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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 126„Göttinnen thronen hehr in Einsamkeit,Um sie kein Ort, noch weniger eine Zeit;Von ihnen sprechen ist Verlegenheit,Die Mütter sind es!“„Mütter!“ ruft Faust verwundert aus, „Die Mütter, Mütter!“‚ wiederholt er – „das klingt sowunderlich.“ Und Mephistopheles fährt fort:„... Göttinnen ungekanntEuch Sterblichen, von uns nicht gern genannt.... Bist du bereit? –Nicht Schlösser sind, nicht Riegel wegzuschieben,Von Einsamkeiten wirst umhergetrieben.Hast du Begriff von Öd’ und Einsamkeit?“[210] Faust versichert ihn seiner Bereitschaft, und Mephistopheles fährt fort:„Und hättest du den Ozean durchschwommen,Das Grenzenlose dort geschaut,So sähst du dort doch Well‘ auf Welle kommen,Selbst wenn es dir vorm Untergange graut.Du sähst doch etwas. Sähst wohl in der GrüneGestillter Meere streichende Delphine;Sähst Wolken ziehen, Sonne, Mond und Sterne;Nichts wirst du sehn in ewig leerer Ferne,Den Schritt nicht hören, den du tust,Nichts Festes finden, wo du ruhst.“Faust bleibt unerschütterlich. „In deinem Nichts“, sagt er, „hoff’ ich das All zu finden.“ Daraufhingibt Mephistopheles ihm den Schlüssel.„Der Schlüssel wird die rechte Stelle wittern,Folg ihm hinab, er führt dich zu den Müttern.“Das Wort „Mütter“ läßt Faust von neuem erzittern:„Den Müttern! Trifft’s mich immer wie ein Schlag!Was ist das Wort, das ich nicht hören mag?“Mephisto antwortet ihm:„Bist du beschränkt, daß neues Wort dich stört?“Mephistopheles gibt ihm nun Anweisungen, wie er sich auf seiner wundersamen Reise zuverhalten hat, und Faust, der durch die Berührung des Zauberschlüssels neue Kräfte in seinerBrust spürt, versinkt, mit dem Fuß aufstampfend, in die bodenlose Tiefe.„Neugierig bin ich, ob er wiederkommt“,sagt Mephistopheles, als er allein geblieben ist. Doch Faust ist wiedergekommen und mitErfolg wiedergekommen: er hat aus der bodenlosen Leere den Dreifuß heraufgebracht, jenenDreifuß, der nötig war, um die Schönheit in Gestalt des Paris und der Helena in die Welt derWirklichkeit heraufzurufen. *[211] Ja, sonderbar klingt dieses Wort „Mütter“, und man kann es nicht ohne geheimes Bebenaussprechen, als sei es eines von jenen mystischen Worten, die den Mond erblassen und dieToten sich in ihren Gräbern regen lassen! ... Aber noch mehr Mut gehört dazu, [in die grenzenloseLeere hinabzusteigen und bis zu den „Müttern“ zu gelangen! ... Wer jedoch nicht erbebt* Diese ganze, den Hinweis auf den „Faust“ enthaltende Stelle, ist ein Auszug aus dem Artikel Rötschers „Überdie philosophische Kritik von Kunstwerken“; der Auszug stammt von dem Übersetzer dieses Aufsatzes, HerrnKatkow, und ist von uns hier in vollem Umfang verwendet. Siehe „Moskowski Nabludatel“ Jahrgang 1838, TeilXVIII, S. 187/188. – W. B.OCR-Texterkennung Max Stirner Archiv Leipzig – 23.12.2013
W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 127und nicht zurückweicht und nicht schwach wird in seinem furchtbaren Unternehmen – derkehrt mit dem Zauberdreifuß zurück, mit dem man die Schatten längst Verstorbener ins Lebenrufen und körperlose Gedanken in schön geformte Leiber kleiden kann... Diese „Mütter“ sinddie urewigen Ideen, die, in Formen verkörpert, zu den Welten und den Erscheinungen des Lebensgeworden sind. Das Leben erschreckt niemanden; sondern es zieht uns wie eine Schönemit feurigem Blick, rosigen Wangen und zum Küssen lockendem Mund mit unwiderstehlicherZauberkraft an – mit geschlossenen Augen, wie von Sinnen werfen wir uns in ihre Umarmung–‚ und wir sehen sie an, ohne uns satt sehen, freuen uns ihrer, ohne uns satt freuen zu können...Doch wir tragen einen Wurm in uns, der den vollen Genuß vergiftet – dieser Wurm ist derWissensdurst. Sobald er sich zu regen anfängt, beginnt das bezaubernde Bild der Schönen sichvor uns zu verstecken; der Wurm wächst, er verwandelt sich in eine Schlange, die unser Herzbluttrinkt – die Schöne verschwindet ganz, und um sie zurückzubringen, müssen wir unsernBlick von den Formen und den Farben abwenden und ihn auf Skelette ohne Leben und Schönheitrichten. Aber bald müssen wir uns auch das versagen und uns in die grenzenlose Leerestürzen, wo es kein Leben, keine Bilder, keine Töne und keine Farben, nicht Raum und nichtZeit gibt, wo der Blick auf nichts verweilen, der Fuß auf nichts Halt finden kann, wo – alsMütter alles Seins – die körperlosen Ideen herrschen, die jenes Nichts sind, aus dem Alles hervorgegangenist; die von Ewigkeit an, vor der Welt, da waren und von denen die Zeit ausgegangenist und die Welten ihren Lauf in die Ewigkeit begonnen haben...So sind also die Ideen die Mütter des Lebens, seine substantielle Kraft und sein Inhalt, jenesunerschöpfliche Reservoir, aus dem unablässig die Wellen des Lebens strömen. Die Idee istihrem Wesen nach etwas Allgemeines, denn sie gehört weder einer bestimmten Zeit nocheinem bestimmten Raum an; durch den Übergang in die Erscheinung wird sie zum Besonderen,Individuellen, Persönlichen. Die ganze Leiter der Schöpfung ist nichts anderes als [212]die Besonderung des Allgemeinen im Einzelnen, die Erscheinung des Allgemeinen als Einzelnes.Aus der allgemeinen Weltmaterie ist unser Planet hervorgegangen und ist, nachdem erseine einmalige, besondere Form erhalten hatte, seinerseits zur allgemeinen substantiellenMaterie geworden, die unermüdlich zur Besonderung in Myriaden von Einzelwesen strebt.Die gestaltlosen Massen der Metalle und der Steine, die keinerlei bestimmte Form darstellten,stellen nichtsdestoweniger besondere Erscheinungen dar, die ihre eigene, wenn auch niedereund äußere Organisationsform haben. Einige von ihnen bilden sich sogar zu den bestimmten,regelrechten Formen der Prismen aus, die aus irgendeinem Boden hervorzuwachsen scheinen,der aus einem ihnen gemeinsamen Stoff besteht und ihnen als gestaltlose Basis dient. DieOrganisationsform der Pflanzen ist höher, und sie stellen überhaupt bereits eine Art von höhererBesonderheit dar, die allerdings noch nicht die Individualität erreicht hat. Jede von ihnenbraucht gleichermaßen sowohl Wurzel als auch Stamm, Zweig und Blatt, doch die Zahlder Blätter ist unbestimmt, und die abgerissenen ändern nichts an der Besonderheit des Baumes;was dann die Zweige angeht... [213]OCR-Texterkennung Max Stirner Archiv Leipzig – 23.12.2013
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