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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 181Ihr bleibt! Was wißt ihr denn? In BäldenVerzehrt vielleicht auch euch der BrandDer Sehnsucht, und mit leichter HandSchreibt Fama einem ModeheldenDen neusten Siegeslorbeer zu:Gott Amor stört auch eure Ruh‘.“Nur werden solche Jungfrauen sie schwerlich finden, fügen wir von uns aus, in Prosa, hinzu.Man muß wirklich Mitleid haben mit einem Dichter, der sich gezwungen sieht, seine Heldinauf solche Weise vor der Gesellschaft zu rechtfertigen – und wofür denn? – für etwas, wasdas Wesen der Frau ausmacht, den besten Teil ihres Rechts aufs Dasein – dafür, daß sie einHerz hat und nicht bloß einen korsettbedeckten Hohlraum! ... Aber noch mehr muß einem dieGesellschaft leid tun, der gegenüber der Dichter sich gezwungen sah, die Heldin seines Romansdeswegen zu rechtfertigen, weil sie eine Frau und nicht ein zu frauenähnlicher Gestaltbehauener Holzklotz war. Am allerbetrüblichsten aber ist, daß der Dichter sich bemüht sieht,seine Tatjana besonders in den Augen der Frauen zu rechtfertigen... Mit welcher Bitterkeitredet er dafür überall da, wo er auf die Totenstarre, die Kälte, die Affektiertheit, die Trockenheitder Gesellschaft zu sprechen kommt, von unseren Frauen. Wie [302] verräterisch ist diefolgende Strophe aus dem ersten Kapitel des „Onegin“:„Ihr launenhaften großen Damen!Euch ließ er ganz zuerst im Stich.Der ‚feine Ton‘ im steifen RahmenLangweilt ja heut auch fürchterlich.Zwar wissen manche höchst ApartenMit Say und Bentham aufzuwarten,Doch was man sie so plappern hört,Ist schaudervoll und mitleidswert.Und dabei tun sie noch so wichtig,So arg gebildet, stolz und fein,Sind allesamt so engelrein,So unzugänglich, keusch und züchtig,So ganz den Männern abgeneigt,Daß schon ihr Anblick Spleen erzeugt.“Diese Strophe ruft uns unwillkürlich die folgenden Verse in Erinnerung, die nicht in das Poemaufgenommen und gesondert veröffentlicht worden sind:„Rauhreif und Sonne welch ein Tag!Doch keine unserer Damen magAus ihrer Kemenate steigen,Sich kalt der kalten Welt zu zeigen:Da sitzen sie – vergebens lachtDes Newa-Kais granitne Pracht,Wie ist der Orient doch weise,Wie richtig unsrer Ahnen Brauch:Wie passend für die LebensweiseVon Haremssklaven...“Aber auch im Osten gibt es im Leben Poesie, die Leidenschaft schleicht sich sogar in die Haremsein... Dafür herrscht bei uns strenge Sittlichkeit, wenigstens nach außen hin, und hinterihr liegt oftmals eine so unpoetische Lebenspoesie, daß der Dichter sie, wenn er sie überhaupteinmal verwendet, gewiß nicht zum Stoff eines Poems macht...Wenn wir auf die Idee kämen, allen Schönheiten von Puschkins Poem nachzugehen, auf alleZüge höchster künstlerischer Meisterschaft hinzuweisen, dann würden weder unsere Zitatenoch unser Aufsatz jemals ein Ende finden. Aber wir halten das für überflüssig, weil diesesPoem längst seine Wertschätzung durch das Publikum gefunden hat und jedermann seineOCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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