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Das Adult Attachment Interview und psychoanalytisches Verstehen

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Fall 1: 46jähriger Patient mit einer depressiv-suizidalen Krise bei narzißtischzwanghafterPersönlichkeitsstruktur; Bindungsrepräsentation: „ärgerlichverstrickt„Ersteindruck <strong>und</strong> PsychodynamikDer 40jährige Patient, von Beruf Arzt, kontaktierte den Therapeuten aufAnraten seines Chefs. Im Erstgespräch erweckte er zunächst den Eindruck, alssei er nur auf Besuch, um sich dann dafür umständlich zu entschuldigen. Erberichtete über Probleme am Arbeitsplatz, wobei Hauptkonflikte hierarchischerNatur seien, sein vorgesetzter Oberarzt durchkreuze seine Pläne <strong>und</strong> stemple ihnzum Querulanten. Lebensgeschichtlich ließen sich diese Probleme auf einenKonflikt mit dem Vater <strong>und</strong> dessen fehlender Anerkennung zurückführen, wasin einer 40stündigen Fokaltherapie gut bearbeitet werden konnte. Der Patientresümierte am Ende dieser Behandlungssequenz, dass er die neu gewonnene„Freiheit des Denkens schätze, dass er sich nun mehr Raum geben könne, seineFrechheiten zu Ende zu bringen„. Sein zwanghaft-narzißtischer Charakterwurde etwas gelockert <strong>und</strong> seine berufliche Krise konnte er durch einenWechsel des Arbeitsplatzes gut bewältigen.Fünf Jahre später wendet sich der Patient erneut an seinen Therapeuten wegensich wiederholender suizidaler Impulse, die in engem zeitlichen <strong>und</strong> situativenZusammenhang mit einer krisenhaften Entwicklung seiner Beziehung zu seinerEhefrau stehen. Im Zusammenhang damit traten intensive Schlafstörungen auf,für die es keinen somatischen Anhalt gab. Der Patient wirkt diesmal nicht mehrgroßspurig <strong>und</strong> übererheblich, sondern bedrückt <strong>und</strong> hilflos gegenüber den ihmfremden Impulsen: „Ich habe Angst meine Kontrolle zu verlieren„. Auslöserder Verstimmungen ist eine Krise in der Ehe, von der er sich „überrascht„fühlt. Im beruflichen Feld, wo er wegen seiner Einsatzfreude geschätzt wird, ister weitgehend frei von Ängsten; nur der Gedanke, eine Trennung von seinerFrau bekannt geben zu müssen, ruft jeweils kurzfristig intensive soziale Ängsteim Kontakt mit seinen Berufskollegen hervor.Bereits während der vorausgegangenen Therapie war deutlich geworden, dassdie Beziehung des Patienten zu seiner Frau wenig lebendig erschien; dies warjedoch nicht weiter thematisiert worden. Nun ist der Patient ein Verhältnis zueiner überaus lebensvollen, jüngeren Frau eingegangen, das sein ganzes Denkenüber sich selbst, über Gott <strong>und</strong> die Welt in Frage stellt. Seine bisherigemoralische Rechtschaffenheit war sein Kapital, seine Überheblichkeit über denRest der Menschheit sein Triumph. Einerseits ist er überwältigt von derIntensität der sexuellen Erfahrungen, die er so noch nie kennen gelernt hat;13

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