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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 210gen Beinchen und einem riesigen Kopf wird oder, wenn man die letzte Periode kurz, obenhindarstellt, ein Scheusal mit einem Schwänzchen an Stelle des Kopfes aus ihr wird. Die letztePeriode gehört doch überhaupt nicht zur Geschichte der Neuzeit, die nur die Zeit vom Endedes 15. Jahrhunderts, oder von der Entdeckung Amerikas, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts,oder bis zur Französischen Revolution, umfassen darf, mit welcher die neueste Geschichtebeginnt, die sich zur Geschichte der Neuzeit ebenso verhält wie diese zur Geschichte des Mittelalters.Die Einteilung der Geschichte in Perioden darf nicht auf der Willkür des Autors beruhen,nicht auf Gewohnheit, sondern muß aus dem Geist der Ereignisse hervorgehn. Daßunsere Auffassung richtig ist, wird dadurch bewiesen, daß Herr Smaragdow, wenn er die Ereignisseseit der Französischen Revolution weiter in dem Umfang, d. h. mit der gleichen Ausführlichkeit,dargelegt hätte wie die vorhergehenden Ereignisse, ein Buch nicht von 611, sondernvon mindestens 1200 Seiten hätte schreiben müssen. Aber er hat die Ereignisse seit derRevolution obenhin dargestellt, hat sich auf eine Art dürre Aufzählung beschränkt, bei der fürjeden, der die Geschichte nicht aus besseren Quellen kennt, als es die Geschichte des HerrnSmaragdow ist, alles dunkel, unverständlich, verworren, sinnlos bleibt; deswegen hat auch dieganze Geschichte der Neuzeit bei ihm in einem Bande Platz gefunden: um sie in diesen Bandzu zwängen, hat er ihr den Kopf abgeschnitten und einen Knauf an seine Stelle gesetzt.Die Geschichte der Menschheit weist viele Seiten auf: sie ist zugleich eine Geschichte sowohlder Kriege als auch der Verträge, der Finanzen, der Verwaltung, des Rechts, des Handels, derErfindungen, der Wissenschaft, der Kunst, der Literatur, der Sitten; aber wie [354] die politischenFaktoren in erster Linie die Formen der bürgerlichen Gesellschaft bestimmen und derKampf aller Ideen, die die Grundlage des geistigen Lebens der Gesellschaften bilden, bis heutein den Kriegen zutage trat, muß die Geschichte der Menschheit vorwiegend politische Geschichtesein. Die Geschichte der Kriege, der Verträge und der Regierungen muß jedoch indiesem Falle nur den Rahmen für die Erzählung der historischen Ereignisse abgeben, einenRahmen, der alle Seiten des Lebens der Völker und alle Ideen umfaßt, die in ihrem Leben zurEntwicklung kommen. Herr Smaragdow jedoch bewegt sich in dieser Hinsicht auf ausgetretenenBahnen und konzentriert seine ganze Aufmerksamkeit, nach kurzen Bemerkungen überdie Ursachen der Kriege, auf die Kriege selbst, das heißt auf eine wenig interessante Aufzählungaller Schlachten. So berichtet er zum Beispiel ziemlich ausführlich über alle Kriege, diedem Traum von einem politischen Gleichgewicht in Europa entsprangen, und gibt ein völligunbefriedigendes Bild von der Reformation. Den Traum von einem politischen Gleichgewichtin Europa betrachtet er als etwas sowohl prinzipiell als auch seinen Ergebnissen nach sehrWichtiges; dabei war das nicht mehr als ein Traum, der die Staaten Europas zu ständiger Anspannungall ihrer Kräfte zwang. Das wird am besten dadurch bewiesen, daß das Resultat einerganzen Reihe blutiger Kriege für dieses Gleichgewicht das genaue Gegenteil eines Gleichgewichtswar und daß erstrangige Großmächte, wie zum Beispiel Spanien und Schweden, zuzweitrangigen herabsanken, während zweitrangige, wie England und Preußen, zu erstrangigenaufstiegen. Man erblickte eine Störung des Gleichgewichts nicht in den Fortschritten der Industrie,des Handels und der Bildung, sondern in der Ausdehnung der Herrschaftsbereiche, währenddiese gerade die Ursache für die Schwächung der äußerlich erstarkten Staaten war: denndie Vereinigung verschiedenartiger, einander oft feindlicher Länder unter einer Herrschaftvermehrte nur die Ausgaben für den Unterhalt von Truppen in dem eroberten Land und brachteals Entgelt keinerlei wesentliche Vorteile mit sich, ganz zu schweigen davon, daß sie zublutigen Kriegen mit neidischen anderen Staaten führte. Frankreich war unter Ludwig XIV.nicht durch Eroberungen, sondern dank dem Triumph des monarchistischen Prinzips über denFeudalismus zum führenden Staat in Europa geworden, einem Triumph, den Kardinal Richelieuvorbereitet hatte und alle Kriege, die der Ehrgeiz Ludwigs XIV. entfesselte und dieFrankreich furcht-[355]bare Erschöpfung einbrachten, konnten diesen Staat doch nicht zu einerzweitrangigen Macht hinabdrücken, weil er bereits innerlich erstarkt war – und FrankreichOCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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