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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 271daß das Publikum, d. h. die Mehrheit der Leser, für sie ist: das ist eine Tatsache und keineVermutung. Die gesamte literarische Wirksamkeit ist heute in den Zeitschriften konzentriert,und welche Zeitschriften erfreuen sich größerer Berühmtheit, haben einen weiteren Leserkreisund einen größeren Einfluß auf die Meinung des Publikums als jene, in denen die Werkeder Naturalen Schule zum Abdruck kommen? Welche Romane und Erzählungen liest dasPublikum mit besonderem Interesse, wenn nicht jene, die der Naturalen Schule angehören,oder, besser gesagt, liest das Publikum überhaupt Romane und Erzählungen, die nicht zurNaturalen Schule gehören? Welche Kritik erfreut sich eines größeren Einflusses auf die Meinungdes Publikums, oder, besser gesagt, welche Kritik steht mehr im Einklang mit der Meinungund dem Geschmack des Publikums, wenn nicht jene, die für die Naturale Schule undgegen die rhetorische auftritt: Über wen wird andrerseits unaufhörlich geredet und gestritten,wer wird unermüdlich wütend angegriffen, wenn nicht die Naturale Schule? Parteien, dienichts miteinander gemein haben, gehen in ihren Angriffen gegen die Naturale Schule einmütigHand in Hand, schreiben ihr Auffassungen zu, die ihr völlig fremd sind, Absichten, die sienie gehabt hat, verdrehen und mißdeuten jedes ihrer Worte, jeden ihrer Schritte, überschüttensie jetzt, zuweilen allen Anstand vergessend, mit dem wildesten Geschimpfe, um sich dannbeinahe mit Tränen im Auge über sie zu beklagen. Was haben die geschworenen Feinde Gogols,die Repräsentanten der besiegten rhetorischen Richtung, mit den sogenannten Slawophilengemein? – Nichts! – Und doch fallen diese, die Gogol als den Begründer der NaturalenSchule anerkennen, im völligen Einklang mit jenen im gleichen Ton, mit den gleichen Worten,mit den gleichen Beweisen über die Naturale Schule her und halten es für nötig, sich vonihren neuen Verbündeten einzig durch logische Inkonsequenz zu unterscheiden, der zufolgesie Gogol eben das als Verdienst anrechnen, was sie an seiner Schule verfolgen, und zwar mitder Begründung, Gogol schreibe aus einer Art „Bedürfnis zu innerer Reinigung“. Dazukommt noch, daß die der Naturalen Schule feindlich gesinnten Schulen nicht imstande sind,auch nur irgendein bemerkenswertes Werk vorzuweisen, das durch die Tat beweisen würde,daß man nach Regeln, die denen der Naturalen Schule entgegengesetzt sind, auch gut schreibenkann. Alle ihre Versuche in dieser Richtung führten nur zum Triumph des Naturalismus[458] und zum Verfall des Rhetorismus. Angesichts dieser Tatsache haben einige der Gegnerder Naturalen Schule versucht, sie mit ihren eigenen Autoren zu schlagen. So ist eine Zeitungauf den Einfall gekommen, die Autorität Gogols selbst mit Herrn Butkow zu vernichten... 5Das alles ist durchaus nicht neu in unserer Literatur, sondern war schon mehr als einmal daund wird immer so sein. Karamsin hat als erster eine Spaltung der damals eben erst entstandenenrussischen Literatur herbeigeführt. Vor ihm war alle Welt in allen literarischen Fragenderselben Meinung, und wenn es Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten gab, so entsprangensie nicht aus verschiedenen Auffassungen und Überzeugungen, sondern aus derkleinlichen, nervösen Eigenliebe Tredjakowskis und Sumarokows. Aber diese Einmütigkeitbewies nur die Unlebendigkeit der damaligen sogenannten Literatur. Karamsin machte sie alserster lebendig, weil er sie aus den Büchern ins Leben, aus der Schule in die Öffentlichkeithinausführte. Damals bildeten sich natürlicherweise auch Parteien, entbrannte ein Federkrieg,wurden Klagen laut, Karamsin und seine Schule richteten die russische Sprache zugrunde undbrächten den guten russischen Sitten Schaden. In Gestalt seiner Gegner schien das hartnäckigealte Rußland sich wieder aufzulehnen, das sich mit so krampfhafter und um so mehr fruchtloserAnstrengung gegen die Reform Peters des Großen zur Wehr gesetzt hatte. Aber die Mehrheitwar auf seiten des Rechts, d. h. des Talents und der zeitgenössischen moralischen Erfordernisse,das Geheul der Gegner ging unter in den Lobeshymnen der Anhänger Karamsins.Alles gruppierte sich um ihn, und von ihm erhielt alles seine Bedeutung und seine Bedeutsam-5 Den Versuch, „die Autorität Gogols selbst mit Herrn Butkow zu vernichten“, hatte F. W. Bulgarin in einemFeuilleton mit dem Titel „Zeitschriften-Allerlei“ unternommen.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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