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N O VEMBER 2013 - Nationaltheater Mannheim

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CARMINA BURANA – DAS PRALLE LEBENChordirektor Tilman Michael im Gespräch mit Marketing-Dramaturgin Dorothea Krimm»SÜSSER, ROSENFARBNER MUND,KOMM UND MACHE MICH GESUND!«Dorothea Krimm: »O Fortuna, wie der Mond so veränderlich wächst du immeroder schwindest – schmähliches Leben!« Mit diesem Satz, gesungen in höchstdramatischem, majestätischem Ausdruck, beginnen die Carmina Burana.Allein vom Text her könnte man meinen, es handle sich um eine zutiefst melancholische,ja resignierte Geste. Sind die Carmina Burana melancholiegetränkt?Tilman Michael: Prinzipiell ist die Melancholie sicherlich eine Seite – aber esgibt auch noch andere Farben. Beim ersten Satz habe ich das Gefühl, dass sichdie Menschheit duckt unter der Macht des Schicksals. Eine pessimistische, jasogar nihilistische Sicht, in jedem Fall fatalistisch. Die berühmte Miniatur vomRad der Fortuna versinnbildlicht den ersten Satz der Carmina, wo es darumgeht, dass wir dem Schicksal ausgeliefert sind und nicht in der Hand haben, obwir gerade »oben« oder »unten« sind.Zechende Mönche. Radierung von W. Gruber, 16. JahrhundertD.K.: Steht die Glücksgöttin Fortuna im Mittelpunkt der Texte?T.M.: Sie bildet den Rahmen um das Werk, den Orff sich gebaut hat. Im Innerendreht sich das Stück um die Liebe, ums pralle Leben, um die Wollust, dieSpiellust und die Natur. Natürlich ist die Musik des Fortuna-Satzes sehr starkund kehrt am Schluss wieder. Doch wenn der erste und der letzte Satz nicht dawären, würde das Ganze in gewissem Sinne trotzdem funktionieren. Es ist eineSchilderung des Lebens.D.K.: Es heißt, der Komponist habe in den Carmina zu seinem »Orff-Stil« gefunden.Wie klingt dieser Stil?T.M.: Er ist im Großen und Ganzen inspiriert durch die Alte Musik. Carl Orff hatsich intensiv mit Claudio Monteverdi beschäftigt. Orffs Musik übt eine starkeFaszination aus, sie hat eine Sog-Wirkung, die damit zusammenhängt, dasssie oft sehr einfach, sehr schlicht gebaut ist: Die Musik hat eine wahnsinnigerhythmische Kraft. Der Tanz steht im Vordergrund. Der Satz ist auch oft sehreinfach und besteht aus vielen ein- oder zweistimmigen Passagen, vielen leerenQuinten etc. Trotzdem ist das Ganze sehr farbig und wechselt sehr schnell– eine ungeheuer abwechslungsreiche Musik!D.K.: Wo steht Orffs Werk im Chor-Repertoire?T.M.: Die Carmina Burana gehören zu den absoluten Highlights der Literatur fürChor und machen wahnsinnig Spaß zu singen. Man kommt daran nicht vorbei!Ich habe sie schon im Sopran, im Alt und im Bass gesungen, mit verschiedenenChören. Einmal sind wir zu den Carmina auf dem Stuttgarter Schlossplatzmit Fackeln eingezogen. Wegen der großen Popularität des O-Fortuna-Satzeskönnte man im ersten Moment meinen, man könnte der Carmina vielleichtsogar schon überdrüssig sein – aber dann schaut man das Werk an und findetimmer wieder, dass es einfach großartig ist und sehr inspiriert, voller schönermelodischer Einfälle. Es gibt wenige nicht-geistliche Chorwerke, die so bedeutendsind wie die Carmina Burana.D.K.: Würdest Du das Stück eher szenisch oder eher konzertant aufführen?T.M.: Hm, gute Frage. Ich habe es noch nie richtig szenisch gesehen, in Stuttgartdamals war es eher ein Spektakel. Vielleicht könnte man es tanzen? Abereigentlich finde ich, dass der konzertanten Aufführung nichts fehlt – konzertantfunktioniert es wunderbar.D.K.: Der Begleitapparat ist einigermaßen ungewöhnlich besetzt …T.M.: Ich habe oft Wilhelm Killmayers Fassung für fünf Schlagzeuger und zweiKlaviere gemacht, die streicht die Besonderheit von Orffs Orchester hervor: Esist ein großes Orchester, das sich durch den aufwändigen Schlagwerkapparatmit drei Glockenspielen, Kastagnetten, Xylophon und allen Arten von Trommelnund Rasseln auszeichnet, die da tolle Farben reinbringen, und eben die zweiKlaviere. Unter der musikalischen Leitung von Dan Ettinger wird das bestimmtspektakulär!D.K.: Hast Du einen Lieblingsmoment in dem Werk?T.M.: Ich glaube ja: In dem Satz »Chume, chum, geselle min« gibt es eine kleineMelodie, ganz einfach und schlicht über einer leeren Quinte, die ist unglaublichschön. Und der Sopransatz »In trutina«, der ist auch ein Lieblingssatz von mir.CARMINA BURANA von Carl Orffkonzertante AufführungPremiere am 22. November <strong>2013</strong> um 19.30 Uhr im OpernhausMusikalische Leitung Dan Ettinger | Chor Tilman MichaelKinderchor Anke-Christine KoberMit Estelle Kruger/Cornelia Ptassek; Onur Abaci,Thomas Berau/Karsten MewesWeitere Vorstellung 29. November <strong>2013</strong>

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