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Das Adult Attachment Interview und psychoanalytisches Verstehen

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AuftaktTrifft ein Analytiker erstmals auf seinen Patienten, bildet er sich vielleichtbereits im Ersteindruck eine Hypothese zur spezifischen Bindungsstrategie <strong>und</strong>es taucht dann möglicherweise die Frage auf: „Verwickelt oder nicht ?„ Seltenist jedoch die Möglichkeit geboten, durch ein ausführliches Bindungsinterviewdiese Vermutung zu verifizieren. Ein Zusammentreffen zwischen einemAnalytiker (A) <strong>und</strong> einer Bindungsforscherin (I) könnte folgendermaßenaussehen:I: Wie würden Sie die Bindungsrepräsentation dieser Patientin einschätzen?A: Ja, sie ist verwickelt.I: Wie kommen Sie darauf?A: Ich mache das daran fest, daß sie große Mühe hat, sich überhaupt von der Mutter, nicht nurder Mutter, sondern in beiden Familien von der Schwiegermutter <strong>und</strong> der Mutter, demSchwiegervater <strong>und</strong> dem Vater zu lösen; beide Familien sind auch verwickelt, die ganze Eheist verwickelt. Ja, das ist es überhaupt, da ist jeder verwickelt, aber sie ist besondersverwickelt <strong>und</strong> sie hat große Mühe, sich dem Druck zu entziehen, der immer wieder auf sieausgeübt wird, was sie alles tun <strong>und</strong> machen soll. Ähnliches wiederholt sich in ihrerBeziehung zu ihrem Mann, daß sie ihren eigenen Raum nicht finden kann. <strong>Das</strong> ist ihre ganzeTragödie. Also das ist doch das Gefühl, daß sie vielen recht geben muß, <strong>und</strong> das wiederholtsich in ihrem Alltagsleben, in der Schule. Sie ist immer diejenige, die alle Probleme andererlösen muß, ihre eigenen immer zurückstellt. Sie tut immer alles Gute, sie springt ein, sie isthilfreich <strong>und</strong> gut, nur sie selbst kommt dabei kaum vor. Und das eine Mal, wo sie versucht,sich selber in den Mittelpunkt zu rücken, ihre Verselbständigung zu inszenieren, da ist siewieder dran gescheitert, weil sie wieder nicht sagen konnte, an welcher Stelle sie genau Hilfebrauchte, als sie mit ihren Kindern ihren Mann verlassen wollte. Und dann sagte ihr Fre<strong>und</strong>zu ihr: „Aber das mußt Du alleine regeln, mich kannst Du dafür nicht hernehmen“. Und daswar der Zusammenbruch, das ist der Punkt, wo sie eigentlich dekompensiert ist“.I: <strong>Das</strong> klingt so, als ob Sie sehr überzeugt die Patientin der „verstrickten„Bindungsklassifikation zuordnen.A: ja, da gibt es keine Zweifel!Einleitende GedankenDie Zeitschrift PSYCHE publizierte 1959 <strong>und</strong> 1961 drei Arbeiten JohnBowlbys, mit denen er ins Kreuzfeuer der offiziellen Psychoanalyse geriet.Diese Arbeiten transportierten die wesentlichen Gedanken seines Vortrags zumThema „Grief and mourning in infancy and early childhood“, gehalten imOktober 1959 vor der Britischen Psychoanalytischen Vereinigung, später dannauch im April 1960 in New York an der Columbia University, früh in den2

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