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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 322Zustand des heutigen Frankreichs in [543] sofern in einen Fehler verfallen, als er die Bedeutungdes Worts „bourgeoisie“ zu eng gefaßt hat. Er versteht unter diesem Wort nur die reichenKapitalisten und hat die zahlreichere und darum wichtigere Masse dieses Standes ausgeschlossen...Trotzdem ist vieles in den „Briefen aus der Avenue Marigny“ so lebendig, sofesselnd, interessant, klug und wahr, daß man sie nur mit Vergnügen lesen kann, auch wennman in vielem mit dem Autor nicht einverstanden ist. 32 Zu der gleichen Kategorie der Artikelvermischten Inhalts, die aber ihrer Form nach mehr der Literatur angehören, rechnen wir die„Neuen Variationen über alte Themen“ von Iskander (im „Sowremennik“); die „Erzählungen“von Herrn Ferry (ebendort); die „Wanderungen des Portugiesen Fernando Mendez Pinto,von ihm selbst beschrieben und herausgegeben im Jahre 1614“, aus dem Altportugiesischenübersetzt von Herrn Butkow, und „Antonio Perez und Philipp II.“ von Mignet (in den„Otetschestwennyje Sapiski“).Im vergangenen Jahr waren unsere Zeitschriften besonders reich an bemerkenswerten wissenschaftlichenAufsätzen. Wir wollen hier die wichtigsten nennen. In den „OtetschestwennyjeSapiski“: „Die Proletarier und der Pauperismus in England und Frankreich“ (drei Aufsätze);„Physikalisch-astronomische Beschreibung des Sonnensystems“ von D. M. Perewoschtschikow;„Die Vereinigten Staaten von Nordamerika“ (drei Aufsätze); „Die EntdekkungEnckes und Leverriers“ von D. M. Perewoschtschikow; „Die Ursachen der Schwankungender Getreidepreise“ von A. P. Sablozki. Im „Sowremennik“: „Betrachtung über die juristischenLebensformen Altrußlands“ von K. O. Kawelin; „Eine Untersuchung über die EleusinischenMysterien“ von Graf S. S. Uwarow; „Daniel Romanowitsch, König von Galizien“ vonS. M. Solowjow; „Die Bedeutung und die Ergebnisse der Physiologie“ von E. Littré „Versucheines gemeinverständlichen Berichts darüber, wie der neue Planet Neptun entdeckt wurde“von A. Sawitsch; „Konstantinopel im 4. Jahrhundert“; „Über die Möglichkeit bestimmenderMaßstäbe für die Zuverlässigkeit der Resultate der beobachtenden Wissenschaften, besondersder Statistik“ von Bunjakowski, Mitglied der Akademie; „Die staatliche Wirtschaft unter Peterdem Großen“ (zwei Aufsätze) von A. Afanasjew; „Malthus und seine Gegner“ von W. Miljutin;„Alexander Humboldt und sein ‚Kosmos‘“ (zwei Aufsätze) von N. Frolow; „Irland“ vonN. Satin. In der „Lesebibliothek“ zog sich länger als ein halbes Jahr ein sehr interessanter Aufsatzhin, der den [544] Titel trägt: „Reisen und Entdeckungen des Leutnants Sagoskin in RussischAmerika“,der jetzt auch unter anderem Titel als Buch erschienen ist.Herrn Kawelins Aufsatz „Betrachtungen über die juristischen Lebensformen Altrußlands“ undder Aufsatz des Herrn Sablozki „Die Ursachen der Schwankungen der Getreidepreise in Rußland“gehören zweifellos zu den bedeutendsten Erscheinungen unsrer wissenschaftlichen Literaturim vergangenen Jahr. Außerordentlich beachtenswert in ihrer Art sind auch die Aufsätzedes Herrn Poroschin, die in den „Sankt-Peterburgskije Wjedomosti“ veröffentlicht wurden.Wir wollen hier nicht die Werke verschiedener Art aufzählen, die im verflossenen Jahr inBuchform herausgekommen sind, weil sie in der Mehrzahl bereits in der Abteilung „Kritikund Bibliographie“ des „Sowremennik“ behandelt, im übrigen aber in den „BibliographischenNachrichten“ genannt worden sind, die den Nummern 7 und 12 des „Sowremennik“ imvergangenen Jahr beigegeben waren...Unter den kritischen Aufsätzen des vergangenen Jahrs sind bemerkenswert die den folgendenBüchern gewidmeten: „Historisch-kritische Fragmente“ von Herrn Pogodin; „Die Studien,Kommentare und Vorlesungen M. Pogodins über die russische Geschichte“; „Verhandlungender Kaiserlichen Gesellschaft für Geschichte und russische Altertümer bei der MoskauerUniversität“; „Jüdische religiöse Sekten in Rußland“ von Herrn Grigorjew; „Die Werke32 Die „Briefe aus der Avenue Marigny“, von denen hier die Rede ist, hatte A. I. Herzen aus dem Ausland geschickt;sie waren im Jahre 1847 im „Sowremennik“ erschienen.OCR-Texterkennung Max Stirner Archiv Leipzig – 23.11.2013

W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 323Fonwisins“, herausgegeben von Smirdin (in den „Otetschestwennyje Sapiski“). Die letztgenanntenbeiden Aufsätze sind außer durch ihren inhaltlichen und formalen Wert auch nochdadurch besonders interessant, daß sie von einem Autor stammen, der bisher noch nirgends inder Presse aufgetreten ist. In den Aufsätzen des Herrn Dudyschkin läßt sich gute Sachkenntniserkennen; er bedient sich erfolgreich des historischen Studiums der Entwicklung einergegebnen Epoche, um ihre literarischen Werke durch sie zu erklären. Erste Aufsätze leidengewöhnlich vor allem an zu großer Länge und Redseligkeit; manchmal wird in solch einemAufsatz fast nichts über das Buch gesagt, von dem er handelt, sondern wird viel dahergeredet,was manchmal wohl ganz gut ist, aber stets nicht zur Sache gehört und mit dem kritisiertenBuch nichts zu tun hat. Herr Dudyschkin hat es verstanden, diese Mängel zu vermeiden; mansieht, daß er mit einem bereits fertigen Inhalt im Kopf ans Werk gegangen ist, seine Gedanken[545] völlig beherrscht, ihnen nicht erlaubt, auseinanderzulaufen oder ihn bald hierhin,bald dahin abzulenken, sondern sie ständig auf den Gegenstand konzentriert hält und infolgedessenmit dem Anfang beginnt und mit dem Ende aufhört, mit Maßen redet und deshalb denLeser in vollem Umfang mit dem Stoff bekannt macht, über den er schreibt. Wir könnennicht alle kritischen Aufsätze besprechen, die im vergangenen Jahr im „Sowremennik“ erschienensind: die engen Beziehungen, in denen einige der Verfasser dieser Aufsätze zu dieserZeitschrift stehen, erlauben es uns nicht. Deshalb müssen wir uns darauf beschränken, aufdie folgenden Aufsätze hinzuweisen: „Die letzten Romane George Sands“ von Herrn Kroneberg;„Die Geschichtsliteratur Frankreichs und Deutschlands im Jahre 1847“ von HerrnGranowski; „Herrn Butowskis Werk ‚Versuch über den Volksreichtum oder die Grundprinzipiender politischen Ökonomie‘“ (drei Aufsätze von Herrn Miljutin); Herrn Kawelins Aufsatzüber „Die Geschichte der Beziehungen zwischen den Fürsten des Hauses Rjurik“ von S. Solowjow.Bemerken wir hierzu noch, daß der „Sowremennik“ ständig lückenlose Berichteüber alle bemerkenswerten Erscheinungen auf dem Gebiet der russischen Geschichte gebrachthat. Gleichzeitig muß jedoch der „Sowremennik“ sagen, daß er aus Gründen, die ganzund gar nicht von der Redaktion abhängen, in mancher anderen Hinsicht die Erwartungen desPublikums in puncto Kritik nicht ganz erfüllt hat. Im laufenden Jahr jedoch hofft er, dieseAbteilung bedeutend vervollständigen und entwickeln zu können. 33Die russische Kritik steht jetzt auf einem festeren Fundament: dank der ständig zunehmendenEntwicklung des Geschmacks und der Bildung ist sie nicht mehr allein in den Zeitschriften zuHause, sondern auch im Publikum. Das muß die Entwicklung der Kritik selbst außerordentlichfördern; sie ist bereits eine dem Urteil der öffentlichen Meinung unterliegende Angelegenheitund nicht nur eine papierne Beschäftigung, die keine Verbindung mit dem Leben hat. Heutzutagekann nicht mehr jeder, der da will, Kritiker werden, nicht jede Meinung wird einfach nurdeshalb anerkannt, weil sie gedruckt ist. Einseitige Parteilichkeit ist nicht mehr imstande, eingutes Buch umzubringen und einem schlechten Erfolg zu verschaffen. In den heutigen Büchernlassen sich oft Überzeugungen vernehmen, und Leute, die sie gar nicht teilen, versuchensich wenigstens hinter ihnen zu verstecken. Der Meinungskampf, der in der Kritik zum Ausdruck[546] kommt, bezeugt, daß die russische Literatur erst im schnellen Fortschreiten zurMannesreife begriffen ist, diese aber noch nicht erreicht hat. Gewiß gibt es überall Leute, diewie von Natur dazu bestimmt zu sein scheinen, bei jedermann anzuecken, alle Welt zu schikanierenund zu tadeln, ständig Zank, Krach und Geschimpf anzuzetteln. Außer durch unüberwindlicheangeborene Neigung werden sie dazu auch durch gekränkte Eigenliebe und kleinlichepersönliche Interessen angetrieben, die nicht das geringste mit Literatur zu tun haben.Derartige Leute sind, überall ein unvermeidliches Übel, das sogar seine nützliche Seite hat:diese Leute nehmen vor der Gesellschaft freiwillig jene Rolle auf sich, die die Spartaner ge-33 Anspielung Belinskis auf seine Krankheit und seine Auslandsreise, infolge deren die Abteilung „Kritik“ des„Sowremennik“ nicht ganz den Erwartungen des Publikums entsprach.OCR-Texterkennung Max Stirner Archiv Leipzig – 23.11.2013

W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 323Fonwisins“, herausgegeben von Smirdin (in den „Otetschestwennyje Sapiski“). Die letztgenanntenbeiden Aufsätze sind außer durch ihren inhaltlichen und formalen Wert auch nochdadurch besonders interessant, daß sie von einem Autor stammen, der bisher noch nirgends inder Presse aufgetreten ist. In den Aufsätzen des Herrn Dudyschkin läßt sich gute Sachkenntniserkennen; er bedient sich erfolgreich des historischen Studiums der Entwicklung einergegebnen Epoche, um ihre literarischen Werke durch sie zu erklären. Erste Aufsätze leidengewöhnlich vor allem an zu großer Länge und Redseligkeit; manchmal wird in solch einemAufsatz fast nichts über das Buch gesagt, von dem er handelt, sondern wird viel dahergeredet,was manchmal wohl ganz gut ist, aber stets nicht zur Sache gehört und mit dem kritisiertenBuch nichts zu tun hat. Herr Dudyschkin hat es verstanden, diese Mängel zu vermeiden; mansieht, daß er mit einem bereits fertigen Inhalt im Kopf ans Werk gegangen ist, seine Gedanken[545] völlig beherrscht, ihnen nicht erlaubt, auseinanderzulaufen oder ihn bald hierhin,bald dahin abzulenken, sondern sie ständig auf den Gegenstand konzentriert hält und infolgedessenmit dem Anfang beginnt und mit dem Ende aufhört, mit Maßen redet und deshalb denLeser in vollem Umfang mit dem Stoff bekannt macht, über den er schreibt. Wir könnennicht alle kritischen Aufsätze besprechen, die im vergangenen Jahr im „Sowremennik“ erschienensind: die engen Beziehungen, in denen einige der Verfasser dieser Aufsätze zu dieserZeitschrift stehen, erlauben es uns nicht. Deshalb müssen wir uns darauf beschränken, aufdie folgenden Aufsätze hinzuweisen: „Die letzten Romane George Sands“ von Herrn Kroneberg;„Die Geschichtsliteratur Frankreichs und Deutschlands im Jahre 1847“ von HerrnGranowski; „Herrn Butowskis Werk ‚Versuch über den Volksreichtum oder die Grundprinzipiender politischen Ökonomie‘“ (drei Aufsätze von Herrn Miljutin); Herrn Kawelins Aufsatzüber „Die Geschichte der Beziehungen zwischen den Fürsten des Hauses Rjurik“ von S. Solowjow.Bemerken wir hierzu noch, daß der „Sowremennik“ ständig lückenlose Berichteüber alle bemerkenswerten Erscheinungen auf dem Gebiet der russischen Geschichte gebrachthat. Gleichzeitig muß jedoch der „Sowremennik“ sagen, daß er aus Gründen, die ganzund gar nicht von der Redaktion abhängen, in mancher anderen Hinsicht die Erwartungen desPublikums in puncto Kritik nicht ganz erfüllt hat. Im laufenden Jahr jedoch hofft er, dieseAbteilung bedeutend vervollständigen und entwickeln zu können. 33Die russische Kritik steht jetzt auf einem festeren Fundament: dank der ständig zunehmendenEntwicklung des Geschmacks und der Bildung ist sie nicht mehr allein in den Zeitschriften zuHause, sondern auch im Publikum. Das muß die Entwicklung der Kritik selbst außerordentlichfördern; sie ist bereits eine dem Urteil der öffentlichen Meinung unterliegende Angelegenheitund nicht nur eine papierne Beschäftigung, die keine Verbindung mit dem Leben hat. Heutzutagekann nicht mehr jeder, der da will, Kritiker werden, nicht jede Meinung wird einfach nurdeshalb anerkannt, weil sie gedruckt ist. Einseitige Parteilichkeit ist nicht mehr imstande, eingutes Buch umzubringen und einem schlechten Erfolg zu verschaffen. In den heutigen Büchernlassen sich oft Überzeugungen vernehmen, und Leute, die sie gar nicht teilen, versuchensich wenigstens hinter ihnen zu verstecken. Der Meinungskampf, der in der Kritik zum Ausdruck[546] kommt, bezeugt, daß die russische Literatur erst im schnellen Fortschreiten zurMannesreife begriffen ist, diese aber noch nicht erreicht hat. Gewiß gibt es überall Leute, diewie von Natur dazu bestimmt zu sein scheinen, bei jedermann anzuecken, alle Welt zu schikanierenund zu tadeln, ständig Zank, Krach und Geschimpf anzuzetteln. Außer durch unüberwindlicheangeborene Neigung werden sie dazu auch durch gekränkte Eigenliebe und kleinlichepersönliche Interessen angetrieben, die nicht das geringste mit Literatur zu tun haben.Derartige Leute sind, überall ein unvermeidliches Übel, das sogar seine nützliche Seite hat:diese Leute nehmen vor der Gesellschaft freiwillig jene Rolle auf sich, die die Spartaner ge-33 Anspielung Belinskis auf seine Krankheit und seine Auslandsreise, infolge deren die Abteilung „Kritik“ des„Sowremennik“ nicht ganz den Erwartungen des Publikums entsprach.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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