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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 318der Hochzeitsnacht erfährt, daß der echte Sohn eingetroffen ist, verschwindet er sofort ausdem fremden Nest mit einem riesigen Packen Banknoten, die er als Mitgift bekommen hat,und beginnt gleich am nächsten Tage in der großen Lebewelt Moskaus die Rolle eines ungarischenMagnaten zu spielen. Reichlich unwahrscheinlich! Dennoch versteht es der Autor, dieAbenteuer der Personen, die er in so unwahrscheinliche Situationen versetzt hat, spannend zubeschreiben. An den Stellen gar, wo der Roman nicht so bei den Haaren herbeigezogen ist,zeigt sich das Talent des Autors im vorteilhaftesten Licht. So sind z. B. die Erlebnisse desechten Sohns, der sich trotz allen Anläufen nicht dazu entschließen kann, sich seinem „Papachen“zu Füßen zu werfen, weil er fürchtet, der teure Erzeuger könnte ihn gleich zu Todeprügeln, voller Wahrheits- und Wirklichkeitssinn und fesseln das Interesse. Derartiger prächtigerEpisoden gibt es in dem Roman des Herrn Weltman viele. Am besten gelingt ihm dieSchilderung der Sitten der Kaufleute, der Kleinbürger und der Menschen aus dem Volk. Vorallem schwach [537] sind die Bilder der großen Welt. Eine bedeutende Rolle spielt z. B. beiihm der junge Lebemann Tsdiarow, der sich einzig dadurch als Mann von Welt zu erkennengibt, daß er alle seine Freunde und Bekannten mit: Schwa-anehund, Schei-sal! tituliert. Ungeachtetall seiner absonderlichen und, man kann sagen, absurden Seiten ist der Roman desHerrn Weltman doch ein recht spannendes Werk.Wir wollen nun noch einige weniger bemerkenswerte Werke erwähnen. In den „OtetschestwennyjeSapiski“ ist die Erzählung „Sbojew“ von Herrn Nestrojew erschienen. 27 Mit großerKunst wird in ihr das intime Familienleben eines Moskauer Beamten beschrieben. Besondersoriginell und fein gezeichnet ist der Charakter Anna Iwanownas, der armen Frau Iwan Kirillowitschs.Der aus Versehen zertrümmerte große Spiegel erfüllt den Leser unwillkürlich mitSchrecken: so meisterhaft hat es der Autor anzudeuten verstanden, was die arme Familie dafürvon ihrem ehrenwerten Oberhaupt zu erwarten hat... Das ist aber nur der Hintergrund derErzählung; hauptsächlich beruht sie auf der Liebe zwischen Sbojew und Olga, der Tochtereines Titularrats * , und überhaupt auf den originellen Charakteren dieser zwei Personen. Aberdiese Hauptseite der Erzählung ist grade mißlungen. Als Persönlichkeiten sind der Held unddie Heldin irgendwie unnatürlich, nicht als ob es derartige Menschen im Leben nicht gebenkönnte – sie sind dem Autor nur nicht gelungen. Das ist auch nicht verwunderlich: der Autorsagt zu Beginn der Erzählung selber, daß sie durch eine fremde Erzählung angeregt wordensei: entlehnte Gedanken führen selten zum Gelingen. Am Ende wird eine neue Erzählungversprochen, die den Abschluß der ersten bilden soll: solche Versprechungen führen auchselten zum Gelingen... Im „Sowremennik“ war eine Erzählung desselben Autors abgedruckt –„Ohne Morgenlicht“. Der Gedanke der Erzählung ist ausgezeichnet und hätte ihr einen größerenErfolg versprechen können, als sie gehabt hat; die Ursache hierfür liegt, scheint uns, indem Umstand, daß die zweitrangigen Figuren der Erzählung alle mehr oder weniger gelungengezeichnet sind (der Charakter des Gatten der Heldin sogar meisterhaft), während ihm derCharakter der Heldin höchst farblos geraten ist. Sie ist ein mattes, negatives Wesen, das densie bedrückenden Verhältnissen keinen Widerstand entgegensetzt; konnte sie bei den Lesernirgendwelche Sympathie erwecken? Wie anders ist Polina Sachs! Die Erziehung hatte einKind aus ihr gemacht, aber die Lebenserfahrung [538] weckte ihr Selbstbewußtsein undmachte eine Frau aus ihr. Sterbend schrieb sie ihrer Freundin: „Vergebens liegt dein Brudermir zu Füßen und liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. Ich kann ihn nicht lieben, ichkann ihn nicht verstehen, er ist kein Mann, er ist ein Kind: ich bin zu alt für seine Liebe. Erdagegen ist ein Mensch, er ist im vollen Sinn des Worts ein Mann: sein Herz ist groß undruhig zugleich ... Ich liebe ihn, ich werde nie aufhören, ihn zu lieben.“27 Unter dem Pseudonym A. Nestrojew (auch: A. N.) veröffentlichte P. N. Kudrjawzew seine belletristischenWerke.* Beamter im Rang eines Rats ohne festes AmtOCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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