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Droht die Abschaffung der Physik in der Schule?

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•fonnel" ist ke<strong>in</strong>e Persiflage, son<strong>der</strong>n Visiondes <strong>Physik</strong>ers.• Auch <strong>die</strong> Chemie beschäftigt sich mite<strong>in</strong>er riesigen Fülle von Ersche<strong>in</strong>ungen, aber<strong>die</strong> Breite ihres Phänomenbereiches ist erheblichger<strong>in</strong>ger: Stoffe und Stoffumwandlungen.Und im Zentrum <strong>der</strong> Erklärung stehen<strong>die</strong> Modelle, <strong>die</strong> man sich von den Bauste<strong>in</strong>en<strong>der</strong> Materie macht und <strong>der</strong>en differenzierteAnwendung zur Beschreibung undVorhersage von Ersche<strong>in</strong>ungen.Differenzierung als Kulturleistung <strong>der</strong> Neuzeit.Es gehört zu den Kulturleistungen <strong>der</strong>Neuzeit, Naturersche<strong>in</strong>ungen unter je verschiedenenBlickw<strong>in</strong>keln - etwa <strong>Physik</strong>,Chemie und Biologie - zu sehen. Die Konzentrationauf e<strong>in</strong>zelne Aspekte erleichtertdas Denken und V erstehen und schafft erst<strong>die</strong> Voraussetzungen für das Erkennen komplexerZusammenhänge auf e<strong>in</strong>er höherenStufe. Nicht <strong>die</strong> Zusammenfassung <strong>die</strong>serAspekte ist heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> Forschung angesagt,son<strong>der</strong>n das Gegenteil, <strong>die</strong> weitere Spezialisierung!Nur auf <strong>der</strong> Basis fun<strong>die</strong>rten Wissens<strong>der</strong> Spezialisten ist e<strong>in</strong>e verantwortungsvolleEntscheidung aller gesellschaftlichenKräfte über zukünftige Entwicklungenmöglich.Pädagogische Dimensionen. Schüler verstehensich oft entwe<strong>der</strong> als "Chemiker", als"<strong>Physik</strong>er" o<strong>der</strong> "Biologe", und nicht nursie! Gegenstand und Methoden <strong>der</strong> Fächers<strong>in</strong>d <strong>der</strong>art spezifisch, daß sich nur wenigeMenschen <strong>die</strong>sen mit gleicher Intensität widmenkönnen und mögen. Die Schüler müssen<strong>die</strong> Gelegenheit erhalten, den "<strong>Physik</strong>er","Chemiker" o<strong>der</strong> "Biologen" <strong>in</strong> <strong>der</strong> Persondes kompetenten Fachlehrers vor sich zuhaben und den "Spezialisten" <strong>in</strong> sich zu entdeckeno<strong>der</strong> für sich abzulehnen.E<strong>in</strong> pädagogischer Aspekt muß h<strong>in</strong>zugefügtwerden: Die Heranwachsenden brauchen alsLehrer, vor allem aber als Identifikationsfigur,kompetente Erwachsene. Nicht je<strong>der</strong>Schüler soll jeden Lehrer "lieben und verehren",aber <strong>die</strong> <strong>Schule</strong> muß den jungen Menschene<strong>in</strong>e breite Palette von Erwachsenenmit unterschiedlichen menschlichen Eigenschaften,aber vor allem auch höchster fachlicherKompetenz anbieten, <strong>die</strong> als Möglichkeit,vielleicht sogar als Leitbild des Erwachsenwerdenserlebt werden können.E<strong>in</strong>e hochentwickelte Zivilisation mußjedem Mitglied <strong>die</strong> Chance geben, nebendem allgeme<strong>in</strong>en Wissens- und Könnensrüstzeugirgend etwas Bestimmtes beson<strong>der</strong>sgut zu wissen o<strong>der</strong> zu beherrschen.Schulische Erziehung muß jedem Schüler<strong>die</strong> Gelegenheit bieten, ja be<strong>in</strong>ahe von ihmfor<strong>der</strong>n, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bereichen hervorragendeLeistungen zu erbr<strong>in</strong>gen; das Fach <strong>Physik</strong>gehört zu <strong>die</strong>sen Bereichen. Überall nurM<strong>in</strong>destanfor<strong>der</strong>ungen zu erfüllen, ist zuwenig!900Kann e<strong>in</strong> Schulfach "Naturwissenschaften"<strong>die</strong>sen Ansprüchen gerechtwerden?Schon vom Ansatz her bedeutet <strong>die</strong>ses Fache<strong>in</strong>en Rückschritt h<strong>in</strong> zur Naturlehre o<strong>der</strong>Naturkunde. Vor mehr als 100 Jahren ware<strong>in</strong> Fortschritt, was heute e<strong>in</strong> Rückschrittwäre: "In dem naturkundlichen Unterricht<strong>der</strong> <strong>Schule</strong> mit e<strong>in</strong>em o<strong>der</strong> zwei Lehrern s<strong>in</strong>d<strong>die</strong> Schüler zu e<strong>in</strong>em annähernden Verständnis<strong>der</strong>jenigen Ersche<strong>in</strong>ungen zu führen,welche sie täglich umgeben." Die Vennittlungvon nützlichen Kenntnissen ("Realien")für Industrie und Gewerbe war damals dasUnterrichtsziel.Fehlende Kompetenz. Oberflächliche und <strong>in</strong>weiten Bereichen unsichere, weil <strong>in</strong>kompetenteLehrangebote werden dem Schüler e<strong>in</strong>geradezu gefährliches Bild heutiger Wissenschaftvennitteln. Nur e<strong>in</strong>e exemplarischeVertiefung, wie sie nur e<strong>in</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Fachausgebildeter Lehrer se<strong>in</strong>en Schülern bietenkann und muß, verschafft den Schülern e<strong>in</strong>enE<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> <strong>die</strong> Komplexität und <strong>die</strong> Reichweite<strong>der</strong> <strong>Physik</strong> und zeigt ihren Aspektcharakter.Erst auf <strong>die</strong>ser Basis können solcherartgebildete Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zubrennenden Gegenwartsfragen Stellung beziehen!We<strong>der</strong> gibt es e<strong>in</strong>e Ausbildung zum "Lehrerfür Naturwissenschaften", noch ist e<strong>in</strong>e solchefun<strong>die</strong>rt denkbar, es sei denn, man ist gewillt,das Niveau <strong>der</strong> Sachkundelehrer <strong>der</strong>Grundschule <strong>in</strong> <strong>die</strong> Mittelstufe zu tragen. Beiden Bemühungen um Fortbildung <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong>nenund Lehrer s<strong>in</strong>d erschreckende Beispielevon Inkompetenz <strong>der</strong> "Ausbil<strong>der</strong>" zubeobachten, wenn sie Fachgrenzen überschreiten!Abbau <strong>der</strong> Naturwissenschaften <strong>in</strong> <strong>der</strong><strong>Schule</strong>. Die Hoffnung, das Schulfach Naturwissenschaften,das alle Unterrichtsstundenvon <strong>Physik</strong>, Biologie und Chemie erhält, alsRahmenplan Naturwissenschaften Sekundarstufe I (Hessen)Hauptfach zu etablieren, wird trügen. Bereits<strong>die</strong> Kollegen <strong>der</strong> klassischen Hauptfächerwerden sich dagegen wehren, da sie schonjetzt weniger Unterrichtsstunden haben.Ganz zu schweigen von den Versuchungen,denen <strong>die</strong> Kultusm<strong>in</strong>isterien erliegen werden:kostengünstige Reduzierung auf zunächst3, dann 2 Wochenstunden pro Schuljahr!Beispielsweise werden <strong>in</strong> Bayern mit<strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung des neuen Hauptschullehrplans<strong>die</strong> drei Fächer zu e<strong>in</strong>em Fach zusammengelegt,wobei <strong>die</strong> Stundenzahl nicht <strong>der</strong>Summe <strong>der</strong> vorher vorgesehenen Stundenzahl<strong>der</strong> drei Fächer entspricht!Der Schritt ist dann nicht mehr weit, auch <strong>in</strong><strong>der</strong> Oberstufe nur noch e<strong>in</strong> Fach "Naturwissenschaften"e<strong>in</strong>zurichten und auf <strong>die</strong>seWeise weitere LehrersteIlen e<strong>in</strong>zusparen.Zeitgemäßer <strong>Physik</strong>unterrichtNaturkunde wird den Problemen und Herausfor<strong>der</strong>ungenunserer Zeit nicht gerechtwerden. Mo<strong>der</strong>ner <strong>Physik</strong>unterricht muß <strong>in</strong>pädagogisch begründeten und <strong>in</strong> s<strong>in</strong>nvollund gezielt ausgewählten Schritten an denErkenntnisprozeß <strong>der</strong> heutigen <strong>Physik</strong> heranführen.E<strong>in</strong> solcher Unterricht hat auch Elemente<strong>der</strong> Lebenswelt <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen undSchüler zu <strong>in</strong>tegrieren und wird <strong>die</strong>se kompetentund wirkungsvoll behandeln; <strong>die</strong>s geschiehtbereits vielerorts. Im richtig verstandenen<strong>Physik</strong>unterricht wird dadurch verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t,beispielsweise das Mikroskop nur zubehandeln, weil es dem Zweck <strong>der</strong> Vergrößerungbiologischer Objekte <strong>die</strong>nt. DieL<strong>in</strong>se ist nicht <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> Optik, son<strong>der</strong>nsie ist e<strong>in</strong>e mögliche technische Realisierung<strong>der</strong> Erkenntnis, das Licht und Glas <strong>in</strong> bestimmterWeise mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> wechselwirken.Um <strong>die</strong>ser Erkenntnis willen treiben wir<strong>Physik</strong>, und <strong>die</strong>ser Erkenntnisprozeß ist sehrviel spannen<strong>der</strong> als <strong>der</strong> Strahlengang im Mikroskop!Bereits zum Ende <strong>der</strong> Mittelstufe muß <strong>die</strong>VieHal <strong>der</strong> .l..ebewesen und EvolutionSexualität des Menschen -Zusammenleben <strong>der</strong> GeschlechterBedrohte LebensräumeE<strong>in</strong>fache WerKzeuge und Masch<strong>in</strong>enEnergie und UmweltFossile und nachwachsende RohstoffeGene - Vergangenheit und Zukunft desLebensGesundheit / KrankheitGrundchemikalien tür Industrie undHaushaltLandwirtschaft und NahrungsmittelproduktionModelle, Symbole, Formeln - <strong>die</strong> naturwissenschaftlicheSicht <strong>der</strong> WeltNaturWissenschaft und GesellschaftPhys. BI. 53 (1997) Nr. 9

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