MCBS ClubInfo 01-2010 - Marketing-Club Braunschweig
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dr. eike wenzel: wie wir morgen leben und konsumieren werden<br />
„lineare modelle haben ausgedient“<br />
Spaß an spannenden Abenteuern, Adrenalinkick inklusive. Sport, Gesundheit und gutes Aussehen als wichtige Prioritäten: Bei dieser<br />
Aufzählung denkt man an Jugendliche und junge Erwachsene. Doch es ist die Charakterisierung der „Greyhopper“: einer Zielgruppe,<br />
über 55 Jahre alt, die sich bewusst von lange gelebten Kontinuitäten und Gewissheiten löst und noch einmal ein neues Leben beginnt.<br />
Rund 6,1 Millionen „Greyhopper“ werde es im Jahr 2020 geben, prophezeite Trend- und Zukunftsforscher Dr. Eike Wenzel Mitte Januar.<br />
In einer Gemeinschaftsveranstaltung mit der Kaufmännischen Union stellte er elf Lebensstile vor, die 2020 weit verbreitet sein werden.<br />
Seine Botschaft: Das <strong>Marketing</strong> muss sich von isolierten Parametern wie Alter, sozialem Status und Einkommen verabschieden.<br />
Nur dann wird es der zukünftigen Dynamik des Werte- und Konsumwandels gerecht werden.<br />
Welche sozialen Muster, welche Lebens- und Arbeitsweisen sind<br />
wegweisend für die Gesellschaft von morgen? Mit der Analyse<br />
klassischer Milieus oder den Statistiken der Marktforschung lasse<br />
sich dazu nicht allzu viel sagen, so Wenzel. Denn das Zeitalter<br />
der biografi schen Befreiung, der Multigrafi e, habe begonnen.<br />
Die gesellschaftliche Komplexität und die heutigen Biografi en<br />
mit vielen Brüchen passten nicht mehr in die alten Muster der<br />
Normalbiografi e. Gemeinsam mit Kollege Oliver Dziemba hat<br />
der Mitgeschäftsführer des Zukunftsinstituts Kelkheim zahlreiche<br />
Interviews geführt. Fragestellung: In welchen Situationen<br />
befi nden sich Menschen, und welche innovativen Strategien<br />
entwickeln sie, um darauf zu reagieren? Daraus leiteten die<br />
beiden elf Lebensstile ab, die an Bedeutung gewinnen werden.<br />
Zum Beispiel die Latte macchiato-Familie: „urbane Hedonisten<br />
mit Kids“. Charakteristisch für diese Jung-Familien sei, dass sie<br />
ihren gewohnten urbanen Lebensstil (Latte macchiato im Straßencafé,<br />
Pizzaservice, Starbucks, Cocktailbar) ins Familienleben<br />
übernähmen. „Sie leben bewusst in der Stadt, sind offen für<br />
technologische Innovationen und zahlen für Qualität, Funktionalität<br />
und Design gerne auch mal mehr.“<br />
Für die „Young Globalists“ hingegen sind Job und Karriere zentral<br />
im Leben. Sie begreifen sich als Elite und fi nden Selbstbestätigung<br />
durch berufl iche Selbstverwirklichung – wo immer es<br />
sie hinverschlägt: transnational, weltweit. Auf ihrem straighten<br />
Karriereweg seien sie jedoch keineswegs emotional kalte „Ego-<br />
Karrieristen“, die nur auf ihren fi nanziellen Vorteil aus sind.<br />
Als jüngste Zielgruppe stellte Wenzel die „CommuniTeens“ vor.<br />
Für sie ist die virtuelle Welt keine Welt, in die sie fl üchten. Das<br />
Internet ist vielmehr ein Hilfsmittel, um die Kontakte und Bekanntschaften<br />
aus dem realen Leben zu ordnen, zu verwalten<br />
und zu pfl egen. Sie haben einen ausgeprägten Familien- und<br />
Gemeinschaftssinn und suchen durch intensives Networking<br />
Rückhalt in tiefer gehenden sozialen Beziehungen.<br />
Eine Zielgruppe, die zwischen den Stühlen sitzt, sind hingegen<br />
die „Inbetweens“. Durch ihren holperigen und verzögerten Berufseinstieg<br />
(Praktika, befristete Verträge, Projektarbeit) leben<br />
sie in einem Zustand permanenter Mobilität und Umorientierung.<br />
Ihr Hin- und Herpendeln zwischen verschiedenen Lebenssituationen<br />
und Identitätsentwürfen strapaziert auch ihre privaten<br />
Beziehungen, die somit ebenfalls häufi g wechseln.<br />
Als weitere Zielgruppen stellte der Zukunftsforscher die Super-<br />
Daddys, Tiger-Ladys, Netzwerk-Familien, Very-Important-Baby-<br />
Familien, Super-Grannys und Silverpreneure vor. Letztere diskutieren<br />
nicht über die Rente mit 67. „Sie machen einfach weiter<br />
wie bisher, weil sie Arbeit nicht als täglichen Frondienst erleben.<br />
Arbeiten, auch ehrenamtlich, ist für sie teilhaben an der<br />
Welt und an sozialen Zusammenhängen. Zudem nutzen sie begeistert<br />
das Internet. Viele von ihnen beginnen auch ein Seniorenstudium.“<br />
Neben diesen Typologien riet der Chefredakteur des Zukunftsletters,<br />
auch eine weitere Zielgruppe in den Blick zu rücken: die<br />
LOHAS (Abkürzung für „Lifestyle of Health and Sustainability“),<br />
ein Lebensstil für Gesundheit und Nachhaltigkeit. „LOHAS sind<br />
nicht konsumfeindlich, aber sie treten ebenso für eine gesunde,<br />
ernährungsbewusste Lebensweise ein – und für den Konsum<br />
hochwertiger Produkte, die unter nachvollziehbaren und akzeptablen<br />
Produktions- und Arbeitsbedingungen entstanden sind.<br />
Die Entwicklung in der Gesellschaft ist deutlich: von der Pfl ichtkultur<br />
über den Hedonismus hin zu den LOHAS. Die Märkte von<br />
morgen sind die Sinnmärkte.“<br />
Sein Fazit: „Ein Massenpublikum anzusprechen, wird immer<br />
schwieriger. Lineare Modelle haben ausgedient. Dieser Herausforderung<br />
muss sich das <strong>Marketing</strong> stellen.“<br />
Weitere Informationen: www.eikewenzel.de<br />
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