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6.2 Auf dem Weg zur Überwindung der mittelbaren ... - IG Metall

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Querschnittsthemen Seite 249Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong><strong>6.2</strong><strong>Auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zur</strong> Überwindung <strong>der</strong><strong>mittelbaren</strong> Diskriminierung in denTarifverträgen <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>- und Elektroindustriein Baden-WürttembergReferenteninfo AE 3 / von Walter BerausDie tarifvertragliche Entgeltdifferenzierung ist das Resultat von politischen Aushandlungsprozessen,bei denen Interessen und letztendlich Wertvorstellungeneine Rolle spielen. Insoweit kann eine mittelbare Diskriminierung in Einzelfällendurch Tarifverträge nicht ganz ausgeschlossen werden. <strong>Auf</strong>gabe <strong>der</strong> Tarifvertragsparteienist es jedoch, Diskriminierungspotenziale vom Grundsatz her nach Möglichkeitauszuschließen. Dafür haben sich die Frauen immer eingesetzt. Die betrieblicheUmsetzung ist von den Tarifvertragsparteien nur insoweit zu beeinflussen,in<strong>dem</strong> sie den Betriebsparteien Vorschriften auferlegen, die eine an<strong>der</strong>eAuslegung <strong>der</strong> Tarifverträge weitgehend verhin<strong>der</strong>t.Geltende TarifverträgeAnhand von Beispielen aus drei Tarifverträgen soll deutlich gemacht werden, dasses historisch gewachsen durchaus Bestimmungen in den geltenden Tarifverträgenin <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg gab und gibt, die mittelbardiskriminierenden Charakter haben können. Auch wenn sich bei einer Gesamtbetrachtung(Grundlohn und Leistungsentgelt) das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong> relativiert.BeispielBeispiel ManteltarifvertragBis 1979 gab es eigenständige Manteltarifverträge für Arbeiter und Angestellte. Mit<strong>der</strong> Überarbeitung und Zusammenführung <strong>der</strong> beiden Manteltarifverträge zu einemManteltarifvertrag für Beschäftigte 1987 wurde <strong>der</strong> erste gemeinsame Manteltarifvertragin <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>- und Elektroindustrie geschaffen. Seit dieser Zeit wird beije<strong>der</strong> Neuverhandlung bei Tarifverträgen sprachlich <strong>der</strong> geschlechtsneutrale Begriff„Beschäftigte“ soweit wie möglich verwendet.BeispielBeispiel Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I(LGRTV I) Nordwürttemberg/NordbadenMit <strong>der</strong> Zusammenführung <strong>der</strong> Lohn- und Gehaltsrahmentarifverträge 1988 zumLGRTV I wurden die Bestimmungen für alle Beschäftigtengruppen zusammengeführt.Allerdings gelten noch heute die wesentlichen Unterschiede weiter fort.© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 250Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>So wird weiterhin unterschieden bei <strong>der</strong> Bezahlung zwischen kaufmännischen undtechnischen Angestellten und gewerblich Beschäftigten. Bei den gewerblichBeschäftigten gibt es darüber hinaus auch die Möglichkeit <strong>der</strong> Anwendung einesanalytischen Arbeitsbewertungssystems o<strong>der</strong> summarischen Arbeitsbewertungssystems.Für die Bezahlung einer Arbeitsaufgabe, bei <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Regel eine Berufsausbildungvorausgesetzt wird, hat dies folgende Konsequenzen (Tabellenwerte2004):Beschäftigtenjahr *1 K 2 T 2 Analytik *2AWG 6 und 7Summarik *3LG 7 und 81. Beschäftigungsjahr 1.779,73 € 2.010,29 € 1.823,10 € 1.823,10 €2. Beschäftigungsjahr 1.874,69 € 2.122,28 € 1.932,89 € 1.948,25 €3. Beschäftigungsjahr 1.972,96 € 2.235,36 €4. Beschäftigungsjahr 2.092,64 € 2.354,49 €*1 Bei betriebsdurchschnittlich abgesicherter Leistungszulage von 10 %*2 und *3 Bei betriebsdurchschnittlich abgesicherter Leistungszulage von 16 % im Zeitlohn und inNW/NB ein Verdienstgrad im Leistungslohn von 130 %Die Gegenüberstellung <strong>der</strong> entsprechenden Gehaltsgruppen zu <strong>der</strong> Arbeitswertgruppe7 bzw. Lohngruppe 8 unterstellt, dass mit den Beschäftigtenjahren imAngestelltenbereich eine Berufserfahrung bis 1 Jahr bereits abgegolten ist. Dasheißt zum Beispiel, dass Sekretariatsaufgaben geringer bezahlt werden alsvergleichbare technische <strong>Auf</strong>gaben.Mit <strong>der</strong> Vereinbarung des LGRTV I konnte allerdings ein erster Schritt <strong>zur</strong> Abschaffungmittelbar diskriminieren<strong>der</strong> Bestimmungen in <strong>der</strong> analytischen Arbeitsbewertungerreicht werden. Der Wichtefaktor des Bewertungsmerkmals „Belastung<strong>der</strong> Sinne und Nerven“ (Anfor<strong>der</strong>ungen an die Konzentration/Monotonie) wurdevon 0,8 auf 0,9 erhöht. In einer insbeson<strong>der</strong>e von den Frauen initiierten und gepuschten,sich daran anschließenden Höhergruppierungsaktion „<strong>Auf</strong> geht`s! Raufgeht`s!“ konnte in vielen Betrieben eine Höhergruppierung bei frauentypischenArbeitsplätzen durchgesetzt werden.Interessanterweise ist es <strong>dem</strong> Arbeitgeberverband aber in vielen Betriebengelungen, die Höhergruppierung mit <strong>der</strong> Begründung „Monotonie“ zu verhin<strong>der</strong>n.Den Betriebsräten war letztendlich die Höhergruppierung wichtiger als die Bewertungsbegründung,so dass die Höhergruppierung über an<strong>der</strong>e Bewertungsmerkmalebegründet wurde.Die Abgeltung von BelastungenBelastungen werden heute bei den Angestellten nicht geson<strong>der</strong>t bezahlt, son<strong>der</strong>nsind mit <strong>dem</strong> Gehalt abgegolten, das heißt, unterschiedliche Belastungen werdeneinheitlich bezahlt bzw. nicht bezahlt.© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 251Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>Im gewerblichen Bereich wird unterhalb <strong>der</strong> Ecklohngruppe in <strong>der</strong> Regel unterschiedenin geringe, mittlere, erschwerende Belastungen. Ab <strong>dem</strong> Eckentgelt wirdnur noch unterschieden in erschwerende und beson<strong>der</strong>s erschwerende Belastungen.Die Abgeltung erfolgt über höhere Lohngruppen.BeispielBeispiel LGRTV I Nordwürttemberg/Nordbaden:• Lohngruppe 3Arbeiten mit geringen Belastungen, die ohne jegliche Ausbildung nach kurzerEinarbeitungszeit ausgeführt werden könneno<strong>der</strong>Arbeiten <strong>der</strong> Lohngruppe 2, jedoch mit mittleren Belastungeno<strong>der</strong>Arbeiten <strong>der</strong> Lohngruppe 1, jedoch mit erschwerenden Belastungen.• Lohngruppe 7Arbeiten, die neben beruflichen Fertigkeiten und Berufskenntnissen einenAusbildungsstand erfor<strong>der</strong>n, wie er entwe<strong>der</strong> durch eine fachentsprechendeBerufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>eWeise erworben wirdo<strong>der</strong>Arbeiten <strong>der</strong> Lohngruppe 6, jedoch mit erschwerenden Belastungen.BeispielBeispiel LGRTV I Südwürttemberg-Hohenzollern:Dieser Tarifvertrag wurde deshalb ausgewählt, da hier exemplarisch die Abgeltung<strong>der</strong> Belastungsart „Lärm“ konkret geregelt ist und zu<strong>dem</strong> die Bewertungsbegründungbei einer fachlich richtig durchgeführten Lärmmessung keine subjektivenBewertungen zulässt.Beispiel: Beschäftigte sind z. B. auf Grund <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitsaufgabein die Lohngruppe 1 eingruppiert. Wenn aber bei <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Arbeit erschwerendeBelastungen vorliegen, z. B. eine Lärmbelastung von über 82 dB(A),werden diese Beschäftigten in die Lohngruppe 2 eingruppiert. Das heißt, siebekommen nicht das Entgelt <strong>der</strong> Lohngruppe 1 (1.550,26 €), son<strong>der</strong>n das Entgelt<strong>der</strong> Lohngruppe 2 (1.550,26 €).Die beson<strong>der</strong>s erschwerenden Belastungen durch Lärm führen zu einer Entgelterhöhungvon 0 €, da im Rahmen <strong>der</strong> Anhebung <strong>der</strong> unteren Lohngruppen <strong>der</strong>Geldbetrag <strong>der</strong> Lohngruppe 1 auf den Geldbetrag <strong>der</strong> Lohngruppe 2 angehobenwurde.Beschäftigte sind auf Grund <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe in die Lohngruppe9 eingruppiert. Wenn aber bei <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Arbeit erschwerendeBelastungen vorliegen, z. B. eine Lärmbelastung von über 82 dB(A), werden diese© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 252Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>Beschäftigte in die Lohngruppe 10 eingruppiert. Das heißt, sie bekommen nichtdas Entgelt <strong>der</strong> Lohngruppe 9 (2.178,27 €), son<strong>der</strong>n das Entgelt <strong>der</strong> Lohngruppe10 (2.413,23 €).Die erschwerenden Belastungen führen zu einer Entgelterhöhung von 234.96 €.Beschäftigte in <strong>der</strong> Lohngruppe 9 erhalten nach Tarifvertrag für die gleich hohenBelastungen 234,96 € mehr als Beschäftigte in <strong>der</strong> Lohngruppe 1.Bedenkt man nun weiterhin, dass sich das Leistungsentgelt prozentual auf dieLohngruppe bezieht, so wird die Differenz bei <strong>der</strong> Bezahlung je nach Lohngruppenoch größer. (Da Beschäftigte in den unteren Lohngruppen eher im Leistungslohnmit entsprechend hohen Verdienstgraden arbeiten und Beschäftigte in den hohenLohngruppen im Zeitlohn, relativiert sich dieses allerdings wie<strong>der</strong>.)Grund für die ungleiche Bezahlung <strong>der</strong> Belastung ist die Abgeltung über zusätzlicheLohngruppen bei gleichzeitig gewolltem progressiven Lohnschlüssel.Die EU-rechtlichen Anfor<strong>der</strong>ungenan Arbeitsbewertungssysteme und <strong>der</strong>ERA-TVIm Wesentlichen werden vier Anfor<strong>der</strong>ungen an Arbeitsbewertungssystemegestellt.EU-rechtliche Anfor<strong>der</strong>ungen- Systeme beruflicher Einstufung - Transparenz Anwendungvon Kriterien(Bewertungsmerkmale)Anfor<strong>der</strong>ungenan die Einstufung Auswahl <strong>der</strong>Kriterien(Bewertungsmerkmale) BeschaffenheitdesGesamtsystems© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 253Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>1. TransparenzEU-rechtliche Anfor<strong>der</strong>ungen- Systeme beruflicher Einstufung - Transparenz Welche Anfor<strong>der</strong>ungenaus <strong>der</strong> Arbeitsaufgabewerden berücksichtigt? Differenzierungskriterienfür Entgeltunterschiedeund ihre Anwendungmüssen erkennbar sein! Stufenwertzahlverfahren Ermittlung d. Belastungszulage verbindliche TarifbeispieleIm ERA-TV wurde geregelt, dass die Bewertung <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe (Einstufung)und <strong>der</strong> Grundentgeltanspruch <strong>der</strong> Beschäftigten (heute Eingruppierung <strong>der</strong>Beschäftigten) nicht auseinan<strong>der</strong>fallen kann.Bewertung und das Entgelt ergeben sich allein aus <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe. Diese wirdzunächst ganzheitlich betrachtet. Bewertungsrelevant sind diejenigen Teilaufgaben,die wertigkeitsprägend sind (auf die es bei <strong>der</strong> Arbeitsaufgabe ankommt).Im Stufenwertzahlverfahren sind alle Bewertungsmerkmale und ihre Ausdifferenzierungdefiniert. In den 122 vereinbarten Tarifbeispielen ist die Anwendung (Auslegung<strong>der</strong> Tarifvertragsparteien) dokumentiert. Das heißt für die Beschäftigten,denen die Definition <strong>der</strong> Bewertungsmerkmale zu abstrakt ist, dass sie sich ein Bilddurch Vergleich mit Beispielen machen können.Unter Hinzuziehung <strong>der</strong> Entgelttabelle ist somit für alle Beschäftigten nachvollziehbar,für welche Arbeitsaufgaben es wie viel Entgelt gibt.© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 254Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>BeispieleBeispieleBewertungsmerkmalBedienen vonGießanlagen(EG 2)– Stufe –Durchführen vonMontagenmit beschränktem Umfangin <strong>der</strong> Serienfertigung(EG 2)–Stufe –1.1 Anlernen 3 21.2 Berufsausbildung – –1.3 Berufserfahrung – –2. Denken 1 13. Handlungsspielraum 1 14. Kommunikation 1 15. Mitarbeiterführung – –BewertungsmerkmalRüsten und BedienenvonBearbeitungsmaschinen(EG 6)–Stufe –Durchführen vonvielseitigenVerwaltungsaufgaben(EG 6)–Stufe –1.1 Anlernen – –1.2 Berufsausbildung 1 11.3 Berufserfahrung 1 12. Denken 2 23. Handlungsspielraum 2 24. Kommunikation 2 25. Mitarbeiterführung – –BewertungsmerkmalInstandhalten vonelektrischen/elektronischen Anlagen(EG 7)–Stufe –Durchführen vonSekretariats-/Assistenzaufgaben(EG 7)–Stufe –1.1 Anlernen – –1.2 Berufsausbildung 2 21.3 Berufserfahrung 1 12. Denken 2 23. Handlungsspielraum 3 34. Kommunikation 2 25. Mitarbeiterführung – –© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 255Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>Die Ermittlung <strong>der</strong> Belastungszulage erfolgt ebenfalls über ein analytischesSystem, das aber letztendlich auch auf eine Gesamtbetrachtung <strong>der</strong> Belastungenje Belastungsart, die mit <strong>dem</strong> ERA-TV abgegolten werden, abstellt, da es häufigbei <strong>Auf</strong>treten mehrerer Belastungen zu einer höheren Gesamtbelastung kommenkann, da Belastungen sich gegenseitig verstärken.Für die Bewertung <strong>der</strong> Belastungen wurden keine Beispiele erstellt. Im Rahmeneiner Betriebsvereinbarung können jedoch die Betriebsparteien Beispiele <strong>zur</strong>Bewertung erstellen. Dies ist auch empfehlenswert, da hiermit die Transparenzsichergestellt werden kann. Hierbei ist beson<strong>der</strong>s darauf zu achten, dass frauentypischeBelastungen auch entsprechend bewertet werden.Mit <strong>der</strong> Abgeltung von Belastungen, soweit sie über eine mittlere Belastung hinausgehen(geringere Belastungen sind bereits mit <strong>dem</strong> Grundentgelt abegolten),kann eine Differenzierung in geringe und mittlere Belastungen nicht mehr erfolgen.Gerade über diese Differenzierung kam es in <strong>der</strong> betrieblichen Praxis zu mittelbarerDiskriminierung. Dies deshalb, da Arbeitsaufgaben, die überwiegend vonFrauen ausgeführt werden – öfter ohne nähere Betrachtung – als „leicht“ wahrgenommenwerden.Diese Regelung hat auch <strong>zur</strong> Folge, dass z. B. beim Belastungsabbau die Betroffenenin diesem Belastungsbereich keine Entgelteinbußen befürchten müssen.2. Die Auswahl <strong>der</strong> BewertungsmerkmaleEU-rechtliche Anfor<strong>der</strong>ungen- Systeme beruflicher Einstufung - Auswahl <strong>der</strong>Bewertungsmerkmale Gemeinsame Bewertungsmerkmale, die eine Diskriminierungauf Grund des Geschlechts ausschließen! Gebot <strong>der</strong> objektiven Differenzierungsmerkmale in Abhängigkeitvon <strong>der</strong> Art (an das Wesen) <strong>der</strong> auszuführenden Arbeitsaufgabe! Arbeitsbewertungssysteme müssen die gesamten Anfor<strong>der</strong>ungen<strong>der</strong> Arbeitsaufgabe wi<strong>der</strong>spiegeln!Um mittelbare Diskriminierung zu vermeiden, bedarf es eines Bewertungssystemsfür alle Beschäftigtengruppen. Bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Bewertungsmerkmale wurdedarauf geachtet, dass mit <strong>dem</strong> Bewertungssystem© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 256Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>• gewerbliche und Angestelltenarbeitsaufgaben gleichermaßen berücksichtigtwurden und• Arbeitsaufgaben, die eher von Frauen bzw. von Männern ausgeführt werden.Um das Bewertungssystem nicht undurchschaubar zu machen (Gebot <strong>der</strong> Transparenz),hat man sich auf die wesentlichen Bewertungsmerkmale beschränkt, diedie Arbeit in <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>- und Elektroindustrie bestimmen (Art <strong>der</strong> Arbeitsaufgaben).Dies hat <strong>zur</strong> Folge, dass es Randbereiche gibt, wo Arbeit im Betrieb als „mehrwert“ angesehen werden wird, z. B. die Arbeit einer Chefsekretärin.Bewertet werden mit <strong>dem</strong> Arbeitsbewertungssystem die klassischen Anfor<strong>der</strong>ungenaus Sekretariatsarbeiten. Das, was einer Chefsekretärin darüber hinaus abverlangtwird, ist dann über üt-Zulagen abzugelten.Dies ist die logische Konsequenz, wenn mehrere Grundsätze beachtet werdenmüssen, die sich in Teilbereichen wi<strong>der</strong>sprechen.3. Anwendung <strong>der</strong> BewertungsmerkmaleEU-rechtliche Anfor<strong>der</strong>ungen- Systeme beruflicher Einstufung - Anwendung <strong>der</strong>Bewertungsmerkmale Nicht nur die Vereinbarung diskriminierungsfreierBewertungsmerkmale ist entscheidend, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>en Anwendung! D. h. durch die Interpretation <strong>der</strong> Bewertungsmerkmale musssichergestellt sein, dass es keine Unterschiede gibt zwischenüberwiegend von Frauen und überwiegend von Männernausgeführten Arbeitsaufgaben!Wie bereits ausgeführt, wurde über den Tarifbeispielkatalog die Anwendung desStufenwertzahlverfahrens durch die Tarifvertragsparteien interpretiert.Im Betrieb muss darauf geachtet werden, dass im Rahmen von betrieblichenErgänzungsbeispielen bzw. bei <strong>der</strong> Bewertung konkreter Arbeitsaufgaben keinediskriminierende Auslegung erfolgt.MerkeDies bedeutet, dass bei <strong>der</strong> Besetzung von paritätischen Kommissionendarauf geachtet werden muss, dass alle Beschäftigtengruppen auch entsprechendvertreten sind.© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 257Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>4. Beschaffenheit des GesamtsystemsEU-rechtliche Anfor<strong>der</strong>ungen- Systeme beruflicher Einstufung - Beschaffenheitdes Gesamtsystems Nicht jedes Merkmal, son<strong>der</strong>n die Merkmale in ihrer Gesamtheitmüssen die gleiche Bezahlung gleichwertiger Arbeit gewährleisten! Wenn die Muskelbelastung als Bewertungsmerkmal verwendet wird,muss auch ein frauenspezifisches Merkmal verwendet werden! Der „Platz“ im Gesamtsystem wird durch die Gewichtung <strong>der</strong>Bewertungsmerkmale bestimmt!Das Bewertungsmerkmal „Belastung <strong>der</strong> Muskeln“ ist kein reines auf „Männerarbeit“bezogenes Merkmal, da es hierbei nicht nur um die Bewertung von„schwerer körperlicher Arbeit im Sinne von den ganzen Körper in Wallung bringen“geht, son<strong>der</strong>n auch um die Kraftanstrengung, z. B. bezogen auf die Finger.Überwiegend wird diese Belastungsart aber bei „Männerarbeit“ bewertungsrelevantsein.Das Bewertungsmerkmal „Belastung durch Reizarmut“ wird wohl eher bei „Frauenarbeit“bewertungsrelevant.(„Eine Belastung durch Reizarmut im Sinne dieses Tarifvertrages entsteht:• bei inhaltlich einförmigen, monotonen, sich ständig wie<strong>der</strong>holenden Arbeitenmit geringer Kraftanstrengung und hoher Reizarmut,• wenn am Arbeitsplatz die Möglichkeit zu sozialen Kontakten fehlt.“)Durch die gleiche Gewichtung <strong>der</strong> beiden Belastungsarten konnte auch hier tarifvertraglicheine mittelbare Diskriminierung ausgeschlossen werden.(Für beide Belastungsarten gibt es jeweils zwei bezahlungsrelevante Stufen mitjeweils einem Punkt pro Stufe. Je<strong>der</strong> Punkt führt zu 2,5 % des Entgeltbetrags <strong>der</strong>Entgeltgruppe 7.)© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08


Querschnittsthemen Seite 258Diskriminierung in den Tarifverträgen Teil <strong>6.2</strong>© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2004/08

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