Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen

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Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt BremenOVG: 1 B 50/08(VG: 4 V 349/08)BtBeschlussIn der Verwaltungsrechtssachehat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch den Richter Stauch,die Richterin Dreger und den Richter Göbel am 07.02.2008 beschlossen:I .Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,00 Eurofestgesetzt.G r ü n d e :Der Antragsteller befindet sich im Abschiebungsgewahrsam der Antragsgegnerin. Die Frage, ob einepsychische Erkrankung seiner Abschiebung nach Österreich oder in die Türkei entgegensteht, istGegenstand eines Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (4 V 281/08), in dem eine Entscheidungnoch nicht ergangen ist. In einem weiteren Verfahren hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerinmit Beschluss vom 06.02.2008 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, demPsychotherapeuten G. zum Zweck einer psychiatrischen Untersuchung des Antragstellers am Freitag,den 08.02.2008, um 9.00 Uhr Zugang zum Polizeigewahrsam zu gestatten, in dem dieAbschiebungshaft vollstreckt wird. Dagegen richtet sich die heute erhobene Beschwerde derAntragsgegnerin.II.Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die einstweilige Anordnung zu Rechterlassen. Die Darlegungen der Antragsgegnerin, auf deren Überprüfung das Oberverwaltungsgerichtbeschränkt ist, rechtfertigen keine andere Entscheidung.Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes den Abschiebungsgewahrsam vom 04.12.2001 (BremGBl S. 405 –SaBremR 26-a-2) dürfen Personen, die sich in Abschiebungshaft befinden, nur die Beschränkungenauferlegt werden, die der Zweck der Abschiebungshaft oder die Sicherheit oder Ordnung derGewahrsamseinrichtung erfordern. Für das Besuchsrecht wird dieser Grundsatz in § 6 des Gesetzeskonkretisiert. Danach dürfen Abschiebungshäftlinge Besuch empfangen (§ 6 Satz 1). Einschränkungensieht das Gesetz nur hinsichtlich der Modalitäten vor. Nach Satz 2 kann ein Besuch aus Gründen derSicherheit von einer Durchsuchung des Besuchers abhängig gemacht werden. Der Verweis auf nähereRegelungen in einer Gewahrsamsordnung (Satz 3) ermächtigt nicht zu Einschränkungen desBesuchsrechts als solchem, sondern lediglich dazu, seine „Ausgestaltung … (beispielsweise dieBesuchszeit, Dauer der Besuche, Zahl der gleichzeitig besuchenden Personen) mit den Belangen der

<strong>Oberverwaltungsgericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Freien</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Bremen</strong>OVG: 1 B 50/08(VG: 4 V 349/08)BtBeschlussIn <strong>der</strong> Verwaltungsrechtssachehat das <strong>Oberverwaltungsgericht</strong> <strong>der</strong> <strong>Freien</strong> <strong>Hansestadt</strong> <strong>Bremen</strong> - 1. Senat - durch den Richter Stauch,die Richterin Dreger und den Richter Göbel am 07.02.2008 beschlossen:I .Die Beschwerde <strong>der</strong> Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,00 Eurofestgesetzt.G r ü n d e :Der Antragsteller befindet sich im Abschiebungsgewahrsam <strong>der</strong> Antragsgegnerin. Die Frage, ob einepsychische Erkrankung seiner Abschiebung nach Österreich o<strong>der</strong> in die Türkei entgegensteht, istGegenstand eines Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (4 V 281/08), in dem eine Entscheidungnoch nicht ergangen ist. In einem weiteren Verfahren hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerinmit Beschluss vom 06.02.2008 im Wege <strong>der</strong> einstweiligen Anordnung verpflichtet, demPsychotherapeuten G. zum Zweck einer psychiatrischen Untersuchung des Antragstellers am Freitag,den 08.02.2008, um 9.00 Uhr Zugang zum Polizeigewahrsam zu gestatten, in dem dieAbschiebungshaft vollstreckt wird. Dagegen richtet sich die heute erhobene Beschwerde <strong>der</strong>Antragsgegnerin.II.Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die einstweilige Anordnung zu Rechterlassen. Die Darlegungen <strong>der</strong> Antragsgegnerin, auf <strong>der</strong>en Überprüfung das <strong>Oberverwaltungsgericht</strong>beschränkt ist, rechtfertigen keine an<strong>der</strong>e Entscheidung.Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes den Abschiebungsgewahrsam vom 04.12.2001 (BremGBl S. 405 –SaBremR 26-a-2) dürfen Personen, die sich in Abschiebungshaft befinden, nur die Beschränkungenauferlegt werden, die <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> Abschiebungshaft o<strong>der</strong> die Sicherheit o<strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong>Gewahrsamseinrichtung erfor<strong>der</strong>n. Für das Besuchsrecht wird dieser Grundsatz in § 6 des Gesetzeskonkretisiert. Danach dürfen Abschiebungshäftlinge Besuch empfangen (§ 6 Satz 1). Einschränkungensieht das Gesetz nur hinsichtlich <strong>der</strong> Modalitäten vor. Nach Satz 2 kann ein Besuch aus Gründen <strong>der</strong>Sicherheit von einer Durchsuchung des Besuchers abhängig gemacht werden. Der Verweis auf nähereRegelungen in einer Gewahrsamsordnung (Satz 3) ermächtigt nicht zu Einschränkungen desBesuchsrechts als solchem, son<strong>der</strong>n lediglich dazu, seine „Ausgestaltung … (beispielsweise dieBesuchszeit, Dauer <strong>der</strong> Besuche, Zahl <strong>der</strong> gleichzeitig besuchenden Personen) mit den Belangen <strong>der</strong>


KeineQualifikationvonnötenIm Bremer Abschiebegewahrsam wird einem möglicherweise schwerkranken Flüchtling eine fachärztliche Untersuchungverweigert. Anwälten zufolge soll so die Abschiebung von psychisch Kranken durchgesetzt werden – nicht zum ersten MalVON CHRISTIAN JAKOBDertürkischeKurdeHakanU.istseitJahreninpsychiatrischerBehandlung.2003 diagnostizierteein Arzt des Klinikums Hamburg-Ochsenzollbei dem abgelehntenAsylbewerber eine „paranoideSchizophrenie“. Im vergangenenJahrwurdeU.Paranoiaattestiertund„regelmäßigepsychiatrischeBetreuung“ empfohlen.Eine „Dauermedikation mitPsychopharmaka ist zu erwarten“,schrieb <strong>der</strong> konsultiertePsychiater. Seit dem 27. Dezembersitzt U. nun im Abschiebetraktdes Bremer Polizeigewahrsams– doch die Polizei weigertsich,ihneinemPsychiatervorzuführen.Ende Dezember wurde U., <strong>der</strong>sichohnePapierein<strong>Bremen</strong>aufhielt,von <strong>der</strong> Polizei aufgegriffen.Der Arzt, <strong>der</strong> seine Haftfähigkeitfeststellen sollte, schriebins Gutachten: „Psychischer Zustandnicht einschätzbar, Vorstellungbeim sozialpsychiatrischenDienst notwendig.“ Dasversuchen U.s Anwälte seitherdurchzusetzen–dochdiePolizeisperrtsichgegeneinefachärztlicheUntersuchung. EberhardSchultz,AnwaltdesKurden:„DiePolizei tut alles, um zu verhin<strong>der</strong>n,dass die Haftfähigkeit undeine psychische Erkrankung vonden dafür zuständigen Ärztenüberprüftwerden.“Hintergrund des Streits: DieDiagnose einer so schweren Erkrankungwie SchizophreniewürdenichtnureineFreilassungU.s bedeuten, son<strong>der</strong>n auch dessendrohende Abschiebung unmöglichmachen.Nach fast zwei Wochen Haftwurde U. einem Polizeiarzt vorgeführt.DessenUrteil:„Esbestehenerhebliche Zweifel an einerDiagnose Psychose (Schizophrenie).DieSymptomewerdenm.E.übertrieben‚lehrbuchmäßig‘geschil<strong>der</strong>t.“Der unterzeichnendePolizeiarzt ist jedoch Allgemeinmediziner– kein Psychologeo<strong>der</strong>Psychiater.DerSprecher<strong>der</strong>BremerPolizei,RalfPestrup,hältdiesfürvöllignormal.„WieimmerwennBedenkenan<strong>der</strong>Haftfähigkeitauftauchen,fand hier eine Begutachtungdurch den PolizeiärztlichenDienst statt. Und diese hatergeben, dass Herr U. haftfähigist.“DassessichbeidemGutachterum einen nicht für geistigeKein Psychiater, aber seine Meinung zählt als solche: Für kranken Bremer Abschiebehäftling die RealitätErkrankungenqualifiziertenAllgemeinmedizinergehandelthat,sei kein Problem. „Wenn <strong>der</strong>Amtsarzt die leisesten Zweifelhat, dann wird ein Facharzt hinzugerufen.“Dies sei ausreichend,denn „man merkt doch,ob gewisse Antwortmuster imRahmen des Normalen stattfinden.“Außerdemgebeesauchfürden Allgemeinmediziner Anhaltspunktefür die DiagnosegeistigerErkrankungen:etwa,obein Patient ohne Medikamenteeinschlafenkönne.Jochen Zenker, Leiter des Gesundheitsamtes<strong>Bremen</strong>, kanndiesnichtnachvollziehen:„Wennman humpelt, dann geht mannicht zum Ohrenarzt. Und wennein Arzt hört, es besteht ein VerdachtaufeineHüftgelenknekrose,dannschickterdenPatientenzum Orthopäden zum Röntgen.Ins Hüftgelenk kann man nichtreingucken.“ Bei „paranoi<strong>der</strong>Schizophrenie“ handele es sichum „eine <strong>der</strong> komplexesten undschwersten psychischen Krankheitenüberhaupt“, sagt Zenker.„Da muss man mit psychiatrischemSachverstand rangehen.“Bei einem Vorverdacht müsseein Facharzt die Untersuchungdurchführen. „Ob so etwas vorliegt,ist als AllgemeinmedizinerFOTO: APnicht eindeutig zu beurteilen“,sagtZenker.Es sei grundsätzlich nicht zubeanstanden, dass Polizeiärzteohne Fachqualifikation übereine psychiatrische Untersuchungmöglicherweisegeistiger-krankter Abschiebehäftlingeentscheiden, sagt dagegen RainerGausepohl, Sprecher von<strong>Bremen</strong>s Innensenator WilliLemke (SPD). Er verweist darauf,dass U. bereits vier Mal ausDeutschland abgeschoben wordensei. Er habe in <strong>der</strong> Vergangenheitmehrfach versucht, diesmit Hinweis auf psychische Erkrankungenzu verhin<strong>der</strong>n. VorDAS VORBILD<strong>Bremen</strong> wollte ursprünglich dasHamburger Untersuchungssystemfür Abschiebekandidatennutzen, scheiterte jedoch anProtesten. Noch unter dem rotgrünenSenat entschied in Hamburgein Amtsarzt darüber, obein Flüchtling zu krank für eineAbschiebung sei. Kurz vor Ende<strong>der</strong> Legislaturperiode wurde dasSystem jedoch geän<strong>der</strong>t, danach dem Geschmack <strong>der</strong> damaligenInnenbehörde zu vieleFlüchtlinge als zu krank für eineAbschiebung befunden wurden.Seitdem werden die Untersuchungendurch einen speziellenärztlichen Dienst übernommen,<strong>der</strong> direkt dem Leiter des Einwohnerzentralamtsunterstelltist. Dieser entscheidet selbst, obein Flüchtling abgeschoben werdenkann o<strong>der</strong> zieht einen externenGutachter hinzu. Gutachter,die zu oft zu Gunsten des Flüchtlingsentschieden, wurden nichtmehr zu Rate gezogen. FEGseinerletztenAbschiebung2005seiU.eineWochelangin<strong>der</strong>PsychiatriedesBremerZentralkrankenhausesOst behandelt worden.Die Ärzte hätten damals jedochkeineDiagnosegestellt,dieeiner Abschiebung entgegen gestandenhätte.Ganzan<strong>der</strong>ssiehtdasdieBremerAnwältin und KriminologinChristine Graebsch. Sie hat eineStudie über die medizinischeVersorgung im Polizeigewahrsamverfasst. „Die wehren sichmit Händen und Füßen, wennHäftlinge von externen Ärztenuntersucht werden sollen“, sagtsie. „Maximal wird die Haftfähigkeitgeprüft – und wenn diegegeben ist, wird dies danngleich als Reisefähigkeit gewertetund für die Abschiebung benutzt.“Erst in <strong>der</strong> vergangenenWoche habe sie ein Gerichtsurteilerwirken müssen, bevor einebenfalls psychisch erkrankterMandant von ihr im Abschiebetraktvon einem Psychiater untersuchtwerden konnte. „Dabeihatte sich <strong>der</strong> Mann die ganzenArme selber zerschnitten, einBlin<strong>der</strong> hat gesehen, dass da etwasnicht stimmte.“ Und trotzdem:Bevor ich das Gerichtsurteilhatte, haben die uns einfachnichtreingelassen.“MITARBEIT: MAJA HOOCKabschiebehaft.....................................PathologischesMisstrauenDass die Polizei die meistenFlüchtlinge für Lügner hält, istnichts Neues. Dass es oft genugerstrassistischeGesetzeundentsprechendesbehördliches Handelnsind, die vielen Flüchtlingenkeine Chance lassen, wennsie immer die Wahrheit sagenwürden, steht auf einem an<strong>der</strong>enBlatt.DochdiesesMisstrauenauf Ärzte, zumal auf Amtsärzte,auszuweiten, und AbschiebehäftlingendenZugangzudiesenzu verweigern, zeigt: Das VorurteiliststärkeralsdieVernunft.KOMMENTARVON CHRISTIAN JAKOBWenn sich die Polizei so sicherist, dass eine psychische Erkrankungnur vorgetäuscht wird,danngibtesnichts,wasdagegenspräche, dies zumindest vonqualifizierter Seite überprüfenzu lassen. Ist sie sich <strong>der</strong> Täuschungnicht sicher, so müsstedieserstrechtüberprüftwerden.Der einzige Grund, den es dafürgibt, nur die Polizeiärzte ausdem eigenen Apparat zu Abschiebehäftlingenzulassen,lautet:Mantrautdenan<strong>der</strong>ennicht.Es ist offenkundig ein Anliegen,unbedingt zu verhin<strong>der</strong>n, dassso Abschiebehin<strong>der</strong>nisse entstehen.EinenFlüchtlingmitpathologischemVerfolgungswahn inseinen Verfolgerstaat zu schicken,nimmtmaninKauf.Schon2005 versuchte <strong>der</strong> einstige BremerInnensenator RöwekampReisefähigkeitsgutachten inHamburg einzukaufen – undscheitertedamit.ErkonnteseineVorbehalte gegen die Gutachten<strong>der</strong> Ärzte des Bremer Gesundheitsamtesnichtsubstantiieren......................................Friesen wollenWahl anfechtenDiePartei„DieFriesen“hatangekündigt,die nie<strong>der</strong>sächsischeLandtagswahl anzufechten. DerBeschluss sei einstimmig imVorstand gefallen, berichtete„Friesen“-Vorsitzen<strong>der</strong> Arno Rademachergestern. Ein entsprechendesSchreiben an Landtagund Landeswahlleiter werdevorbereitet. „Die Friesen“ beanspruchenfürsichalsVertretungeiner nationalen Min<strong>der</strong>heit dieBefreiung von<strong>der</strong>Fünf-Prozent-Klausel. „Wir for<strong>der</strong>n lediglichdas,wasunsperGrundgesetzzusteht“,betonte <strong>der</strong> friesischeSpitzenkandidat. Sowohl LandtagspräsidentJürgen Gansäuer


FreieArztwahlimAbschiebeknastGericht urteilt: Polizei hat Abschiebehäftlingen rechtswidrig Arztbesuche verweigert. Behörde muss Erlass än<strong>der</strong>nAuch Abschiebehäftlinge habenein Recht auf freie Arztwahl. Diesentschied nun das <strong>Oberverwaltungsgericht</strong><strong>Bremen</strong>. Demnachwar es rechtswidrig, dass den Insassendes Abschiebegewahrsamsverweigert wurde, sich vonÄrzten ihrer Wahl untersuchenzu lassen. Es gebe keinen Grund,weshalb „allein <strong>der</strong> polizeiärztlicheDienst medizinische Fragenklären“ dürfe, so das Gericht. InnensenatorWilli Lemke (SPD)kündigte eine Än<strong>der</strong>ung des Erlasseszum Abschiebegewahrsaman.Im Januar hatte ein marokkanischerAbschiebehäftling geklagt,um sich im Abschiebetrakt desBremer Polizeipräsidiums voneinem Psychiater untersuchenlassen zu können. Im Februarrief ein türkischer Kurde das Verwaltungsgerichtan, damit einPsychotherapeut zu ihm gelassenwurde. Bei dem Kurden hattenPsychiater in <strong>der</strong> Vergangenheitmehrfach den Verdacht auf„paranoide Schizophrenie“ diagnostiziert.Die Polizei hatte sichgeweigert, den externen ÄrztenZugang zum Abschiebetrakt zugewähren – obwohl die Kostenprivat aufgebracht wurden. Stattdessenwaren die Häftlinge vonPolizeiärzten ohne Fachqualifikationbegutachtet worden.Zwei Mal entschied nun das Verwaltungsgericht:Für die Abschottung<strong>der</strong> Häftlinge, dienach Angaben <strong>der</strong> Anwältin desMarokkaners „seit mindestens 14Jahren“ praktiziert wird, gibt eskeine Rechtsgrundlage. Die Innenbehördelegte in beiden FällenBerufung beim <strong>Oberverwaltungsgericht</strong>(OVG) ein. Dies entschied:„Es spricht einiges dafür,dass (..) die Möglichkeit bestehenmuss, eigene fachkundige Feststellungenüber den Gesundheitszustandeines Häftlingstreffen zu können, damit eineventuelles Abschiebehin<strong>der</strong>nisglaubhaft gemacht werdenkann.“CHRISTIAN JAKOB


Gerichte einig: Ärzte dürfen in AbschiebetraktBremer Innenbehörde unterliegt auch in zweiter Instanz. Ein Polizeiarzt allein reicht nicht ausDas <strong>Oberverwaltungsgericht</strong>(OVG) <strong>Bremen</strong> hat ein Urteil bestätigt,demzufolge externenÄrzten <strong>der</strong> Zugang zu Abschiebehäftlingengewährt werdenmuss. Ebenso hatte in den vergangenenWochen bereits zweimaldas Verwaltungsgericht <strong>Bremen</strong>entschieden. Die Innenbehördehatte hiergegen Rechtsmitteleingelegt. Die Beschwerdewurde jedoch zurückgewiesen.OVG-Sprecher Hans Alexykündigte an, dass die Kammer indieser Woche eine Urteilsbegründungveröffentlichen werde.In dieser würden die Richter„inhaltliche Aussagen“ zur <strong>der</strong>zeitigenPraxis machen.Bisher werden Untersuchungenin Abschiebehaft grundsätzlichvon Polizeiärzten vorgenommen.Von Anwälten beauftragtenÄrzten und Psychiaternhatte die Polizei den Zugang zumAbschiebegewahrsam verweigert– obwohl die Staatskasse dieKosten dieser Untersuchungennicht hätte tragen müssen. Einkurdischer und ein marokkani-scher Flüchtling hatten hiergegengeklagt. In beiden Fällen wardas Verwaltungsgericht <strong>der</strong> Auffassung<strong>der</strong> Kläger gefolgt. InnensenatorWilli Lemke (SPD)hatte daraufhin die nun zurückgewieseneBerufung eingelegt.„Dieser Erfolg und <strong>der</strong> mühsameWeg dorthin zeigen, wieschwer es auch in <strong>Bremen</strong> unterRot-Grüner Regierung ist, Menschenrechtefür Gefangenedurchzusetzen, die zu den internationalenMindeststandards gehören“,sagte <strong>der</strong> Anwalt des Kurden,Eberhard Schulz. Die Grünensprachen von einer „urgrünenFor<strong>der</strong>ung, die durch dasVerwaltungsgericht bestätigt“worden sei. „Wir können nicht erkennen,was dagegen spricht,wenn Abschiebehäftlinge aucheine Ärztin o<strong>der</strong> einen Arzt ihresVertrauens hinzuziehen möchten“,so <strong>der</strong> innenpolitischerSprecher <strong>der</strong> grünen Fraktion,Björn Fecker. „Die Innenbehördesollte prüfen, ob sie an ihrembisherigen Erlass noch festhaltenkann.“CJA


Polizei muss Ärzte zu Flüchtlingen lassenVerwaltungsgericht bestätigt: Freie Arztwahl gilt auch für Abschiebehäftlinge. Innenbehörde legt Berufung einAbschiebehäftlingen die Untersuchungdurch einen Arzt ihresVertrauens zu verweigern, ist unzulässig.Dies entschied am Mittwochdas Verwaltungsgericht<strong>Bremen</strong>. Ein gleichlautendes Urteilwar bereits vor zwei Wochenergangen. Dennoch hatte die Polizeieinem nie<strong>der</strong>gelassenenPsychologen den Zugang zu einemAbschiebehäftling verweigert.Statt dessen wurde er wieüblich nur von einem Polizeiarztuntersucht.Im Fall eines kurdischenFlüchtlings entschied das Gericht:Hierfür „fehlt eine gesetzlicheGrundlage“. Der Flüchtlinghabe „einen Anspruch darauf,dass einem Arzt o<strong>der</strong> Psychotherapeuten<strong>der</strong> Zutritt zu ihm gewährtwird“. Dem Mann war in<strong>der</strong> Vergangenheit „paranoideSchizophrenie“ diagnostiziertworden. Der ihn im Gewahrsamuntersuchende Polizeiarzt warals Allgemeinmediziner für dieDiagnose geistiger Erkrankungenunzureichend qualifiziert(tazberichtete). Nun muss die Polizeiam heutigen Vormittag eineUntersuchung des Kurden durcheinen von seinem Anwalt benanntentürkischsprachigenPsychotherapeuten zulassen.Bereits im Januar hatte dieBremer Rechtsanwältin ChristineGraebsch einen identischenGerichtsbeschluss erwirkt. Damalsmusste die Polizei zulassen,dass ein marokkanischer Bootsflüchtlingim Abschiebegewahrsamvon einem externen Psychiateruntersucht wurde. LautGraebsch hatte die Polizei nachBekanntwerden des Urteils dendes Lesens unkundigen Häftlingbedrängt, eine Erklärung zu unterschreiben,in <strong>der</strong> er Graebschdas Mandat entzog.Der Sprecher von InnensenatorWilli Lemke (SPD), RainerGausepohl, kündigte an, dass dieBehörde gegen beide UrteileRechtsmittel beim <strong>Oberverwaltungsgericht</strong>einlegen werde. Dabeihandele es sich „nicht umeine politische Entscheidung,son<strong>der</strong>n zunächst mal um eineabweichende Rechtsauffassung“,sagte Gausepohl. Man sei <strong>der</strong> Ansicht,dass vom „Polizeiarzt gewissenhaftund neutral koordiniert“werde.Der Anwalt des Kurden, EberhardSchulz, nannte es „eineSchande“, dass die Bremer Polizeiunter Innensenator Lemke „einselbstverständliches Menschenrechtmit Füßen tritt“ undFlüchtlingen in Abschiebehaftdie Untersuchung durch einenunabhängigen Arzt verweigere.„Sollte das <strong>Oberverwaltungsgericht</strong>die Urteile bestätigen,muss <strong>der</strong> Erlass natürlich sofortgeän<strong>der</strong>t werden“, sagte <strong>der</strong> innenpolitischeSprecher <strong>der</strong> SPD-Bürgerschaftsfraktion, BjörnTschöpe. CHRISTIAN JAKOB ....

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