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Eine heiße Spur - warum Forscher Vulkane anbohren - Scinexx

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AUSGABE 2SOMMER2001GEO MAXNEUGIERIG AUF WISSENSCHAFT„Hoffentlich bald wieder festen Boden unterden Füßen“ – das wünscht sich so mancher,der bei stürmischer See auf einem Segelbootausharren muss oder mit dem Flugzeug durchein Gewitter fliegt. Aber der Boden unter unserenFüßen ist bei weitem nicht so fest wie esscheint. Tatsächlich reißt die Erdkruste täglichan sogenannten Scheitelzonen in den Ozeanbeckenauf; glühend <strong>heiße</strong> Gesteinsschmelzendringen nach oben. Die Folge: die Kontinentebewegen sich langsam voneinander weg bzw.aufeinander zu. Sichtbare Zeichen der gewaltigenKräfte, die dabei wirken, sind Erdbeben undVulkanausbrüche.KONTINENTE IN BEWEGUNGAlfred Wegener formulierte die Hypothese derKontinentalverschiebung erstmals 1912.Aber die ungeheuerliche Vorstellung von wanderndenErdteilen warselbst Wissenschaftlernlange Zeit suspekt; WegenersTheorie wurde deshalbüber 50 Jahre lang regelrechtbekämpft. Einig schienen sich die <strong>Forscher</strong>nur darüber, was <strong>Vulkane</strong> nicht sind: WederGoethes (1749-1832) Ansicht, sie beruhtenauf Erdbränden in unendlich großen unterirdischenKohlelagern, noch Humboldts (1769-1859) Vorstellung, sie seien Sicherheitsventilezur Entladung der über den Erdball verteiltenKräfte, waren wissenschaftlich lange haltbar.GEOLOGEN AUF EINER REISE ZUMMITTELPUNKT DER ERDEErst die systematische Erforschung desErdinneren im 20. Jahrhundert brachteKlarheit. In erster Linie liefertenseismische Messungen und diechemische Analyse von Meteoriten(die Erde entstand vor4,5 Milliarden Jahren ausmeteoritischem Material)Anhaltspunkteüber den Aufbau und die Zusammensetzungdes Erdballs. Danach bestehen die Erdkrusteund der Erdmantel hauptsächlich aus eisen- undmagnesiumhaltigen Silikaten, der Erdkern, derin rund 3000 Kilometern Tiefe beginnt, dagegenvor allem aus metallischem Eisen. Generellnehmen die Temperatur und die Dichte zum Erdmittelpunkthin zu. Dadurch entstehen gigantischeWärme- und Materialströme sowohl imüberwiegend flüssigen Kern als auch im festenMantel. Die <strong>Forscher</strong> bezeichnen diese Umwälzungenals Konvektion und fanden darin erstmalseine plausible Erklärung für die postulierteKontinentalverschiebung: Die Konvektion imErdmantel ist die treibende Kraft dafür, dasssich die Kontinente verschieben.Der Durchbruch für Wegeners Theorie kam inden 60er Jahren. Mit modernem technischen<strong>Eine</strong> <strong>heiße</strong> <strong>Spur</strong> –<strong>warum</strong> <strong>Forscher</strong> <strong>Vulkane</strong> <strong>anbohren</strong>Gerät gelang es Geologen, Gesteinsproben derOzeanböden systematisch zu untersuchen. Dabeistellten sie überrascht fest, dass diesehöchstens 200 Millionen Jahre alt waren. Diekontinentale Kruste ist dagegen durchschnittlich2 Milliarden Jahre alt. Gibt es einen Prozess,durch den sichdie Ozeanbödenkontinuierlicherneuerten?A▲ Der Vulkan Kilauea auf Hawaii(Eruption am 29.06.1983 – sie dauert heute noch an;© NOAA National Geophysical Data Center, Boulder, USA) Seite1


➔Die Antwort liefert die bis heute gültige Theorieder Plattentektonik. Danach dringt an denmittelozeanischen Schwellen ständig Gesteinaus dem Erdmantel nach oben. Die neue Erdkruste,die sich dabei bildet, wandert in Formgroßer Platten mit einer Geschwindigkeit vonbis zu zehn Zentimetern pro Jahr wie ein Förderbandnach beiden Seiten über den Erdmantelhinweg. Zwei kontinentale Platten könnendabei zusammenstoßen oder sich übereinanderschieben. So entstanden Gebirge wie der Himalaya.Zum Glück erweisen sich die Kontinentedabei als weitgehend stabil. Die ozeanischenPlatten dagegen werden spätestens nach 200Millionen Jahren an so genannten Subduktionszonenwieder vom Erdmantel verschluckt.Während nur hochpräzise Messgeräte dieseunterirdischen Vorgänge registrieren können,haben sie oberirdisch sehr wohl spürbare Auswirkungenin Form von Erdbeben und Vulkanausbrüchen.EIN SCHWEISSBRENNERLÄSST VULKANE WACHSEN<strong>Eine</strong>s der aktivsten Vulkanfelder der Erde bildendie Inseln von Hawaii. Diese entstehen durchgewaltige Eruptionen, bei denen so viel Lavanach oben geschleudert wird, dass in wenigerSeite2als einer Million Jahre zum Teil Kilometer hoheVulkankegel aus dem Ozean wachsen. Danacherlöschen die <strong>Vulkane</strong> und versinken unterihrem eigenen Gewicht immer tiefer im Meeresboden;viele verschwinden mit der Zeit ganzunter der Wasseroberfläche. Innerhalb der letzten70 Millionen Jahre entstand so eine etwa7000 Kilometer lange Kette aus rund 100 Feuerbergen,von denen heute allerdings nur nochdie jüngsten, z.B. die <strong>Vulkane</strong> Mauna Loa undKilauea auf der Hauptinsel Hawaii (AbbildungA), aktiv sind. Da sich hier das langsame Wachsenvon <strong>Vulkane</strong>n besonders gut untersuchenlässt, forschen Vulkanologen aus aller Welt indieser Gegend, darunter auch Wissenschaftlerdes Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz.Wie viele ihrer Kollegen fasziniert sie vor allemdie Tatsache, dass die einzelnen Schlote dieserVulkankette von Nordwesten nach Südostenimmer jünger werden. Der Grund: Unter der Inselkette,etwa 100 Kilometer tief im Erdmantel,sitzt ein sogenannter Hot Spot (Abbildung B).Wie ein gigantischer Schweißbrenner erzeugtdieser Gesteinsschmelzen, die sich durch diefeste ozeanische Kruste fressen und zunächsteinen „Unterwasservulkan“ (Sea Mount) bilden,der dann zu einer Vulkaninsel emporwachsenkann. Da die Erdkruste über den Erdmantelhinweg wandert, trägt sie den Vulkanjedoch von seiner Quelle fort, so dass erschließlich erkaltet. An seiner Stelle lässt der„Schweißbrenner“ wieder einen neuen Vulkanwachsen. Auf diese Weise hat der Hawaii-HotSpot im Laufe von Jahrmillionen jene langeInsel- und Sea Mount-Kette erzeugt.PILZE AUS HEISSEM MAGMAÜber die Ursachen von Hot Spots entwickelteder Geophysiker Jason Morgan Ende der 60erJahre eine heute weithin anerkannte Theorie:<strong>Eine</strong> besonders <strong>heiße</strong>, aber generell festeGesteinsschicht aus dem Erdmantel (aus einerTiefe von wahrscheinlich 2900 Kilometern) wirdinstabil und quillt pilzförmig nach oben. Infolgedes sinkenden Drucks nahe der Oberflächedes Erdmantels, beginnt dieser so genannteMantle Plume in etwa 100 Kilometern Tiefezu schmelzen. Die Schmelze, Magma genannt,steigt durch Risse oder selbst gebahnte Kanälein so genannte Magmakammern in fünf biszehn Kilometern Tiefe auf, nahe der Basis desVulkans. In den Magmakammern beginnt dasfrische Mantelmagma zu kristallisieren und sichzu dem Material zu vermischen, das schließlichals Lava an die Erdoberfläche geschleudertwird. Die Wissenschaftler diskutieren dabei vorallem noch, woher das Plume-Gesteinstammt. Handelt es sich umB„normales“ Gestein des tiefenErdmantels oder spielen bei derEntstehung der „Magmapilze“komplexere geologische Prozesseeine Rolle? <strong>Eine</strong> Antwort suchendie Wissenschaftler unter anderemin einem Bohrloch, das zu dentiefsten der Welt gehört. Es entstehtzur Zeit an der Flanke desvermutlich fast erloschenen VulkansMauna Kea auf Hawaii. FünfKilometer tief will ein internationalesTeam unter Beteiligung desMax-Planck-Instituts für Chemieund des GeoforschungszentrumsPotsdam in die bis zu mehrerehunderttausend Jahre alten Magmaschichtenvordringen. DieBohrkerne, die die Wissenschaftlerdabei zutage fördern, werdenvor Ort gereinigt und kleine Probendavon dann zur Analyse unteranderem in das Institut nachMainz geschickt.Schnitt durch die ozeanischeErdkruste und den Erdmantel.© Max-Planck-Institut für Chemie▲


DCGEOCHEMISCHE FINGERABDRÜCKEHier werden die Bohrkerne im Gesteinsaufbereitungslaborbearbeitet (s. a. AbbildungC). <strong>Eine</strong> hydraulische Presse zerdrückt dieSteine, spezielle Mühlen zermahlen sie dann zufeinem Pulver. Daraus bestimmen die <strong>Forscher</strong>die chemische Gesamtzusammensetzung desGesteins. Winzige Proben des Bohrkerns landenin einem staubfreien Labor, das die Wissenschaftlernur mit Schutzkleidung durch Luftschleusenbetreten. Die Mineralien werden hierin starken Säuren aufgelöst. Dann ermitteln die<strong>Forscher</strong> die Konzentration bestimmter <strong>Spur</strong>enelemente,zum Beispiel die von Barium, Rubidium,Uran oder Lanthan. Da die Konzentrationeiner Vielzahl von <strong>Spur</strong>enelementen in einerGesteinsprobe mit ihrer Herkunft variiert, erhaltendie <strong>Forscher</strong> für jede Probe eine ganz spezifische„Kennlinie“ (Abbildung D) – quasi einen„geochemischen Fingerabdruck“. Dieserlässt sich mit bereits bekannten Kennlinien vergleichenund die Gesteinsprobe damit bestimmtenFormationen zuordnen. So haben Gesteineder tiefen Ozeankruste beispielsweiseeine andere Kennlinie als Gesteine, die ausdem Erdmantel stammen. Die <strong>Forscher</strong> gehendabei vor wie Experten der <strong>Spur</strong>ensicherung beider Polizei: Diese können einen Täter ja auchanhand seines Fingerabdrucks zweifelsfreiidentifizieren, vorausgesetzt dieser Fingerabdruckbefindet sich bereits in der polizeilichenDatenbank. In einem für die Geowissenschaftenbisher einzigartigen Projekt haben die Max-Planck-<strong>Forscher</strong> ebenfalls eine Datenbank für„geochemische Fingerabdrücke“ angelegt: dieGesteinsdatenbank GEOROC. In ihr werden dieErgebnisse der Gesteinsanalysen von <strong>Vulkane</strong>nauf der ganzen Welt zentral gespeichert. Sokönnen Wissenschaftler von überall über dasInternet ihre Daten mit denen ihrer Kollegen▲ Teile der Bohrkernproben werden in Scheibenaufgetrennt, auf eine Glasplatte geklebt und bis aufwenige hundertstel Millimeter herunter geschliffen.Die meisten Minerale (hier Hawaii-Basalt) werdendabei durchsichtig und können unter dem Mikroskopbestimmt werden.Normierte Konzentration1001010,10,010,001Ba Th Nb La Sr Ce Nd Zr Sm Eu Ti Dy Y Er YbZur Konstruktion einer Kennlinie werden die gemessenen Konzentrationen der chemischen Elemente(Horizontalachse) dividiert durch deren jeweilige Konzentrationswerte im Erdmantel. Die so normiertenWerte werden durch eine Linie verbunden. Die Abbildung zeigt die „geochemischen Fingerabdrücke“ vonsechs “exotischen” Strontium-reichen Schmelzeinschlüssen in Olivin aus Lava von Mauna Loa im Vergleichmit der Zusammensetzung von typischem ozeanischem Gabbro und Feldspat vom selben Gabbro.vergleichen und damit unter anderem – genauwie die Geochemiker um Albrecht Hofmann imFall des Mauna Loa auf Hawaii – versuchen, dieHerkunft bestimmter Gesteine zu ermitteln.VULKANE ALS GIGANTISCHERECYCLING-ANLAGENDie sorgfältige Analyse verschiedener Hawaii-Laven zeigt, dass durch die <strong>Vulkane</strong> ein in seinemUrsprung sehr vielfältiges Gestein ausdem Erdinneren heraus geschleudert wird. Soentsprechen die „geochemischen Fingerabdrücke“von Proben des Mauna Loa und MaunaKea dem von tiefer Ozeankruste, die hauptsächlichaus dem Mineral Feldspat besteht. Andere<strong>Vulkane</strong> werden eher aus Basalten gebildet, dieaus der oberen Ozeankruste stammen. Allerdingskonnten die Mainzer <strong>Forscher</strong> zeigen,dass dieses Material nicht demjenigen entspricht,das heute unter den <strong>Vulkane</strong>n liegt.Vielmehr handelt es sich um „recyceltes“ Gesteineiner Ozeankruste, die wahrscheinlich vorein bis zwei Milliarden Jahren an Subduktionszonenvom Erdmantel verschluckt wurde, langein großen Tiefen schlummerte und dann imSchlot eines Mantle Plume wieder nach obenbefördert wurde. Bereits Anfang der 80er Jahrehatte Albrecht Hofmann erste geochemische Indizienfür einen solchen Prozess gefunden, jetzt,zwanzig Jahre später haben sich seine Spekulationenbestätigt: <strong>Vulkane</strong> sind Teile einesgigantischen geologischen Recyclingprozesses.Diese Forschungsergebnisse haben für großesAufsehen gesorgt, weil sie der bisherigen Vorstellungwidersprechen, nach der Magmapilze„normales“ Gestein des tiefen Erdmantels andie Erdoberfläche fördern.VULKANAUSBRUCH AM RHEIN?Zuhause haben die Geoforscher Gelegenheit,weniger spektakuläre aber genau so interessanteFeuerberge zu studieren. Denn nordwestlichvon Mainz erstrecken sich das etwa 50Kilometer lange Westeifelvulkanfeld mit rund240 Vulkankegeln sowie das ca. 35 Kilometerlange Osteifelvulkanfeld mit immerhin rund 100Schloten, darunter auch der Laacher See. Woheute Wanderer und andere Touristen einefriedliche, hügelige Landschaft genießen, brodeltevor 10 bis 40 Millionen Jahren eine Hexenküche,die typische Intraplattenvulkaneentstehen ließ. Dabei liegen die Eifelvulkaneauf einer Scholle, dem so genannten RheinischenSchild, der sich in den vergangenen 40Millionen Jahren zweimal hob und auch heutenoch in Bewegung ist. Die Wahrscheinlichkeit,dass in der Eifel in naher Zukunft ein neuer Feuerbergentsteht, oder dass einer der schlummerndenSchlote wieder ausbricht, ist zumGlück ziemlich gering. Der letzte Ausbruch voretwa 10.000 Jahren, bei dem der Laacher Seeentstand, hatte allerdings verheerende Auswirkungen.Weite Teile Europas wurden damalsvon einer Aschenschicht bedeckt. Übrigens:Auch mit der Mainzer Datenbank konnte bishernoch kein Wissenschaftler zweifelsfrei nachweisen,wie die Vulkanfelder in der Eifel entstandensind. Aber <strong>Forscher</strong> vermuten auch hierals Ursache einen Mantle Plume.EXPLOSIONEN AM FEUERRINGGenauere Vorstellungen haben die Geologendagegen davon, wie <strong>Vulkane</strong> entlang des „Feuerrings“– dem Hinterland der pazifischen Anrainerstaatenund ihrer vorgelagerten Insel-Seite 3


➔gruppen – entstehen. Hier ereigneten sich fastalle spektakulären Ausbrüche der letzten 200Jahre (z.B. der des Mount St. Helens, 1980, imUS-amerikanischen Bundesstaat Washington,des El Chichon, 1982, in Mexiko und des Pinatubo,1991, auf den Philippinen). Die meisten<strong>Vulkane</strong> lagen dabei dicht an der Küste einesKontinents und entlang der Subduktionszonen,wo im übrigen auch die meisten Erdbeben entstehen.Die besonders silikathaltigen Laven vonSubduktionsvulkanen sind zähflüssig undhäufig mit Schwefeldioxid, Chlor- und Fluorwasserstoffaber auch Wasserdampf beladen.Die zunächst in der Gesteinsschmelze gelöstenGase „perlen“ beim Aufstieg der Laven zur Erdoberflächeaus, ähnlich den Kohlendioxid-Bläschenbei einer frisch geöffneten Seltersflasche,mit allerdings weniger erfrischendem Ergebnis:Der hohe Innendruck der Gasblasenreicht aus, um die glühende Gesteinsmasse vorErreichen der eigentlichen Austrittsmündungexplosionsartig in kleine Lavafetzen zu zerreissen,das entstandene Gas/Feststoffgemisch aufÜberschallgeschwindigkeit zu beschleunigenund kilometerhoch in die Atmosphäre zu katapultieren.Eindringendes Grund- oder Oberflächenwasser,das schlagartig verdampft unddabei ein Vielfaches seines Flüssigkeitsvolumenseinnimmt, potenziert die zerstörerischeGewalt solcher Treibladungen. Die aufsteigendeEruptionssäule saugt große Mengen kalterUmgebungsluft an, die sich im Kontakt mit den<strong>heiße</strong>n Förderprodukten ebenfalls erhitzt undfür zusätzlichen Auftrieb sorgt. Die leichterenAschepartikel und Gasmoleküle werden bisüber 40 Kilometer hoch in die Stratosphäretransportiert und anschließend rund um denGlobus verteilt.WIE VULKANEDAS KLIMA BEEINFLUSSENDie meisten Menschen werden diese geballtenEnergien in Form eines Vulkanausbruchs wohlniemals direkt erleben. Es kann aber passieren,dass auch wir – beispielsweise als Passagierean Bord eines Flugzeugs – die Folgen zu spürenbekommen: Auf dem Flug eines vierstrahligenJets von London nach Tokio über Alaska kam esin einer Flughöhe von über 10.000 Metern zumAusfall sämtlicher Triebwerke. Nach einem drastischenSinkflug gelang es dem Piloten, dieTriebwerke wieder zu starten und die Maschinesicher zu landen. Passagiere und Besatzung kamennoch einmal mit dem Schrecken davon.Was war geschehen? Vulkanasche vom Ausbruchdes Mount Redoubt westlich von Anchoragehatte die Drucksensoren der Turbinenaußer Funktion gesetzt. Dieser dramatischeSeite4▲ Mit dem Modell ATHAM können Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Meteorologie sowie vomDeutschen Klimarechenzentrum in Hamburg die Ausbreitung solcher vulkanischen Aschenwolken im Bereichvon hundert Metern bis maximal hundert Kilometern simulieren.Zwischenfall zeigt, wie sich jede größere Aktivitäteines in die Atmosphäre eruptierendenVulkans unvorhersehbar auf Mensch und Naturauswirken kann – insbesondere auch auf dasKlima und andere meteorologische Phänomene.Während die Vulkanasche nämlich innerhalbweniger Tage wieder auf die Erde niederrieselt,wird das ebenfalls freigesetzte Schwefeldioxid(SO 2 ) photochemisch in der Stratosphäre oxidiertund verbindet sich dort mit Wasser zuSchwefelsäuretröpfchen (H 2 SO 4 ). Ihre Wechselwirkungmit Sonnen- und Wärmestrahlungändert das Klima für wenige Jahre.ASCHENREGEN ÜBER SINGAPURBis zum April 1991 gehörte der Pinatubo nichtzu den häufig genannten <strong>Vulkane</strong>n der Philippinen.Man wusste nur eher vage, dass er wohlvor ungefähr 600 Jahren aktiv gewesen war. Allerdingshatte die geologische Interpretationder Ablagerungen gezeigt, dass der Pinatubo,würde er wieder ausbrechen, eine erheblicheGefahr für die umliegenden Siedlungen darstellenkönnte. Am 2. April 1991 zeigte er sein Wiedererwachenmit ersten Explosionen undAscheneruptionen an. Über zwei Monate steigertesich die seismische Unruhe, die vulkanischenEruptionen und die Deformation des Vulkankegelsnahmen kontinuierlich zu. Anfang Juniwurden bis zu 2000 Beben pro Tag registriert.Der Vulkan stieß jetzt täglich nahezu 5000 TonnenSchwefeldioxid aus, die aschebeladenenEruptionssäulen stiegen bis 8000 Meter in dieAtmosphäre. Am 15. Juni teilte der vulkanologischeDienst die höchste Alarmstufe mit:Großeruption innerhalb von Stunden möglich.<strong>Eine</strong> stetige Eruptionssäule stieg bis in 40 KilometerHöhe, Aschen fielen noch im 2500 Kilometerentfernten Singapur. Der Gipfel des Kegelswurde weggesprengt und stürzte ein...Beobachtungen nach der Eruption zeigten: Ander Erdoberfläche war die Temperatur im Mittelum 0,5°C abgekühlt; die Ozonkonzentration inder Stratosphäre war um bis zu 50% gesunkenund es kam zu einer veränderten Zirkulation derAtmosphäre. Mit Hilfe von Computersimulationenkönnen die Wissenschaftler mittlerweilefeststellen, welche Faktoren den Verlauf einerEruption bestimmen und wie diese voneinanderabhängen (Abbildung E). So wurde erkannt,dass neben Zusammensetzung und Temperaturdes Magmas auch die meteorologischen Umgebungsbedingungenmaßgeblich für die Höheder Eruptionssäule und die Ausbreitung von<strong>Spur</strong>enstoffen in der Atmosphäre sind.Schlagwörter: Kontinentalverschiebung, Plattentektonik,Subduktionszonen, Hot Spot, Mantle Plume, SeaMounts/Vulkaninseln, geochemischer Fingerabdruck,Intraplattenvulkane, SubduktionsvulkaneLesetipps: Vulkanismus, Hans-Ulrich Schmincke, WissenschaftlicheBuchgesellschaft, 2000; Erdbeben und<strong>Vulkane</strong>, Rolf Schick, Verlag C.H.Beck, 1997; <strong>Vulkane</strong>,Feuer der Erde, Maurice Krafft, Ravensburger Taschenbuch,1993; Reise zum Mittelpunkt der Erde, Jules Verne,Diogenes, 1976Internet: http://www.geo.mtu.edu/volcanoes/http://icdp.gfz-potsdam.de/html/hawaii/news.htmlBIOMAX - GEOMAXauch unter www.mpg.deBIOMAX und GEOMAX erscheinen jeweils zweimalim Jahr. In dieser Reihe bereitet die Max-Planck-Gesellschaft aktuelle Forschungsergebnisseaus ihren Instituten vor allem für Lehrer undSchüler auf.ERedaktion: Dr. Christina Beck | Text: Ute Hänsler | Gestaltung: www.haak-nakat.de | Weitere Exemplare können Sie kostenlos anfordern: Max-Planck-Gesellschaft, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Hofgartenstraße 8, 80539 München, e-mail: presse@mpg-gv.mpg.de

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