13.07.2015 Aufrufe

Ansichten: Doktorand - Vis

Ansichten: Doktorand - Vis

Ansichten: Doktorand - Vis

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

7<strong>Ansichten</strong>: <strong>Doktorand</strong>Tobias Heinzen — Interview mit einem <strong>Doktorand</strong>enMan hört ja viel von ihnen und trotzdem weiss man nicht so recht, was sie eigentlich sind undwas sie so den ganzen Tag tun: <strong>Doktorand</strong>en. Deshalb hat sich unser Reporter einen dieser<strong>Doktorand</strong>en geschnappt und zu einem Interview "gezwungen".Wie heisst du und wer bist du?Hermann, der PhD StudentWas hat dich zum Doktorieren bewegt?Zwei Gründe. Zum einen habe ich währendmeinem (nicht ganz kurzen) Studium an derETH einige Zeit in der realen Welt (Wirtschaft)verbracht. Eine sehr wertvolle Erfahrung, welchemir jedoch gezeigt hat, dass ich die Möglichkeitnutzen will, mich für ein paar Jahre miteinem Forschungsprojekt zu beschäftigen.Zum anderen ist ein abgeschlossenes Doktorateine sehr gute Voraussetzung für eineDozentenstelle an einer Fachhochschule. Diesist eine interessante Option die ich mir offenhalten will.Wie wird man eigentlich <strong>Doktorand</strong> und kanndas jeder?Voraussetzung für ein Doktorat ist rein administrativgesehen ein Master-Diplom von einervon der ETH anerkannten Hochschule.Das Verfahren ist im Grunde nicht sehr verschiedenvon einer Bewerbung um eine Stellein der Wirtschaft. Jede Professur schreibt in derRegel auf der Homepage offene <strong>Doktorand</strong>enstellenaus, auf welche man sich melden kann.Ist man an einem Thema speziell interessiert,lohnt sich immer auch eine Blind-Bewerbung,wenn's wirklich sein soll, wird das Geld dannschon irgendwie organisiert. Es folgen in derRegel mehrere Bewerbungsgespräche mitdem Professor der das Doktorat betreuen würde.Das Ziel dieser Gespräche ist einerseits,dass der Professor den Kandidaten kennenlernt,andererseits, dass der Kandidat einenEinblick in die Forschungsgruppe kriegt. Esist sehr wichtig, dass sich der Kandidat mitdem Thema, aber auch mit den Personen gutzurechtfindet, denn er wird sich die nächstenJahre in dieser Umgebung bewegen müssen.Man muss schon ein paar Qualitäten mitbringen,um ein Doktorat erfolgreich abschliessenzu können. Echtes Interesse am Thema und anwissenschaftlicher Arbeit im generellen, DieFähigkeit, sich über mehrere Jahre mit einemThema zu beschäftigen ohne das Interessedaran zu verlieren. Unendlich viel Durchhaltewille,um die Zeit zwischen den einzigen zweiwirklichen Milestones (also Projektbeginn undDoktorprüfung) zu überleben.


8Verdient man irgendwas als Doktorat oder istdas genauso wie als Student? Hat man auchVergünstigungen im Kino etc.?Ein <strong>Doktorand</strong> an der ETH verdient im internationalenVergleich sehr gut. Am DepartementInformatik werden <strong>Doktorand</strong>en meistzu 100% angestellt, dies im Gegensatz zuDepartementen mit sehr viel mehr <strong>Doktorand</strong>enwie z.B. Chemie oder Bilologie. Dort wirdmeist zu 60%-75% angestellt. Der Lohn für einDoktorat steigt die ersten drei Jahre und bleibtdanach konstant, da die ETH eigentlich von einem3-jährigen Doktorat ausgeht. Der Bruttolohnbeträgt im dritten Jahr irgend was über70'000.- pro Jahr, ich weiss es nicht so genau.Trotz der Anstellung ist man noch Student undkriegt folglich weiterhin ein Studenten "S" aufdie Legi. Ganz praktisch!Wie lange doktoriert man und was ist das Zieleines Doktorats? Welchen Titel darf man danntragen?Normalerweise länger als gewünscht/geplant.Ein Doktorat dauert in aller Regel zwischen 3und 6 Jahren. 3 Jahre sind das Wunsch-Ziel derETH, nach 6 Jahren dreht die ETH den Geldhahnzu. Erstaunlicherweise erhält man nacheinem erfolgreich abgeschlossenen Doktorateinen Doktortitel, einen Ph. D. (PhilosophiaeDoctor) in Science, wenn ich mich nicht irre.Was macht man eigentlich so als <strong>Doktorand</strong>?Forschen, Lehren und Lernen. Forschen bedeutetin aller Regel etwas rausfinden wassonst noch niemand rausgefunden hat, Papersdarüber veröffentlichen und am Schlussalles in einer Thesis zusammenbringen. Lehrenheisst Kurse betreuen als Teaching Assistant,Übungsstunden planen und durchführen,Aufgabenblätter entwerfen, und Prüfungenvorbereiten und korrigieren. Lernen heisstKurse besuchen und Prüfungen bestehen wieim Studium davor, nur nicht so konzentriert(12 KE übers ganze Doktorat verteilt).Hat man irgendwelche Pflichten als <strong>Doktorand</strong>?Die Teaching Assistance ist am D-INFK gekoppeltmit dem Doktorat, und kann so alsPflicht angesehen werden. Der Zeitaufwandist ziemlich hoch, bei mir in der Regel bei 40-50% der Arbeitszeit. Diese Zeit kann nicht fürseigentliche Forschen eingesetzt werden, undbedeutet eine Ablenkung vom eigentlichenZiel, nämlich schlussendlich eine Thesis zuschreiben. Die Erfahrung, die man als TeachingAssistant sammelt, ist jedoch nicht zu verachten.Ausserdem rechtfertigt diese Arbeit denguten Lohn, den man an der ETH als <strong>Doktorand</strong>kriegt.Was ist so ein typischer <strong>Doktorand</strong>entag?Es ist ratsam, sich Forschungstage undTeachingtage zurechtzulegen.An Forschungstagen widmet man sich so gutwie möglich von morgens bis abends demProblem, welches man gerade knacken möchte.Ständige Kontext-Switches sind nämlichsehr hinderlich, um mit einer guten Lösungdaherzukommen. Solche Tage bestehen darin,sich entweder mit Kollegen am Whiteboardüber das Problem zu unterhalten, am Computeretwas auszuprobieren, oder ganz einfachirgendwo möglichst ungestört darübernachzudenken (meist nicht am Computer inmeinem Fall). Es ist wirklich so, dass die bestenIdeen dann kommen, wenn man nicht geradeangestrengt über dem Problem brütet. Bei


9mir passiert dies meistens auf dem Weg nachHause. Zum Glück hab ich 30 Minuten bis nachHause.Teaching Tage bestehen darin, Übungen zuschreiben und auszuprobieren, in die Vorlesungzu sitzen, oder natürlich selbst Übungsstundenzu halten. Dazu kommt wasserfesteFragen und Lösungen fürs Examen zu entwerfen.Eine gute Frage kann locker mehrere Tagein Anspruch nehmen. Wenn gerade ein Seminargehalten wird, gehört das Betreuen derSeminar-Studenten auch dazu.Ein Mittel-Ding zwischen Forschung undTeaching ist das Betreuen von Semester- undMasterstudenten. Die Studenten arbeitenin der Regel an einem Thema, das im Forschungsgebietdes betreuenden Assistentenliegt, und im besten Fall auch die Forschungdes Assistenten weiterbringt. Primär geht esjedoch darum, den Studenten in seiner Arbeitoptimal zu betreuuen. Dies kann eine Stundedie Woche dauern, oder einen ganzen Tag proWoche.Wie bei jedem Job gibts auch als <strong>Doktorand</strong>auch jede menge Meetings: In der Regel einResearch Meeting mit dem Professor alle 1-2Wochen, ein Teaching-Assistant Meeting jedeWoche, ein Group-Meeting jede Woche, indem auch Studenten ihre Semester oder Masterarbeitenvorstellen, <strong>Doktorand</strong>en-Seminare,das Kolloquium, an dem alle <strong>Doktorand</strong>en desDepartements teilnehmen (sollten), Vorträgevon Gästen der Forschungsgruppe, und natürlichauch Doktorprüfungen von Kollegen, diees hinter sich haben.Was stört dich am meisten am Doktorat?Forschung und Lehre unter einen Hut zu bringen.Oft bedeutet es, einen Kompromiss einzugehen:die Forschung trotz Zeitdruck zurSeite zu legen, weil Lehre ansteht. Manchmalbedeutet es auch, bei der Lehre die Vorbereitungauf ein Minimum zu beschränken, weilzum Beispiel gerade eine Paper Deadline ansteht.Was findest du am Besten am Doktorat?Die selbständige Arbeit, Eigenverantwortungund die Freiheit, die einem die Forschungbringt.Machst du irgendwas was nicht zu deinenDoktoratspflichten gehört (zB. Vereinsarbeit,Nachhilfe o.ä.)?Unter anderem Interview-Fragen beantworten.Was tust du nicht, was du aber tun müsstest?Das ist jetzt eine Fangfrage. Wer alles kriegtnochmals die <strong>Vis</strong>ionen zugestellt?Was würdest du jemandem raten, der doktorierenmöchte?Sich der oben erwähnten Qualitäten bewusstsein. Finanziell lohnt sich ein Doktorat in derRegel nicht. Die Gründe müssen also inhaltlicherNatur sein.Ein guter Einstieg ins Doktorat ist die MasterArbeit in der designierten Forschungsgruppezu bestreiten, so kriegt man 6 Monate Schnupperzeit,und hat schon einen genauen Eindruckvom Thema, welches dann meist an die MasterArbeit anknüpft. So erledigen sich meist auchdie Bewerbungs Gespräche zu einem grossenTeil, vorausgesetzt, die Master Arbeit wurdehervorragend abgeschlossen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!