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Abiturrede "Hakuna Matabi"

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Meine sehr verehrten Damen und Herren,liebe Angehörige und Freunde, liebe Eltern,liebe Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verehrte Gäste!Liebe Abiturientinnen und Abiturienten,„Jambo! Nafurahi kwamba wewe kutenda wote hapa pamoja leo na kuhitimu sherehezetu.“Ich bitte meinen hessischen Akzent in Suaheli zu entschuldigen, denn ich bin nochdabei, die Sprache zu lernen. Und für alle diejenigen, die des Suaheli nicht mächtigsind, hier die Übersetzung:„Ich freue mich, dass Sie alle heute hier mit uns gemeinsam die Abiturfeier begehen.“Im Namen der Augustinerschule beglückwünsche ich Sie sehr herzlich, liebeAbiturientinnen und Abiturienten, zum bestandenen Abitur!Sie haben sich in diesem Jahr für ein afrikanisches Motto entschieden: „<strong>Hakuna</strong>Matabi“. Im ersten Moment war ich etwas erschrocken: Sind Sie vielleicht imBildungsdschungel verloren gegangen? Sollten nach 12 oder sogar 13 JahrenSchule wirklich nicht Goethe, nicht Schiller, nicht Kant, nicht mal das Dschungelbuchsondern nur „Der König der Löwen“ das Maß aller Dinge sein? Darüber hinaus habenSie den Slogan auch noch abgewandelt: Im Original heißt es ja „<strong>Hakuna</strong> Matata“ undbedeutet so viel wie „Es gibt keine Probleme“ bzw. „Es ist alles in bester Ordnung“.Sie sagen nun „<strong>Hakuna</strong> MatABI“ – und haben es offensichtlich intellektuell gewendet:„Abitur – kein Problem – alles in bester Ordnung!“Wenn ich mir allerdings die zahlreichen Abiplakate in Erinnerung rufe, bin ich mirnicht ganz so sicher, ob das Erreichen des Abiturs wirklich ohne Probleme war.Auf einigen Plakaten waren unterstützende Worte zu lesen, die allerdings auchzeigten, dass ein Restrisiko bestand: Da wurde „Ganz, ganz viel Glück“ gewünscht,ein Glaube beschworen mit „Glaub an dich, wir tun es auch“ und sogar auf ein Zitatder großen Weltpolitik rekurriert: „Yes, you can“.Manches kam sportiv-kämpferisch daher: „Guten Absprung und viel Aufwind!“„Nimm´s sportlich“, „Nach 13 Jahren das Finale“ oder „En garde!“,Auch der mediale Einfluss wurde deutlich: „Abi – Lernst du noch oder kannst du´sschon?“Mit großer Freude las ich auf flattrigem Stoff folgende intellektuelle Worte desAristoteles: „Die Wurzeln der Bildung sind bitter, aber ihre Früchte sind süß.“Dem gegenüber scheint so mancher auf das große Glück gesetzt zu haben:„Abi zu gewinnen.“Interessant ist auch eine Ausführung, die ich eher dem häuslichen Bereich zuordne:„Das war meine einzigste Tischdecke, gebt lieber alles!“1


Bei dem abschließenden Spruch bitte ich die Urheber um Aufklärung:„Und wenn du mal im Stress bist: Leg´ dich auf die Couch und stell´ dir vor, du bistein Gänseblümchen.“Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, wenn ich mir Ihre Abschlussnoten anschaue,sehe ich bei Ihnen wirklich kaum Probleme:Von den 207 Schülerinnen und Schülern haben drei die Note 1,0 erreicht.57 Schülerinnen und Schüler haben die 1 vor dem Komma. (über 27%),106 haben die 2 vor dem Komma (über 51%) und40 mit der Note 3 vor dem Komma (über 19%).Der Gesamtdurchschnitt von 2,36 entspricht den Abschlussleistungen der letztenJahre.Gestatten Sie mir eine Bemerkung am Rande: Sie gehören zu dem Doppeljahrgang,über den im Vorfeld viel gesprochen, gezweifelt, prophezeit, erklärt, geplant undvieles mehr wurde. G8 oder G9 wurde und wird als jeweiliges Bildungscredodiskutiert und gelegentlich sogar in einer Art Glaubenskrieg ausgefochten.Sie haben uns gezeigt, dass nicht das System über den Erfolg entscheidet, sonderndie Menschen, die sich den inhaltlichen Herausforderungen stellen und gemeinsamLösungen suchen. Sie haben – ob G8 oder G9 – alle Ihr Ziel erreicht!So möchte ich mich an dieser Stelle auch dafür bei den Personen bedanken, dieIhnen liebe Abiturientinnen und Abiturienten, die entsprechende Unterstützung undBegleitung gegeben haben:Das sind Frau Händel, Frau Schalow und Frau Sokolovic im Sekretariat, HerrGrützmacher, unser Hausmeister, Frau Krappel in der LMF, die Ihnen ausdrücklichfür die Mithilfe bei der Bücherausgabe dankt, das Schulleitungsteam: diestellvertretende Schulleiterin, Frau Litzenberger, die Fachbereichsleitungen FrauHoly-Grund, Frau Fabinyi und Herr Dr. Strunk und besonders Frau Weigl, zuständigfür die Organisation der Oberstufe und des Abiturs und Ihre Beratung.Als Seelsorger waren für Sie immer ansprechbar Frau Gröger, Herr zur Löwen undFrau Rohlfing und im Unterricht natürlich alle Lehrerinnen und Lehrer, Tutorinnenund Tutoren.Gerade im diesjährigen Doppeljahrgang war der Prüfungsaufwand für Sie, liebeKolleginnen und Kollegen, außerordentlich hoch. Ich möchte die Gelegenheit nichtverstreichen lassen, Ihnen für Ihren engagierten Einsatz sehr herzlich zu danken.Aber, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, Noten zeigen nicht alles. Es sindZahlen, die Ihre Leistungen, Neigungen, Vorlieben und vieles mehr lediglichgebündelt verdeutlichen. Und in diesem Zusammenhang drängt sich mir die Frageauf, wofür der zweite Teil Ihres Mottos „Keiner nimmt uns die Philosophie“ steht.Bei dieser Frage erinnerte ich mich an ein Buch von dem Professor für analytischePhilosophie Peter Bieri mit dem Titel „Wie wollen wir leben“.Er schreibt: „Wir wollen über unser Leben selbst bestimmen. Das sind Worte dieleidenschaftliche Zustimmung finden und wir haben den Eindruck, dass sie von denbeiden wichtigsten Dingen handeln, die wir kennen: von unserer Würde und unseremGlück. Doch was bedeuten die vertrauten Worte eigentlich? In welchem Sinn kannich über mein Leben bestimmen? Was ist das für eine Idee von Bestimmen und von2


Selbständigkeit? Wie kann man die Idee entfalten, und was kommt da alles zumVorschein?“Die in diesem Zitat thematisierten Begriffe Selbst- und Fremdbestimmung haben Siebis heute privat und schulisch begleitet - und werden es auch in Zukunft tun. Aberdas haben Sie mit Ihrem Motto genau wie Peter Bieri erkannt. Denn es gehtletztendlich um die Frage nach der Sinnhaftigkeit und der Erfüllung des Lebens.Allerdings erweckt in diesem Zusammenhang Ihr Motto „<strong>Hakuna</strong> Matabi“ denEindruck einer Sorgenfreiheit, die es meines Erachtens zu hinterfragen gilt. Ich binmir sicher, dass Ihr bisheriges Leben nicht nur sorgenfrei verlaufen ist; Sei esbezüglich der Leistungsanforderungen in der Schule oder in der Freizeit, sei es beimKnüpfen von sozialen Kontakten, die belastbar sind, oder dem Umsetzenpersönlicher Wünsche, die gelegentlich mit den Interessen anderer kollidieren.Aber mit Ihrem Abiturzeugnis, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, kommt dieeigentliche Herausforderung auf Sie zu: Die eigenständige Gestaltung Ihres Lebens!Sie werden sich dazu viele Fragen stellen, beantworten und Ihre Entscheidungenumsetzen müssen: Wie lange möchte ich noch bei meinen Eltern wohnen? WelchenBeruf strebe ich an? Wo möchte ich zukünftig leben – und mit wem? Was bin ichbereit, für das Erreichen meiner Ziele zu investieren oder sogar aufzugeben? Wannschwimme ich mal nicht mit dem Strom?Sie sehen, ein selbstbestimmtes Leben fordert das Klären eigener Wünsche, aberauch Zuversicht und den Mut zum Handeln.Wir als Augustinerschule hoffen, dass wir dazu das notwendige Rüstzeug, diepersönliche Reife mitentwickeln konnten.Was möchte ich Ihnen nun mit auf den Weg geben?Eine sorgenfreie All-Inclusive-Philosophie mit Beziehungen im Flat-Rate-Modus undSoap-Format, mit Unterhaltung auf Knopfdruck, mit Spaß auf Bestellung oderewigem Rausch zum Nulltarif führt zu einem sinnentleerten Leben.Dafür oder dagegen müssen Sie sich bewusst entscheiden.Denn, um mit Peter Bieri zu sprechen:„Um nicht nur von Tag zu Tag in die Zukunft hineinzustolpern, sondern die Zukunftals etwas zu erleben, dem wir mit einem selbstbestimmten Entwurf begegnen,brauchen wir ein Bild von dem, was wir sind und was wir werden wollen.“Erkennen Sie sich selbst, um reflektiert Ihr Leben gestalten und sinnlich erleben zukönnen.In diesem Sinne:wote bora kwa ajili ya baadayeasante sana3

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