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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 3Ja, wir haben keine Literatur!Literarische Träumereien(Fortsetzung)„Pas de grâce! * “Victor Hugo, „Marion de Lorme“„Das ist ja großartig! Eine schöne Neuigkeit!“ – höre ich tausend Stimmen auf meine tolldreisteBehauptung antworten. „Und unsere Zeitschriften, die sich so emsig in den Jagdgründender euro-[6]päischen Aufklärung für uns tummeln, und unsere Almanache voll genialenFragmente aus unvollendeten Dichtungen, Dramen, Phantasiestücken, und unsere Bibliotheken,bis zum Bersten angefüllt mit vielen Tausenden von Büchern russischer Fabrikation, undunsere Homer, Shakespeare, Goethe, Walter Scott, Byron, Schiller, Balzac, Corneille, Molière,Aristophanes? Haben wir nicht einen Lomonossow, Cheraskow, Dershawin, Bogdanowitsch,Petrow, Dmitrijew, Karamsin, Krylow, Batjuschkow, Shukowski, Puschkin, Baratynskiusw. usw. Aha! Was können Sie hierauf antworten?“Folgendes, hochverehrte Herren: obgleich ich nicht die Ehre habe, Baron zu sein, besitze ichdoch ein wenig eigene Phantasie, die mich beharrlich an dem verhängnisvollen Gedanken festhaltenläßt, daß ungeachtet der Tatsache, daß unser Sumarokow in seinen Tragödien die HerrenCorneille und Racine und in seinen Fabeln den Herrn La Fontaine weit hinter sich gelassen hat;daß unser Cheraskow als Sänger des stolzen Reußenruhms Homer und Virgil gleichkommt undunter dem Schutzmantel Wladimirs und Iwans 6 schlecht und recht in den Tempel der Unsterblichkeiteingedrungen ist ** ; daß unser Puschkin es in kürzester Frist fertiggebracht hat, an dieSeite Byrons zu treten und zum Repräsentanten der Menschheit zu avancieren; ungeachtet dessen,daß unser unverwüstlicher Faddej Wenediktowitsch Bulganin, wahrhaft eine Geißel undein Verfolger aller bösen Laster, schon seit zehn Jahren in seinen Schriften nachweist, daß essich für einen Menschen comme il faut [richtig] nicht schickt, zu gaunern und zu schwindeln,daß Saufen und Stehlen unverzeihliche Sünden sind, und mit seinen Sittenschilderungen undsitten-satirischen (oder vielleicht richtiger: sittenpolizeilichen) Romanen und populärhumoristischenArtikelchen unser gastfreundliches Vaterland, was Sittenhebung 7 anbelangt,um ein ganzes Jahrhundert vorwärtsgebracht hat; ungeachtet dessen, daß der junge Löwe unsererDichtkunst, unser mächtiger Kukolnik, beim ersten Sprung schon den allumfassenden RiesenGoethe 8 einholte und nur beim zweiten ein wenig hinter Krjukowski zurückblieb; ungeachtetdessen, daß unser hochachtbarer Nikolai Iwanowitsch Gretsch, der (in holden Eintracht mitFaddej Wenediktowitsch) unsere Sprache seziert, sie in alle ihre Knöchelchen zerpflückt undihre Gesetze in seiner dreieinigen Grammatik 9 niedergelegt hat – in diesem wahren Allerheiligsten,das [7] außer ihm, Nikolai Iwanowitsch Gretsch, und seinem Busenfreund Faddej Wenediktowitschbis heute noch kein Uneingeweihter betreten hat, jener Nikolai IwanowitschGretsch, der sein Leben lang keinen einzigen grammatikalischen Schnitzer gemacht hat undbloß in seinem hinreißenden poetischen Werk: „Die schwarze Frau“, wie der empfindliche* Keine Gnade!6 Eine Anspielung auf Cheraskows meistgelesene Dichtungen „Wladimir der Wiedergeborene“ und „Rossiada“;die letztgenannte besingt die Einnahme Kasans durch Iwan IV.** Mit anderen Worten: in die „Allgemeine Weltgeschichte“ von Herrn Kaidanow. – W. B.7 Die Worte „unser gastfreundliches Vaterland“ enthalten eine Anspielung auf die polnische Abstammung F.Bulgarins und den Verrat, den dieser dadurch beging, daß er unter den Fahnen Napoleons gegen Rußlandkämpfte. Das hinderte ihn allerdings nicht, später wieder die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen.8 Anspielung auf Senkowski (Baron Brambäus), der Kukolnik „unseren jungen Goethe“ genannt hatte.9 Gemeint ist die dreibändige „Grammatik der russischen Sprache“ von N. Gretsch.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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