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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 243sich aufzunehmen und sich anzueignen; aber wir wagen zu glauben, daß ein solcher Gedanke,als Vermutung, ohne Eigenlob und Fanatismus geäußert, nicht jeder Grundlage entbehrt... 3Wir bitten die Herren Slawophilen um Verzeihung, wenn wir ihnen irgend etwas zugeschriebenhaben, was sie nicht gedacht oder nicht gesagt haben: wenn sie uns etwas Derartigesvorwerfen können, so mögen sie es als einfachen, nicht beabsichtigten Fehler unsererseitshinnehmen. Ihre Vorstellungen oder, nach unserer Meinung, Fehler und Irrtümer mögen sein,wie sie wollen – wir werden ihre Quelle stets achten. Wir können für jede aufrichtige, unabhängigeund in ihrem Prinzip edle Überzeugung Sympathie empfinden, auch wenn wir sienicht teilen, ja, selbst wenn wir in ihr eine der unseren diametral entgegengesetzte Überzeugungsehen. Auf wessen Seite die Wahrheit ist – darüber entscheidet die Zeit, dieser große,unfehlbare Richter über alle geistigen und theoretischen Auseinandersetzungen. Die Zeitschrift,die heute als einziges Organ der Richtung der Slawophilen übriggeblieben ist, hateinmal jeder entgegengesetzten Richtung „unversöhnliche Feindschaft“ angesagt. 4 Was unsbetrifft, die wir unsere bestimmte Richtung und unsere eigenen, uns über alles auf der Weltteuren, glühenden Überzeugungen haben – so sind auch wir bereit, mit allen unsern Kräftenfür sie einzustehen und damit gegen jede entgegengesetzte Richtung und Überzeugung kämpfendaufzutreten; aber wir möchten unsere Meinungen mit Würde verteidigen und die gegensätzlichenMeinungen fest und ruhig, ohne jede Feindschaft bekämpfen. Wozu Feindschaft?Wer Feindschaft hegt, der ist verärgert, und wer verärgert ist, der fühlt, daß er unrecht hat.Wir haben den Ehrgeiz, die wesentlichen Grundlagen unserer Überzeugungen für so richtigzu halten, daß wir es nicht nötig haben, Feindschaft zu empfinden und uns zu ärgern, dieIdeen mit den Personen zu verwechseln und statt einen erlaubten anständigen Meinungskampfeinen unerlaubten und unanständigen Kampf für persönliche Eigenliebe zu führen...Es gibt nichts auf der Welt, was absolut wichtig oder unwichtig wäre. Diese Wahrheit könnennur jene ausschließlich theoretischen Naturen bestreiten, die grade so lange klug sind, wie siesich in allgemeinen Abstraktionen bewegen, jedoch, sobald sie in die Sphäre der Anwendungdes Allgemeinen auf das Besondere, kurz in die [411] Welt der Wirklichkeit hinabsteigen,sofort erkennen lassen, daß ihr normaler Gehirnzustand zu wünschen übrigläßt. 5 Von solchenLeuten sagt das russische Sprichwort, daß ihnen der Verstand mit der Vernunft durchgegangenist – ein ebenso tiefsinniger wie zutreffender Ausdruck, denn er spricht Leuten dieserKategorie weder die Vernunft noch den Verstand ab, sondern weist nur darauf hin, daß siebei ihnen unrichtig, verkehrt herum arbeiten, wie zwei beschädigte Räder in einer Maschine,die entgegen ihrer Bestimmung aufeinander wirken, wodurch die ganze Maschine unbrauchbarwird. Es ist also alles auf der Welt nur relativ wichtig oder unwichtig, groß oder klein, altoder neu. „Wie“, wird man uns sagen, „Wahrheit und Tugend sind relative Begriffe?“ – nein,als Begriff, als Gedanke sind sie absolut und ewig; aber verwirklicht, als Tatsache sind sierelativ. Die Idee der Wahrheit und des Guten sind von allen Völkern, in allen Jahrhundertenanerkannt worden; aber was unbedingte Wahrheit, was das Gute für ein Volk oder ein Jahr-3 Noch bestimmter drückte Belinski seine Stellung zum „Volksgeist“ in seinem Brief an W. P. Botkin vom 8.(20.) März 1847 aus, in dem er schrieb: „Ich bin Russe von Natur. Ich will dir’s noch deutlicher sagen: ‚je suisun russe et je suis fier de l’être [Ich bin ein Russe, und ich bin stolz darauf]‘. Ich möchte nicht einmal Franzosesein, obwohl ich diese Nation mehr als eine andere liebe und achte. Die russische Persönlichkeit ist vorläufignoch ein Embryo, aber wieviel Weite und Kraft stecken in diesem Embryo, wie beklemmt und bedroht fühlt siesich in jeder Beschränkung und Enge!“ Seine Gedanken über den russischen Volksgeist trug Belinski mit einerReihe von Einschränkungen vor und grenzte sich scharf gegen die Slawophilen ab, die sich über diese Fragevoller „Eigenlob und Fanatismus“ äußerten.4 Mit der „Zeitschrift“ ist der von M. P. Pogodin gegründete „Moskwitjanin“ gemeint, der von 1841 bis 1856das Hauptorgan der Slawophilen war.5 Diese Worte waren eine Antwort an V. N. Maikow, der in einem Aufsatz über Kolzow einen scharfen Ausfallgegen Belinski unternommen hatte, ohne ihn beim Namen zu nennen.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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