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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 133Über die Werke Alexander Puschkins[225]Die Werke Alexander PuschkinsSt. Petersburg. Elf TeileMDCCCXXXVIII-MDCCCXLI 1Achter Aufsatz„Eugen Onegin“Wir gestehen: nicht ohne einige Scheu gehen wir an die kritische Betrachtung eines Poemswie „Eugen Onegin“ heran. Und diese Scheu ist durch viele Ursachen gerechtfertigt. Der„Onegin“ ist die intimste Schöpfung Puschkins, das Lieblingskind seiner Phantasie, und eslassen sich nur ganz wenige Kunstwerke anführen, in denen die Persönlichkeit des Dichterssich so vollständig, so hell und klar widergespiegelt hat, wie sich im „Onegin“ die PersönlichkeitPuschkins widerspiegelt. Hier ist sein ganzes Leben, seine ganze Seele, seine ganzeLiebe; hier sind seine Gefühle, seine Begriffe, seine Ideale. Ein solches Werk bewerten, heißtden Dichter selbst im ganzen Umfang seiner schöpferischen Tätigkeit bewerten. Ganz zuschweigen von den ästhetischen Vorzügen des „Onegin“, besitzt dieses Poem für uns Russeneine riesige historische und gesellschaftliche Bedeutung. Unter diesem Gesichtspunkt erscheintselbst das, was die Kritik heute im „Onegin“ begründetermaßen schwach oder veraltetfinden könnte – als tief bedeutungsvoll und hochinteressant. Und uns bereitet nicht allein dasBewußtsein der Schwäche unserer Kräfte zur richtigen Bewertung eines solchen Werks Verlegenheit,sondern auch die Notwendigkeit, in vielen Stellen des „Onegin“ zu gleicher Zeiteinerseits Mängel, andrerseits Vorzüge zu sehen. Die Mehrheit unseres Publikums ist nochnicht über jene abstrakte, einseitige Kritik hinausgekommen, die in Kunstwerken nur absoluteMängel oder absolute Vorzüge sieht und die nicht versteht, daß das Bedingte und Relative dieForm des Unbedingten bilden. Das ist der Grund, warum einige Kritiker ehrlich überzeugtwaren, daß wir [226] Dershawin mißachten, wenn wir ihm großes Talent zusprechen und zurgleichen Zeit bei ihm nicht ein einziges Werk finden, das künstlerisch vollkommen wäre undden Forderungen des ästhetischen Geschmacks unsrer Zeit voll gerecht würde. Hinsichtlichdes „Onegin“ jedoch kann unser Urteil vielen noch widerspruchsvoller erscheinen, weil der„Onegin“, was seine Form angeht, ein im höchsten Grade künstlerisches Werk ist und, wasden Inhalt betrifft, selbst seine Mängel die größten Vorzüge darstellen. Unser ganzer Aufsatzüber den „Onegin“ wird, was auch immer viele von unsern Lesern auf den ersten Augenblickdavon halten mögen, der Entwicklung dieses Gedankens gewidmet sein.Allem voran sehen wir im „Onegin“ ein poetisch wiedergegebenes Gemälde der russischenGesellschaft in einem der interessantesten Momente ihrer Entwicklung. Unter diesem Gesichtspunktist „Eugen Onegin“ ein historisches Poem im vollen Sinne des Wortes, obwohl esin der Zahl seiner Helden nicht eine einzige historische Figur gibt. Die historischen Vorzügedieses Poems sind um so größer, als es der erste und sogleich glänzende Versuch dieser Artin Rußland ist. Puschkin tritt hier nicht einfach nur als Dichter in Erscheinung, sondern auch1 Die hier abgedruckten Aufsätze VIII und IX aus der Aufsatzreihe Belinskis über Puschkin erschienen zumerstenmal in den „Otetschestwennyje Sapiski“ im Jahre 1844. Belinski hatte sich lange auf die Niederschriftdieser Aufsatzreihe über Puschkin vorbereitet, die in seiner literarischen Hinterlassenschaft an zentraler Stellesteht. Die elf Aufsätze über Puschkin, die Belinski hinterlassen hat, können im vollen Sinn des Wortes als „Abrißeiner Geschichte der russischen Poesie“ bezeichnet werden.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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