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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 255erscheinen [430] als hohle, nichtssagende Wortansammlungen, die oft jeden Sinnes bar sind;von dem Kolorit der Antike, von einer Charakteristik jeder einzelnen Figur ist nicht das geringstezu spüren * . Es fragt sich, wozu und für wen Herr Grigorjew sich abgemüht hat? AmEnde nur, um uns die ohnehin nicht sehr große Lust für das klassische Altertum zu nehmen,mit dem er so unüberlegt umspringt...Von belletristischer Prosa sind in Einzelausgaben im vergangenen Jahr nur zwei Werke erschienen:Herrn Sagoskins Roman „Der Brynsker Wald, eine Episode aus den ersten Jahren der HerrschaftPeters des Großen“, und der zweite Teil der „Petersburger Höhen“ des Herrn Butkow.Der neue Roman des Herrn Sagoskin zeigt alle üblen und alle guten Seiten seiner früherenRomane. Einesteils ist er eine neue – wir wissen schon nicht mehr die wievielte – Nachahmungvon Herrn Sagoskins erstem Roman, „Juri Miloslawski“. Aber der Held des letztenRomans ist noch farbloser und unpersönlicher als der Held des ersten. Über die Heldinschweigt man besser: das ist überhaupt keine Frau, und am allerwenigsten eine russische Frauvom Ende des 17. Jahrhunderts. Dem Aufbau der Fabel nach erinnert der „Brynsker Wald“ andie sentimentalen Romane und Erzählungen des vorigen Jahrhunderts. Der StrelitzenhauptmannLjowschin entbrennt in romanhafter Liebe zu einer überirdischen Jungfrau, mit der ihndas Schicksal in einer Herberge zusammenführt. Bereits im ersten Teil des Romans erfährtman, daß der Bojar Bujnossow im Brynsker Wald, wo er auf der Durchreise mit seiner ausfünfzig Knechten bestehenden Suite haltgemacht hatte, um auszuruhen, seine minderjährigeTochter verloren hat. Nachdem man das weiß, errät man sofort, daß die ideale Jungfrau, dieLjowschin bezaubert, die Tochter Bujnossows ist, und erfährt damit auch, wie die Geschichteweitergehen und wie der Roman enden wird. Die Liebe der beiden Täubchen wird uns in denabgedroschnen Phrasen der Dutzendromane des vorigen Jahrhunderts vorgeführt, in Phrasen,die einem russischen Menschen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als noch nichteinmal das berühmte Büchlein, betitelt: „Exempel, wie allerley Complimente zu schreybenseyen...“ erschienen war, überhaupt nicht in den Sinn kommen konnten. Zu den schwachenSeiten des Romans gehört auch eine bestimmte Tendenz, die aus der Vorliebe [431] des Autorsentspringt, über die Sitten und Gebräuche der alten Zeit, selbst die läppischsten, rohestenund barbarischsten, in Begeisterung zu geraten und sie bei jeder möglichen und unmöglichenGelegenheit gegen die Sitten und Gebräuche von heute auszuspielen. Dieser Mangel ist übrigensnicht schlimm: dort, wo der Autor die alte Zeit unglaubwürdig, unrichtig, schwachzeichnet, ruft er bei dem Leser nichts als Langeweile hervor; dort dagegen, wo er die „gutealte Zeit“ in ihrer wahren Gestalt als talentierter Schriftsteller darstellt, erzielt er immer dasgenaue Gegenteil von dem, was er beabsichtigt, d. h. er treibt dem Leser grade die Meinungaus, die er ihm beibringen will, und umgekehrt. Und das sind die besten Seiten des Romans,die mit bemerkenswertem Talent geschrieben und hochinteressant sind, wie z. B. die Schilderungdes Landamts und das Porträt des ehrenwerten Amtsschreibers Anufri Trifonytsch; dieErzählung des Gutsverwalters Bujnossows davon, wie dessen Tochter unter den Augen vonsieben Ammen und an die fünfzig Dienstboten verlorenging, und besonders das Bild desSchiedsgerichts auf tatarische Manier, bei dem in Gestalt des Bojaren Kurodawlew und derzwei Bäuerlein, die zu ihm kommen, um ihren Streit auszutragen, die ganze Pracht einigerSitten der alten Zeit vorgeführt wird. Zu den guten Seiten von Herrn Sagoskins neuem Romansind noch die im allgemeinen nicht übel, stellenweise sogar hervorragend gezeichnetenCharaktere der Sektierer zu rechnen: die Gestalten Andrej Pomorjanins, des Mönchs Pafnuti,des Geistlichen Philipp und des Einsiedlers sowie die Figur des Bojaren Kurodawlew, derfreiwillig zum Märtyrer des Rangdünkels wird. Aber am besten ist Andrej Pomorjanin ge-* Ganz zu schweigen von den zahllosen Schnitzern; nach Herrn Grigorjews Meinung ist die Betonung von Ares(Mars) – Ars u. a. m. – W. B.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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