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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 248oder eine logische Abstraktion ist? Ich könnte euch, liebe Leser, hierüber viel zusammenerzählen;aber ich ziehe es vor, offen einzugestehen, daß ich das Wesen der Persönlichkeit destoweniger mit Worten zu definieren vermag, je lebendiger ich es in mir schaue. Das ist einebensolches Geheimnis wie das Leben: alle Welt sieht es, jeder empfindet sich in seinerSphäre, und niemand kann euch sagen, was es ist. Genau so können die Gelehrten, die dieAktion und die Kräfte der Naturfaktoren, wie Elektrizität, Galvanismus, Magnetismus, gutkennen und deshalb nicht im geringsten an ihrer Existenz zweifeln, dennoch nicht sagen, wassie sind. Besonders eigentümlich ist dabei, daß alles, was wir von der Persönlichkeit sagenkönnen, sich darauf beschränkt, daß sie nichtig ist gegenüber dem Gefühl, der Vernunft, demWillen, der Tugend, der Schönheit und allen ähnlichen ewigen und unvergänglichen Ideen;daß es aber ohne sie, die vergängliche und zufällige Erscheinung, weder Gefühl gäbe nochGeist, weder Willen noch Tugend oder Schönheit, ebenso aber auch weder Gefühllosigkeitnoch Dummheit oder Charakterlosigkeit, Laster und Häßlichkeit...Was die Persönlichkeit im Verhältnis zur Idee des Menschen ist, [419] das ist der Volksgeistim Verhältnis zur Idee der Menschheit. Mit andern Worten: die Geister der Völker sind diePersönlichkeiten der Menschheit. Ohne die Geister der Nationen wäre die Menschheit eintotes logisches Abstraktum, ein Wort ohne Inhalt, ein Klang ohne Sinn. In dieser Frage binich eher bereit, auf die Seite der Slawophilen überzugehen, als auf der Seite der humanistischenKosmopoliten zu verweilen; denn wenn sich jene auch irren, so tun sie es doch alsMenschen, als lebendige Wesen, während diese auch die Wahrheit wie die soundsovielteAuflage der soundsovielten Logik aussprechen... 6 Glücklicherweise jedoch kann ich hoffen,auf meinem Platz zu bleiben und mich niemandem anzuschließen ...Das Menschliche ist dem Menschen deshalb eigen, weil er Mensch ist; aber es tritt in ihm nieanders in Erscheinung als erstens auf dem Boden seiner eigenen Persönlichkeit und in demMaß, in dem diese es in sich aufnehmen kann, und zweitens auf dem Boden des Nationalgeistes,an dem er teilhat. Die Persönlichkeit des Menschen ist die Ausschaltung anderer Individuenund bedeutet aus ebendiesem Grunde eine Beschränkung des menschlichen Wesens;kein einziger Mensch, so groß auch seine Genialität sein mag, umfaßt in seiner Person jemalserschöpfend weder alle Sphären des Lebens noch auch nur eine einzelne seiner Seiten. Keineinziger Mensch kann weder in seiner Person alle Menschen ersetzen (d. h. ihre Existenzüberflüssig machen) noch selbst einen anderen einzelnen Menschen ersetzen, so viel tieferdieser auch in moralischer oder geistiger Hinsicht stehen mag; aber alle und jeder sind füralle und jeden nötig. Darauf beruhen ja Einheit und Brüderlichkeit des Menschengeschlechts.Stark und sichergestellt ist der Mensch nur in der Gesellschaft. Wenn aber auch die Gesellschaftihrerseits stark und sichergestellt sein soll, dann bedarf sie eines inneren, unmittelbaren,organischen Bandes – des Nationalgeistes. Es ist das urwüchsige Resultat des Zusammenschlussesder Menschen, aber es ist nicht ihr Produkt: kein Volk hat seinen Nationalgeistgeschaffen, so wenig, wie es sich selbst geschaffen hat. Das deutet darauf hin, daß jeder Nationalgeistin allen Fällen seinen Ursprung im Blut, in der Gattung hat. Je mehr ein Menschoder ein Volk seinem Ursprung nahesteht, um so näher stehen sie der Natur, um so mehr sindsie ihr Sklave; sie sind dann nicht Mensch, sondern Kind, nicht Volk, sondern Stamm. Imeinen wie im anderen entwickelt das Menschliche sich im Maße ihrer Befreiung von der natürlichenUnmittel-[420]barkeit. Oft fördern verschiedene äußere Ursachen diese Befreiung;dennoch aber erhält das Volk das Menschliche nicht von außen, sondern aus sich selbst, undzwar stets in nationaler Erscheinungsform.Genau besehen, ist der Kampf des Menschlichen mit dem Nationalen nicht mehr als eine rhetorischeFigur, besteht aber in Wirklichkeit nicht. Selbst dann, wenn der Fortschritt eines6 Mit dem Ausdruck „humanistische Kosmopoliten“ ist V. N. Maikow gemeint.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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