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W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 116unmittelbare Bewußtsein hat ihnen auch ein gleichartiges Streben zu einem einigen Ziel –dem Himmel – angewiesen. Der Poesie schreibt sie die göttliche Kraft zu, den menschlichenGeist durch erhabene Empfindungen für den Himmel zu begeistern, indem sie die Empfindungenin ihm durch schöne, nicht aus Menschenhand stammende Bilder vom allgemeinenLeben erweckt; der Philosophie setzt sie zur Aufgabe, den menschlichen Geist mit dem gleichenHimmel vertraut zu machen, und zwar durch die gleichen erhabenen Empfindun-[193]gen, die sich jedoch durch das lebendige Bewußtsein im Denken der Gesetze des allgemeinenLebens erweckt.Wir haben hier absichtlich das einfache, natürliche Bewußtsein der Menge angeführt: es istjedermann zugänglich und enthält zugleich eine tiefe Wahrheit, so daß die Wissenschaft esdurchaus bestätigt und rechtfertigt. Wirklich liegt im Wesen der Kunst und des Denkensselbst sowohl ihre feindliche Gegensätzlichkeit als auch ihre enge, blutgeborene Verwandtschaftmiteinander, wie wir weiter unten sehen werden.Alles Bestehende, alles, was ist, alles, was wir Materie und Geist, Natur, Leben, Menschheit,Geschichte, Welt, Universum nennen – all das ist Denken, das sich selbst denkt. Alles Bestehende,die ganze unendliche Vielfalt der Erscheinungen und der Tatsachen des Lebens derWelt, ist nichts anderes als Form und Tatsache des Lebens. Folglich hat nur das Denken Sein,und außer dem Denken existiert nichts anderes.Denken ist Tun, und jedes Tun setzt notwendig Bewegung voraus. Das Denken besteht in derdialektischen Bewegung oder der Entwicklung des Gedankens aus sich selbst. Bewegungoder Entwicklung ist das Leben und das Wesen des Denkens. Ohne sie gäbe es keine Bewegung,sondern nur eine Art toter, unbeweglich-starrer Vorhandenheit ursprünglicher Kräftedes eben erst zum Durchbruch gekommenen Lebens, ohne jede Bestimmung, ein offenbargewordenes Bild jenes chaotischen Seelenzustandes, den der Dichter mit so erschreckenderWahrheitstreue dargestellt hat:„Denn grau in grau es um mich lag;Es war nicht Nacht, es war nicht Tag;Es war auch nicht das Dämmerlicht,Drin sich das klare Sehen bricht,Nur Leere, die den Raum verschlingt,Und Stillstand, drin das Hier versinkt;Es gab nicht Sterne, Erde, Zeit,Nicht Halt und Wandel, Freud und Leid,Nur Stille, Starre schauderbar,Die weder Tod noch Leben war;Ein bleiern Meer, von nichts erregt,Blind, grenzenlos, stumm, unbewegt.“ 2Der Ansatz, der Ausgangspunkt des Denkens ist die göttliche, absolute Idee; die Bewegungdes Denkens besteht in der Entwicklung dieser Idee aus sich selbst, nach den Gesetzen derhöheren (transzendentalen) Logik oder Metaphysik; die Entwicklung der [194] Idee aus sichselbst ist ihr Durchgang durch die eigenen Momente, wie wir das weiter unten durch direktesBeispiel zeigen werden.Die Entwicklung der Idee aus sich selbst oder aus dem Innern ihrer selbst wird in der Spracheder Philosophie immanente Entwicklung genannt. Das Fehlen jeder äußeren Hilfsmittel oderAnstöße, die die Erfahrung liefern könnte, ist Bedingung der immanenten Entwicklung; imLebensinhalt der Idee selbst liegt die organische Kraft immanenter Entwicklung – wie daslebendige Samenkorn in seinem Innern die Kraft seiner Entwicklung zur Pflanze trägt –‚ undje reicher der Lebensinhalt ist, der im Innern des Samenkorns beschlossen liegt, eine um so2 Aus der romantischen Dichtung Byrons „Der Gefangene von Chillon“.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

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