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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 170übergewechselt sind. Und was das allertraurigste ist: unter den unglücklichen Geschöpfendieser Art finden sich Naturen, denen es nicht an echtem Verlangen nach einem mehr oderweniger menschlich-vernünftigen Dasein fehlt und die ein besseres Schicksal verdient hätten.Inmitten dieser Welt moralisch verkrüppelter Existenzen kommen jedoch hin und wiederwahrhaft kolossale Ausnahmeerscheinungen zustande, die stets einen hohen Preis für ihreAusnahmestellung bezahlen müssen und zu Opfern ihrer Überlegenheit werden. Als genialeNaturen, die sich von ihrer Genialität nicht Rechenschaft ablegen, werden sie von der stumpfdahinlebenden Gesellschaft als Reinigungsopfer für deren Sünden erbarmungslos umgebracht.... Zu ihnen gehört die Tatjana Puschkins. Wir haben die ehrenwerte Familie Larinbereits kennengelernt. Der Vater ist nicht eben ausgesprochen dumm und auch nicht eigentlichklug; kein ganz richtiger Mensch, aber auch keine Bestie, sondern so etwas wie ein Polyp,der gleichzeitig zwei Naturreichen – dem Pflanzen und dem Tierreich – angehört. [285]„Er war als Herr so sanft und gnädig,Und über seinem TotenschreinVerkündet ein Gedächtnisstein:‚Hier ruht in Gott, der Sünden ledig,Erlöst von aller Erdenqual,Herr Dmitri Larin, General.‘“Der himmlische Frieden, den er in seinem Totenschrein genoß, war der gleiche Frieden, dessensich der gute Herr zu Lebzeiten in seinem tatarischen Schlafrock erfreut hatte. Es gibtMenschen auf dieser Welt, in deren Leben und Glück der Tod nicht die geringste Veränderunghineinträgt. Der Vater Tatjanas gehörte zu diesen Glückspilzen. Ihr Mamachen jedochstand, verglichen mit ihrem Gatten, auf einer höheren Lebensstufe. Vor der Heirat hatte sieRichardson nicht deshalb vergöttert, weil sie ihn gelesen hatte, sondern weil ihre MoskauerKusine ihr von Grandison erzählt hatte. Mit Larin verlobt, schmachtete sie im stillen einenanderen an. Aber man setzte ihr den Brautkranz auf, ohne sie um ihre Meinung zu fragen.Auf dem Gut ihres Mannes verzehrte sie sich anfänglich vor Sehnsucht, aber dann gewöhntesie sich an ihre Lage und gab sich schließlich sogar mit ihr zufrieden, besonders seitdem siedas Geheimnis erlernt hatte, ihren Mann nach ihrem Willen zu lenken.Sie zankte mit den Ackerleuten,Schor Köpfe, salzte Pilze ein,Nahm alles selbst in Augenschein,Ließ samstags sich ihr Bad bereiten,Ohrfeigte ab und zu die MagdUnd ließ den Gatten ungefragt.Wenn vormals sie den Schwarm nur kannte,Mit Blut ins Album Verse schrieb,Das Bäschen süß ‚Pauline‘ nannte,Die Stimme bis zum Flöten trieb,Die Taille ganz unglaublich schnürteUnd unser N, das ungezierte,Französisch durch die Nase sprach –Ließ jetzt solch Unfug gründlich nach:Korsett und Album nebst ‚Pauline‘,Das Näseln, das GebildettunWard abgetan, sie rief auch nunKurzweg Akulka statt SelineUnd trug zu guter Letzt im HausNur Haube noch und Watteflaus.“[286] Kurz, die Larins lebten herrlich und in Freuden, wie ganze Millionen von Menschenauf dieser Erde leben. Die Eintönigkeit ihres Familienlebens wurde hin und wieder durch dieAnkunft von Gästen unterbrochen:OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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