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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 268[452] sich dieser Fortschritt klar erkennen und definieren; häufig zeigt er sich erst hinterher.Jedenfalls aber ist es sehr nützlich, in bestimmten Abständen, z. B. am Ende jedes Jahres, denGang der Literatur im ganzen zu überblicken, ihre Errungenschaften ihren Reichtum oderihre Armut. Solche Rundblicke oder Übersichten sind für die Gegenwart nicht ohne Nutzenund können dem zukünftigen Literarhistoriker wichtiges Material in die Hand geben.Rechenschaftsberichte über die literarische Tätigkeit des jeweils vergangenen Jahres begannenbei uns mit dem Jahre 1823 üblich zu werden. Das Beispiel gab Marlinski in einem zuseiner Zeit berühmten Almanach. Seither sind literarische Jahresübersichten in den Almanachenim Verlauf von zehn Jahren fast ununterbrochen erschienen. In den Zeitschriften warensie seltener, aber in jüngster Zeit hat eine bekannte Zeitschrift solche Übersichten bereits siebenJahre hintereinander regelmäßig veröffentlicht. 3 Die Abteilung „Kritik“ des „Sowremennik“begann im vorigen Jahr mit einem Überblick über die russische Literatur des Jahres1846, und jedes erste Heft eines neuen Jahrgangs wird stets einen solchen Überblick über dieliterarische Tätigkeit im abgelaufenen Jahr enthalten.Derartige Übersichten werden mit der Zeit zu wahren Literaturchroniken, zu einem wichtigenQuellenmaterial für die Historiker. Die vorhin erwähnten Übersichten in den Almanachenhaben für uns heute ganz das Interesse von Dokumenten der alten Zeit, obwohl sie doch vornur 24 Jahren zu erscheinen begannen! So schnell schreitet unsere Literatur vorwärts! Wiesehr nach fernen, längst vergangenen alten Zeiten klingt aber die „Übersicht über die russischeLiteratur des Jahres 1814“, die aus der Feder des Herrn Gretsch stammt und in dem „Sohn desVaterlandes“ von 1815 erschienen ist! Auf ein paar dünnbedruckten Seitchen werden alle wissenschaftlichenund literarischen Errungenschaften und Schätze des Jahres 1814 aufgezählt.Dieses Jahr zeichnete sich wirklich durch das Erscheinen einiger bemerkenswerter ernsterBücher aus, wie z. B.: „Sammlung der russischen Staatsurkunden und -verträge“, die ihr Erscheinendem Grafen N. P. Rumjanzew verdankte; „Geschichte der Medizin in Rußland“ vonRichter und Destunis’ Übersetzung der „Lebensbeschreibungen Plutarchs“. Aber was für eineschreckliche Armut auf dem Gebiet der eigentlichen sogenannten schönen Literatur! DelillesPoem „Die Gärten“, übersetzt von Herrn Palizyn, „Der Dorfbewohner“, eine beschreibendeDichtung von Fürst Schich-[453]matow, Dershawins Gedicht „Christus“, „Eine Nacht derBesinnlichkeit“ von Fürst Schichmatow und „Gedanken über das Schicksal“ von Fürst Dolgoruki.Das sind alles Poeme im didaktischen Genre, das damals sehr im Schwange war, heuteaber längst als antipoetisch erkannt und völlig vergessen ist. Schließlich werden in der Übersichtdes Herrn Gretsch eine Ausgabe der Fabeln und der Märchen Alexander Ismailows unddie Fabeln eines gewissen Herrn Agafi erwähnt und abschließend bemerkt, daß die FabelnKrylows in Zeitschriften erschienen. Und das ist alles! Der Autor der Übersicht bemerkt, daßim Laufe der ersten fünf Jahre des 19. Jahrhunderts mehr Werke herausgekommen sind alsfrüher in zehn Jahren, daß aber infolge der politischen Umstände der damaligen Zeit, von 1806bis 1814, die literarische Bewegung in Rußland fast ganz zum Stillstand kam. Während derzweiten Hälfte des Jahres 1812 und der ersten Hälfte des Jahres 1813 erschien nicht nur keineeinzige Seite, die nicht die damaligen Ereignisse zum Gegenstand gehabt hätte, sondern eswurde auch nichts Derartiges geschrieben. „Im Jahre 1814 endlich“, sagt der Autor der Übersicht,„das alle Anstrengungen und Mühen der vergangenen Jahre krönte, schlug die russischeLiteratur wieder den geebneten und für immer gesicherten Weg des Friedens ein, indem siePoesie und Redekunst der Ehrung und dem Ruhm ihres großen Monarchen widmete. Im Laufedieses Jahres erschienen viele Werke und Übersetzungen, die in der Chronik unserer Literaturewig unvergessen bleiben werden.“ Das ist teilweise richtig, trifft nur nicht auf die Werke derDichtung zu... Es ist bemerkenswert, daß der Autor, der die Ärmlichkeit einiger Abteilungen3 Mit der Kennzeichnung „eine bekannte Zeitschrift“ sind die „Otetschestwennyje Sapiski“ gemeint.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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