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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 259Luganskis Aufsatz „Der russische Bauer“, der im dritten Heft der Zeitschrift „Nowosselje“erschienen ist, besitzt tiefe Bedeutung, zeichnet sich durch ungewöhnliche Darstellungskunstaus und gehört überhaupt zu den besten physiologischen Skizzen dieses Schrift-[437]stellers,dessen ungewöhnliches Talent in dieser Literaturgattung nicht seinesgleichen hat.In der „Lesebibliothek“ zieht sich seit dem sechsten Heft ein Roman des Herrn Weltman hinmit dem Titel „Abenteuer aus dem Meere des Lebens“, der auch mit dem letzten Heft desabgeschlossenen Jahrgangs dieser Zeitschrift noch kein Ende gefunden hat. Herr Weltman hatin diesem seinem neuen Roman vielleicht noch mehr Talente an den Tag gelegt als in seinenfrüheren Werken, zugleich aber auch jene selbe Unfähigkeit, mit seinem Talent zu wirtschaften.In seinen „Abenteuern“ drängt sich eine schreckliche Menge von Figuren, von deneneinige mit ungewöhnlicher Meisterschaft skizziert sind; zahlreich sind die erstaunlich echtenBilder aus dem russischen Alltag von heute! Zugleich aber gibt es unnatürliche Figuren, erkünstelteSituationen, und die gar zu verworrenen Knoten der Ereignisse werden oft durchden Deus ex machina * gelöst. Alles, was an diesem Roman ausgezeichnet ist, ist HerrnWeltmans Talent zuzuschreiben, der unbestritten eines der bemerkenswertesten Talente unsererZeit ist. Alles dagegen, was die schwachen Seiten der „Abenteuer“ ausmacht, ist das Resultatder ausgesprochenen Absicht des Herrn Weltman, zu beweisen, daß die alten Sitten denheutigen überlegen sind. Eine sonderbare Tendenz! Wir gehören durchaus nicht zu den unbedingtenVerehrern der Sitten der heutigen russischen Gesellschaft, und nicht weniger als jederandere sehen wir ihre Sonderbarkeiten und ihre Mängel und wünschen eine Besserung herbei.Ebenso wie die Slawophilen haben auch wir unser Sittenideal, in dessen Namen wir eineBesserung herbeiwünschen; aber unser Ideal liegt nicht in der Vergangenheit, sondern in derZukunft und gründet sich auf die Gegenwart. Vorwärts kann man gehen, rückwärts nicht, undwas auch in der Vergangenheit auf uns anziehend wirken mag, so bleibt sie doch unwiederbringlichvergangen. Wir sind bereit, zuzugeben, daß die Kaufmannssöhnchen, die ihre Zeitauf neue Art und Weise verbummeln und sich besser darauf verstehen, das, was die Väterzusammengebracht haben, zu verpulvern, als selbst etwas zu erwerben – wir sind einverstanden,daß sie sonderbarer und törichter sind als ihre Väter, die zäh am Alten festhalten. Aberwir können durchaus nicht zugeben, daß ihre Väter nicht sonderbar und töricht waren. In derjungen Generation selbst der Kaufleute tritt zutage, daß dieser Stand sich in einer Situationdes Übergangs befindet, des Übergangs vom Schlechteren [438] zum Besseren, aber diesesBessere wird sich als gut erweisen nur als Resultat des Übergangs – als Prozeß des Übergangsjedoch ist es, mit dem Alten verglichen, natürlich eher schlechter als besser. Für dieVerbesserung der Sitten muß man mit der Satire wirken oder – was besser ist als alle Satire –mit ihrer wahrheitsgetreuen Darstellung; man soll aber nicht im Namen des Alten wirken,sondern im Namen der Vernunft und des gesunden Menschenverstands, nicht im Namen einerschwärmerischen, unmöglichen Rückkehr zur Vergangenheit, sondern im Namen dermöglichen Entwicklung der Zukunft aus der Gegenwart. Blinde Voreingenommenheit, fürwas es auch sein mag – für das Alte oder das Neue –‚ ist der Erreichung des Ziels immer hinderlich,weil sie selbst einen Menschen, der mit aller Leidenschaft nach Wahrheit strebt undaus edelster Überzeugung handelt, ungewollt zur Lüge führt. Das ist auch mit Herrn Weltmanin seinem neuen Roman geschehen. Er hat den sittenlosen Figuren seines Romans ein Koloritgegeben, als seien sie dank der neuen Sitten sittenlos und als wären sie, wenn sie etwa zurZeit Koschichins gelebt hätten, die besten Leute gewesen. Wir halten uns jedenfalls deshalbfür berechtigt, zu dieser Schlußfolgerung zu kommen, weil der Autor nirgends auch nur darandenkt, seine Sympathie für die alte Zeit und seine Antipathie für alles Neue zu maskieren. Sohat er z. B., der Wahrheit die Ehre gebend, ein unparteiisches Bild von den natürlichen Quel-* unerwarteter, im richtigen Moment auftauchender Helfer in einer Notlage; überraschende, unerwartete Lösungeiner SchwierigkeitOCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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