13.07.2015 Aufrufe

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

W. G. Belinski – Ausgewählte philosophische Schriften – 100Ausgewählte Aufsätze, Rezensionen und Briefe1841-1845[169]Briefe aus dem Jahre 1841An W. P. Botkin. 1. (13.) März 1841(Bruchstück)St. Petersburg, 1. (13.) März 1841 1Eben habe ich Deinen Brief bekommen, liebster Wassili Petrowitsch, und mich gleich dazugezwungen, Dir auf ihn zu antworten. Ich habe die üble Angewohnheit, viel, ausführlich,deutlich usw. usw. zu schreiben – dadurch raube ich Dir das Vergnügen, häufig Briefe vonmir zu bekommen, und mir, mich häufig mit Dir zu unterhalten, denn um viel zu schreiben,braucht man Zeit und viel Sammlung. Das Bruchstück aus den „Halleschen Jahrbüchern“ 2hat mir viel Freude gemacht und mich sogar für einen Augenblick sozusagen wiederbelebtund gekräftigt – Dank, tausend Dank! Ich hatte schon längst vermutet, daß die PhilosophieHegels nur ein Moment ist, wenn auch ein großes, daß aber die Absolutheit ihrer Resultateeinen Sch... wert ist, daß es besser ist, zu sterben, als sich mit ihnen auszusöhnen. Das hatteich vor, Dir zu schreiben, bevor ich diesen Brief von Dir erhielt. Die Dummköpfe lügen,wenn sie sagen, Hegel habe das Leben in tote Schemen verwandelt; das jedoch ist richtig, daßer die Erscheinungen des Lebens zu Schatten gemacht hat, die einander an den Knochenhändenhalten und in der Luft über einem Kirchhof ihren Reigen tanzen. Das Subjekt ist bei ihmnicht Selbstzweck, sondern nur Mittel zum momentanen Ausdruck des Allgemeinen, unddieses Allgemeine erscheint bei ihm in bezug auf das Subjekt als ein Moloch, denn nachdemes ein Weilchen mit ihm (dem Subjekt) paradiert hat, wirft es es fort wie ein Paar alte Hosen.Ich habe besonders gewichtige Gründe, auf Hegel böse zu sein, denn ich spüre, daß ich ihm(gefühlsmäßig) treu war, als ich mich mit unserer russischen Wirklichkeit aussöhnte, Sagoskinund ähnliche Viechereien pries und Schiller haßte. Was den letzteren betrifft, so war ichnoch konsequenter als Hegel selbst, wenngleich [170] auch dümmer als Menzel. Alles, wasHegel über die Sittlichkeit daherredet, ist kompletter Unsinn, denn im objektiven Reich desGedankens gibt es Sittlichkeit ebensowenig wie in der objektiven Religion (wie z. B. im indischenPantheismus, wo Brahma und Schiwa in gleicher Weise Götter sind, d. h. wo das Guteund das Böse die gleiche Autonomie besitzen). Ich weiß schon, Du wirst über mich lachen, oKahlkopf! – aber lach nur, soviel Du willst, ich bleibe dabei: das Schicksal des Subjekts, desIndividuums, der Persönlichkeit ist wichtiger als die Geschicke der ganzen Welt und die Gesundheitdes Kaisers von China (d. h. der Hegelschen „Allgemeinheit“). Man sagt mir: entfaltealle Reichtümer deines Geistes für den freien Selbstgenuß am Geiste, weine, um dich zutrösten, traure, um wieder froh zu werden, strebe nach Vollkommenheit, erklimme die höchsteStufe auf der Leiter der Entwicklung, und wenn du stolperst, so falle, hol dich der Teufel– mehr warst du A... nicht wert. Ich danke ergebenst, Jegor Fjodorowitsch. 3 Hut ab vor Ihrerphilosophischen Schlafmütze; aber bei aller Achtung, die ich Ihrem philosophischen Philistertumschuldig bin, habe ich die Ehre, Ihnen zu rapportieren, daß ich Sie, wenn es mir1 Seite 169. Der Brief Belinskis an W. P. Botkin vom 1. (13.) März 1841 wurde vollständig zum erstenmal imJahre 1914 abgedruckt. In der vorliegenden Ausgabe wird die erste Hälfte dieses Briefes wiedergegeben.2 „Hallesche Jahrbücher für Kunst und Wissenschaft“ – eine Zeitschrift der Linkshegelianer, die seit 1837, mitE. Th. Echtermeyer und Arnold Ruge als Herausgebern, erschien.3 So wurde Hegel im Zirkel Stankewitschs genannt.OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.12.2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!