre die Mathematik und die Naturwissenschaften sind. Daß die Wirkung, d. h. dieTätigkeit des Geistes, das Resultat der Tätigkeit der Gehirnorgane ist, unterliegt keinem Zweifel;aber wer hat den Akt dieser Organe bei der Tätigkeit unsres Geistes belauert? Wird mandiese je belauern können? Comte hat seine Hoffnungen auf weitere Erfolge der Phrenologie *gesetzt; aber diese Erfolge werden nur die Identität der physischen Natur des Menschen mitseiner geistigen bestätigen – nichts mehr. Die geistige Natur des Menschen soll man nicht als* topologisch ausgerichtete Lehre, die versuchte, geistige Eigenschaften und Zustände bestimmten, klar abgegrenztenHirnarealen zuzuordnenOCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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