13.07.2015 Aufrufe

Fallbeispiel „Kennzahlen“ Übungsaufgabe - IG Metall

Fallbeispiel „Kennzahlen“ Übungsaufgabe - IG Metall

Fallbeispiel „Kennzahlen“ Übungsaufgabe - IG Metall

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Fallbeispiel</strong> „Kennzahlen“ÜbungsaufgabeAusgangssituationIn einem Betrieb wurde vor 30 Jahren in der Produktion der Entlohnungsgrundsatz Akkordeingeführt.Im ersten Jahr gab es individuelle Verdienstgrade zwischen 125 % und 145 %. ImBetriebsdurchschnitt wurden 135 % erreicht. Diese individuellen Verdienstgrade haben zuAuseinandersetzungen darüber geführt, ob Beschäftigte – wie Vorgesetzte vermuteten –Leistung zurückhalten.Nach Gesprächen von Vorgesetzten mit Beschäftigten, die unter dem Durchschnitt lagen,wurde im zweiten Jahr ein durchschnittlicher Verdienstgrad von 134 % erreicht. Die Spanne derindividuellen Verdienstgrade lag zwischen 130 % und 142 %.Im dritten Jahr gab es keine Unterschiede mehr in den individuellen Verdienstgraden. Derbetriebliche Durchschnitt liegt seitdem bei 138 %.Was war geschehen?Beschäftigte, die über dem Betriebsdurchschnitt lagen, haben mit der Zeit festgestellt, dass einesolche Leistungsverausgabung auf Dauer ohne gesundheitliche Folgen nicht möglich ist undhaben – bei allen Verlockungen des Geldes – sich zurückgenommen.Diejenigen, die unter dem Durchschnitt lagen, haben sich entweder in einem anderen Bereichmit anderen Arbeitsaufgaben außerhalb der Produktion im Zeitlohn wiedergefunden oder habenihre Leistungsverausgabung erhöht, um dem Druck der Vorgesetzten zu entgehen.Neues LeistungsentgeltsystemMit der ERA-Einführung beabsichtigt der Arbeitgeber ein neues Leistungsentgeltsystemeinzuführen auf der Basis der Leistungsermittlungsmethode Kennzahlenvergleich, da derAkkord nicht mehr zeitgemäß sei, sondern ein Relikt aus dem vorigen Jahrhundert. Zudemmüsste die Qualität in den Vordergrund rücken.Seine Vorstellungen über das neue Leistungsentgeltsystem hat er im folgendenBetriebsvereinbarungsentwurf dem Betriebsrat mitgeteilt.Übungsaufgabe (25)3.2 Leistungsermittlungsmethode Kennzahlenvergleich© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2005/06


<strong>Fallbeispiel</strong> „Kennzahlen“1. GeltungsbereichArbeitgebervorschlag1.1 räumlichDie Regelungen dieser Betriebsvereinbarung gelten für …1.2 persönlichfür alle Beschäftigten der Produktion2. DatenermittlungDie Datenermittlung erfolgt nach der Refa-Methodenlehre.3. LeistungsmerkmaleEs kommt das Leistungsmerkmal Zeitersparnis bei Gutstück zur Anwendung.4. Leistung-Entgelt-RelationDie Leistung-Entgelt-Relation ergibt sich aus der Anlage 1.5. In-Kraft-Treten / KündigungDiese Betriebsvereinbarung tritt am … in Kraft. Sie kann mit einer Frist von6 Monaten, erstmalig zum … gekündigt werden.Ort, DatumGeschäftsleitungBetriebsratAnlageEntgelt-Leistung-Relation ZeitersparnisVerdienstgrad =VorgabeZeit – GebrauchteZeitIstZeit(Gutstück)• 0,88461538 • 100 %Aufgabenstellung:1. Welche grundsätzlichen Überlegungen muss sich der Betriebsrat bei der Neugestaltung desLeistungsentgeltsystems machen?2. Leistungsmerkmal:a) Worin bestand das alte Leistungsmerkmal?b) Was ändert sich hinsichtlich des Leistungsmerkmals im neuen System?3. Leistung-Entgelt-Relation:a) Wie sehen die alten faktischen Leistung-Entgelt-Relationen aus?b) Wie muss dementsprechend die Leistung-Entgelt-Relation aussehen, wenn sich nichtsändern sollte?c) Welche Begründung für den (kollektiven) Umrechnungsfaktor kannst du akzeptieren?d) Welche tatsächliche Leistung-Entgelt-Relation sollte angesichts der Ausgangslagevereinbart werden?4. Kann der Arbeitgebervorschlag akzeptiert werden und wenn ja, unter welchenBedingungen?Übungsaufgabe (25)3.2 Leistungsermittlungsmethode Kennzahlenvergleich© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2005/06


<strong>Fallbeispiel</strong> „Kennzahlen“Lösungshinweis1) Welche grundsätzlichen Überlegungen muss sich der Betriebsrat bei derNeugestaltung des Leistungsentgeltsystems machen?Es handelt sich um eine neue Betriebsvereinbarung auf Basis von ERA-TV und nicht auf Basisvon LRTV II. Es entfallen die alte Vereinbarung und all deren Regelungsgegenstände.Vorgaben werden neu festgelegt.Zur alten Situation in der Produktion:• Wer wird nach welchem Entgeltgrundsatz entlohnt? In der Produktion entsprechenddem Text alle Beschäftigte nach Leistungslohn• Wie werden Vorgaben bestimmt – und wie kommt es zum heutigen Leistungsentgelt?Der heutige Durchschnitt beruht auf einer Leistung, die sich im Laufe der Zeit (zum Teildurch Selektion und Druck) entwickelt hat. Dasselbe gilt für die einheitliche individuelleLeistung von 138 %. Die Vorgabe für die Menge hat sich vermutlich seit längerem nichtgeändert und wurde nicht neu ermittelt.• Auf der Basis welchen Grundlohns wird der Leistungslohn erzielt?Zur neuen Situation mit der neuen Betriebsvereinbarung:• Wie ist die neue Verdienstchance im Vergleich zur alten?• Welche neuen Leistungsanforderungen werden gestellt und was ist an den alten zukorrigieren?• Was muss alles über die Regelungspunkte des Arbeitgebervorschlages hinaus geregeltwerden?ooWie sieht die neue Datenermittlungsmethode aus oder werden Vorgaben direktvereinbart?Wie wird reklamiert?o Was passiert im Übergang zur neue Regelung (Sicherung des individuellenLeistungsentgelts für den Anfangszeitraum)oWie wird das Leistungsergebnis dokumentiert?• Wie ist das neue Grundentgelt?Übungsaufgabe (25)3.2 Leistungsermittlungsmethode Kennzahlenvergleich© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2005/06


<strong>Fallbeispiel</strong> „Kennzahlen“2) Zum Leistungsmerkmal, zu Leistung und LeistungsergebnisAkkord entspricht dem Leistungsmerkmal Menge/Zeit. Die Leistungskennzahl(VorgabeZeit/IstZeit oder IstMenge/VorgabeMenge) beinhaltet einen eingeschränktenLeistungsanreiz für Gutstück. Es ist hinterlegt, welche Zeiten im Zeitfaktor (VorgabeZeit bzw.IstZeit) enthalten sind (Datenermittlung). Für andere Zeiten wird Durchschnitt bezahlt.Das neue Leistungsmerkmal kombiniert Menge mit Qualität, in dem Entwurf des Arbeitgeberswird es „Zeitersparnis bei Gutstück“ genannt. Die Leistungskennzahl hat eine etwasmerkwürdige Form. Man kann sie aus der Leistung-Entgelt-Relation in der Anlage desEntwurfes entnehmen:(VorgabeZeit – GebrauchteZeit)/ IstZeit(GutStück).Mit dem Arbeitgeber ist zu klären, was die GebrauchteZeit von der IstZeit(Gutstück)unterscheidet und wie die VorgabeZeit entsteht. Es ist also die Datenermittlungsmethodespezifischer als „nach Refa“ zu bestimmen. Untere anderem zu folgenden Fragen• Zeitaufnahme?• Was geht in die Zeit jeweils ein?• Was sind Gutstück?Hinweis:Sollte mit VorgabeZeit die alte VorgabeZeit gemeint sein, so berücksichtigt diese nicht, dass nurGutstücke gezählt werden. Die IstZeit(GutStück) ist dann in der Regel länger als dieGebrauchteZeit oder IstZeit(ohne Berücksichtigung von „Gutstück“). Das Leistungsergebniswird niedriger ausgewiesen als früher, obwohl es gleich geblieben ist.3) Zur Leistung-Entgelt-RelationDie alte Leistungsentgeltrelation war:Verdienstgrad = VorgabeZeit/IstZeit = IstMenge/VorgabeMenge (Verdienstgrad über 100 %)oderLeistungsentgelt in % = (VorgabeZeit – IstZeit)/ IstZeit (Leistung von 0 bis … %)Die neue Leistung-Entgelt-Relation:Sie müsste die Umwandlung von Leistungsentgelt in Grundentgelt sinnvoll berücksichtigten.Wenn alles normal verlaufen ist (sich nichts ändern soll)bei der Grundentgeltfindung kann mansich an § 3.4.2.1 ETV-ERA „Umrechnung der Durchschnitte“ anlehnen:Der neue (kollektive) Leistungsentgeltdurchschnitt ist 115/130 * 138 – 100 % = 22,08 %.Welche Leistung-Entgelt-Relation tatsächlich vereinbart wird, kann erst entschieden werden,wenn klar ist, wie sich das neue Leistungsergebnis im Vergleich zum alten bei vergleichbarerLeistung berechnet. Dann kann der Faktor festgelegt werden zwischen Leistungsentgelt undÜbungsaufgabe (25)3.2 Leistungsermittlungsmethode Kennzahlenvergleich© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2005/06


<strong>Fallbeispiel</strong> „Kennzahlen“Leistungsergebnis. Außerdem ist zu prüfen, ob nicht ein Leistungsentgeltkorridor vonbeispielsweise 10% bis 30% angesichts der Erfahrungen in der Vergangenheit vereinbartwerden sollte.Akzeptanz für den ArbeitgebervorschlagDer Faktor von 0,88461538 besticht durch seine Genauigkeit. Er ist gleich dem Bruch 115/130.Ein Leistungsergebnis nach der AkkordkennzahlVorgabeZeit/IstZeitwürde also zu folgendem Leistungsentgelt (in Verdienstgrad ausgedrückt – weil über 100)führen:LeistungsergebnisVerdienstgrad100% 88,46 %113% 99,96 %130 % 115,00 %138% 122,08 %145% 128,27 %Ein solcher Faktor ist offensichtlich nur in der Nähe des jetzigen Durchschnitts von 138 %, zumBeispiel oberhalb 130 % (Akkord)-Leistung akzeptabel. Sonst sollten besser die Regeln vonETV-ERA § 3.4.2.3 angewandt werden.Wenden wir jetzt die in der Anlage angegebene „merkwürdige“ Kennzahl an (verzichtenallerdings auf „Gutstück“). Die Kennzahl lautet(VorgabeZeit – IstZeit)/ IstZeitMultiplizieren wird dieses Leistungsergebnis mit 115/130 oder 0,88…und ebbes so ergibt sichfolgende Tabelle:Leistungsergebnis Leistungsentgelt %0 %13 %30 %38 %45 %0,0011,5026,5433,6239,81Akzeptabel, oder?Man bedenke, dass die obere Grenze des Leistungsentgelts 30% vom Grundentgelt beträgt.Übungsaufgabe (25)3.2 Leistungsermittlungsmethode Kennzahlenvergleich© <strong>IG</strong>M ERA-Wissen 2005/06

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!