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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 131auf, bringt dem Publikum zur Kenntnis, daß er noch nicht alles habe sagen können, „was erzu sagen habe“, und schläft wieder ein; ein anderer, tätigerer Teil schreibt ganze Bücher zurVerteidigung des sogenannten patriarchalischen Lebens, das nach der Meinung der Greisen-Literatur darin besteht, unbedingt nach dem Essen zu schlafen, jeden Samstag ins Dampfbadzu gehen und sich in der Vorfastenzeit vollzufressen; ein dritter Teil, der wildeste und unbändigste,verkündet außer den der gesamten Greisen-Literatur gemeinsamen Ideen von derFäulnis und Verdorbenheit des Westens, daß die russische Literatur nicht nur nicht hinteranderen Literaturen zurückgeblieben, sondern sogar über die Grenze möglicher Vollkommenheithinaus vorwärtsgeschritten sei, so daß es ihr ganz guttun würde, wieder ein bißchenzurückzugehen – einmal in der Bauernsprache zu reden, Puschkin für einen talentlosenSchriftsteller, irgendeinen Verfasser einer Bilderfibel dagegen für den ersten Romancier, Philosophenund Poeten zu halten. ... Mit Schrecken denkt man daran, daß es in unserer ZeitKöpfe gibt, die auf diese Art räsonieren, aber daran, daß es sie gibt, ist – leider! – gar keinZweifel: die Tatsache ist zu frisch und zu bekannt für jeden, der einen Blick in die russischenZeitschriften und Bücher wirft! ... Überhaupt tut sich die Greisen-Literatur durch die Wildheitihrer Urteile und die Unfruchtbarkeit ihrer mit dem Geist und den Forderungen des Jahrhundertsunvereinbaren Tätigkeit hervor, einer Tätigkeit, um die sie niemand gebeten hat. Siestört nur die richtige Entwicklung der Literatur, die Vorwärtsbewegung, die niemand in dergegenwärtigen Periode der russischen Literatur leugnen kann. Zu einer Zeit, wo Menschenmit Überzeugungen und Glaubensmeinungen, die dem gegenwärtigen Stand der Bildung entsprechen,sich im Schweiße ihres Angesichts für die Zukunft abmühen – sehen die Altgläubigenin der Literatur immer noch nichts mehr als ein Mittel zur Verkürzung der Langenweilelanger Herbstabende und versuchen infolge dieser Auffassung, uns in aller Unschuld für niedagewesene Abenteuer nie dagewesener Helden zu erwärmen.Am betrüblichsten von allem ist es, zu sehen, daß nicht nur die [219] literarischen Altgläubigen,die den sich gesetzmäßig und unvermeidlich vollziehenden Sieg der Zeit nicht anerkennen,die Literatur mit diesen Augen betrachten. Ein großer Teil der Schriftsteller, die erstganz vor kurzem in der literarischen Arena erschienen und als mehr oder weniger begabt anerkanntworden sind, versteht bis jetzt noch nicht und bemüht sich nicht, zu verstehen, welchePflichten heutzutage mit dem Titel eines echten Schriftstellers verbunden sind; statt nachbesten Kräften und Möglichkeiten bei der gemeinsamen Arbeit mitzuhelfen, drischt er leeresStroh, besingt den Mond, die Maid, den Champagner und erzählt dabei mit gutmütigerSelbstzufriedenheit ohne die geringste Ironie manchmal recht unterhaltende, doch jeder Ideebare erfundene Geschichten.Schließlich gibt es bei uns noch eine Literatur, eine eben erst im Entstehen begriffene Literatur,die kaum ein Dutzend echter Vertreter aufweisen kann, aber fruchtbarer und lebendigerist als alle übrigen, von denen oben die Rede war. Mit großherziger Selbstlosigkeit, um edler,von eigennützigen Berechnungen weit entfernter Ziele willen, begeistert von den hohen Prinzipiendes großen Umgestalters Rußlands, hat sie den dornigen, schwierigen Weg gewählt,der zu der ewigen, heiligen Wahrheit, zu der Verwirklichung des Ideals auf Erden führt – undsie schreitet langsam, jedoch fest und selbständig auf diesem ihrem Wege dahin und bringtdie öffentliche Bildung ungeahnt vorwärts ... Antwort gebend auf die Stimme der allgemeinenund der echten russischen Wissenschaft, mit edler Sympathie für alles Erhabene, nimmtsie sich die wichtigsten Fragen des Lebens vor, zerstört die eingewurzelten Vorurteile desLebens und erhebt voller Empörung ihre Stimme gegen die betrüblichen Erscheinungen inden modernen Sitten; so zieht sie in der ganzen abscheulichen Nacktheit der Wirklichkeitalles an die Oberfläche, „was uns jeden Augenblick vor den Augen liegt und was die gleichgültigenAugen nicht sehen, den ganzen furchtbaren, erschreckenden Schlamm der Kleinigkeiten,die unser Leben eingesponnen haben, das tiefste Innere der kalten, zerstückelten All-OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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