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Das Adult Attachment Interview und psychoanalytisches Verstehen

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Angstpatienten einen überproportional hohen Anteil an „unsicher-verstrickter„Bindungsrepräsentation im Vergleich zu den anderen Bindungskategorien. Derhohe Anteil an dieser Klassifikation trennte jedoch die Angststörungen nichtsignifikant von anderen klinischen Gruppen in dieser Studie. Was jedochAngststörungen im Vergleich zu anderen Krankheitsbildern unterschied, war ihrüberproportional hoher Anteil an der Kategorie "ungelöste Trauer" (86% beiN=44).In der Übertragung-Gegenübertragungssituation fühlte sich der Analytikerhäufig veranlasst, die ärgerlichen, enttäuschten Affekte aufzunehmen, dieseines Erachtens die Patientin endlich zeigen müsste, wollte sie sich aus dieserVerstrickung lösen. Der abgewehrte Ärger, den der Analytiker in denherzphobischen Angstanfällen der Patientin identifiziert, <strong>und</strong> der sich auch inihren massiven Alpträumen manifestiert, taucht im AAI nicht auf. Da sie diesen, aus psychoanalytisch-klinischer Sicht ihr zu wünschenden Ärger <strong>und</strong>Empörung im AAI nicht zeigt, wird sie als „sicher-autonom“ eingestuft. Dieszeigt offensichtlich methodische Grenzen dieses <strong>Interview</strong>s bzw. liegt hier einedivergente Bewertung von Autonomie vor.Daraus ist zu folgern, daß Bindungsautonomie nicht mit psychischer Ges<strong>und</strong>heitbzw. Symptomfreiheit gleichzusetzen ist. In diesem Zusammenhang erscheintdie Arbeit von Fonagy et al. (1996) interessant, die nahelegt, daß in seinerStichprobe mit verschiedenen klinischen Gruppen die Patienten mit einer„Major Depression„ einen höheren Anteil an der Kategorie „sicher-autonom„aufwiesen im Vergleich zu den anderen Gruppen. Dieses Ergebnis deutet daraufhin, daß eine erworbene sicher-autonome Bindungsrepräsentation (earnedsecure) nicht als ein verläßlicher Schutzfaktor gegen eine depressiveEntwicklung proklamiert werden sollte. „Earned secure„-Personen waren in derRegel vernachlässigenden Erfahrungen in ihrer Kindheit ausgesetzt, die sie zwarüberdacht, sie aber dennoch nicht vor einer Erkrankung bewahrt haben (Dozieret al., 1999).An diesem dargestellten Fall wird eine Divergenz zwischen Bindungsmethodik<strong>und</strong> psychoanalytischer Betrachtung sichtbar. Hier gilt, eine klareDifferenzierung von Bindungstypologie <strong>und</strong> Psychopathologieaufrechtzuerhalten. Es ist möglich, daß die vorherige zweijährigePsychotherapie der Patientin zu einer hier veranschaulichten Fähigkeitverholfen hat, sich im AAI kohärent, wertschätzend <strong>und</strong> kooperativ zupräsentieren. Für ihren klinischen Zustand jedoch sehen die Maßstände andersaus; weitere Jahre niederfrequenter analytischer Arbeit mußten investiertwerden, bis die Patientin die Autonomie erlangen konnte, die ihreVerfangenheit in ihre traumatischen Erinnerungen auflösen konnten bzw. bis26

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