hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...
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setzt. Wieder auf dem Hausflur, versprach das Minkele<br />
meinem Vater, auf mich acht zu geben, und die große<br />
Hirtentochter streichelte mir die Wangen und sagte: Du<br />
bist ein ganz hübscher Bub.<br />
Auf der Straße sagte mir mein Vater, daß er nicht mehr<br />
mit mir in das Beth-Hamidrasch zurückkehre, er habe<br />
dort schon Adieu gesagt und drunten im Rößle warteten<br />
der Bruder Maier und der Lehrer. Man müsse eilen, um<br />
noch zeitig heimzukommen. Mein Vater führte mich an<br />
der Hand die Steige hinab. Drunten am Rößle war das<br />
Pferd schon vorgespannt. Die Wartenden sagten ihm,<br />
man müsse eilen. Sie reichten mir kurz die Hand. Der<br />
Vater legte mir noch die Rechte auf den Kopf und<br />
benschte mich, dann fuhr er mir nach seiner Art mit der<br />
Hand über das Haar und sagte: ,Hab keinen Jammer;<br />
du hast ja selber gewollt.' - ,Und auf die Feiertage<br />
kannst du ja wieder heim', rief noch der Maier vom<br />
Bock, als der Vater aufstieg.<br />
Fort rollte das Bernerwägelein und wirbelte eine Staubwolke<br />
auf, ich rannte ihm nach. Dann stand ich still und<br />
sah der verfliegenden Staubwolke nach und weinte bitterlich.<br />
Ich fühlte es, ich war dem Elternhause, dem Heimatorte<br />
entrissen, ich war in der Fremde allein, meine<br />
Kindheit war dahin."<br />
Das Hechinger „Lehrhaus" war im Jahre 1803 gegründet<br />
worden aufgrund einer Stiftung des Hoflieferanten<br />
Raphael I. Kauila. Es war in einem alten Gebäude in der<br />
Oberstadt, der ehemaligen „Münz" untergebracht. Nach<br />
dem Übergang Hohenzollerns an Preußen im Jahre 1850<br />
wurde die Hechinger Talmudschule aufgehoben.<br />
Auerbach hat während seiner Studentenzeit in Tübingen<br />
(1832/33) die <strong>hohenzollerische</strong> Residenzstadt wiederbesucht<br />
und ein letztes Mal im Jahre 1873 während einer<br />
Kur in Bad Imnau.<br />
Im Völkskalender von 1863 veröffentlichte Auerbach<br />
ein „Gespräch" mit dem Titel „Hechingen und Florenz".<br />
Angespielt wird darin auf das gemeinsame Schicksal der<br />
beiden ehemaligen Residenzstädte, die nur noch „werkeltägige<br />
Provinzialstädte" waren. Doch hätten sich die<br />
Hechinger leichter damit abgefunden, keine „Residenzler"<br />
mehr zu sein: 3<br />
JOHANN ADAM KRAUS<br />
Bildschnitzer Josef Rifesser und Hohenzollern<br />
Die 1890-1895 in Ringingen angeschafften neun Heiligenfiguren<br />
(Guter Hirt, Martin, Gallus, Madonna, Josef,<br />
Anna, Sebastian, Lorenz, Barbara) der drei Altäre, die<br />
laut Pfarrchronik des Pfarrers Engelb. Schon vom Hechinger<br />
Bildhauer Fidelis Schäfer erstellt wurden, stammen<br />
nicht von letzterem, (wohl auch nicht die Altarentwürfe)<br />
sondern aus der Werkstatt des damals weitbekannten<br />
Bildhauers Josef Rifesser aus St. Ulrich im Grödener<br />
Tal (Tirol). Den älteren Ringingern hatten die bisherigen<br />
barocken Altäre besser gefallen, als die neuen<br />
»aus Kistenbrittle«, wie sie sagten. Die Figuren standen<br />
jeweils in einzelnen Häuslein, die Pfarrer K. Heinzelmann<br />
im J. 1958 wieder entfernen und den Hochaltar<br />
mittels des gotischen »Schächerkreuzes« von ca. 1500 erstellen<br />
ließ. Zu diesem schuf Bildhauer Volk-Jungnau<br />
nach alten Sigmaringer Vorbildern die Begleitfiguren<br />
Maria und Johannes als Stiftung eines gebürtigen Ringingers.<br />
Mir fiel vor Jahren einmal in einem <strong>hohenzollerische</strong>n<br />
Pfarrhaus ein um 1890 erschienener bebildertet Katalog<br />
der Werkstätte aus St. Ulrich in die Hand, der eine Un-<br />
„Die Hechinger wie die ganzen hohenzollernschen Lande<br />
haben's verwunden, daß sie nichts Besonderes mehr für<br />
sich sind; sie bleiben Schwaben, behalten das, was man<br />
Stammeseigenschaft nennt, und sind schon fast stolz darauf,<br />
schwäbische Preußen zu sein, oder besse, schwäbische<br />
Deutsche."<br />
Damals in den 60er Jahren suchte Auerbach in Berlin<br />
und Düsseldorf Kontakt zum Fürsten Karl Anton von<br />
Hohenzollern, dem damaligen preußischen Ministerpräsidenten.<br />
Ein jahrelanger Briefwechsel zeugt von der<br />
Freundschaft zwischen dem Dichter und dem Fürsten 4 .<br />
Als Auerbach im Spätsommer 1873 zur Kur in Bad Imnau<br />
weilte, unternahm er einen Ausflug nach Hechingen.<br />
Über diese „Erinnerungswallfahrt" schrieb er am 21. August<br />
an seinen Freund Jakob Auerbach: 5<br />
„Ich fuhr gestern mit Jeannette im offenen Wagen nach<br />
Hechingen. Ich hatte diesen Weg seit dem Jahre 1827<br />
nicht mehr gesehen und doch kannte ich noch Alles; nur<br />
schien mir der Ausblick auf die rauhe Alb viel schöner.<br />
Vierzig Jahre sind es, seit ich in Hechingen war, von<br />
Tübingen aus als Student, und ich kannte noch jedes<br />
Haus und wußte, wer darin gewohnt hat. Ich ging durch<br />
die Judengasse, hielt mich lange bei der Witwe Reichenberger<br />
auf und habe viel, unsäglich viel Altes neu belebt.<br />
Ich ging in die Synagoge, ich begrüßte viel Nachkommen<br />
alter Bekannten, und endlich suchte ich das ,Lehrhaus'<br />
auf, wo ich anderthalb Jahre in Klausur gelebt<br />
habe. Es ist jetzt eine Baumwollspinnerei darin. Da, wo<br />
ich geschlafen hatte, ist jetzt eine Maschine aufgestellt,<br />
und in unserm Studierzimmer drehen sich die Spindeln."<br />
Anmerkungen:<br />
1<br />
A. Bettelheim, Der Nachlaß Berthold Auerbachs, in: Deutsche<br />
und Franzosen, Wien 1895, S. 203.<br />
2<br />
Zitiert nach: A. Bettelheim,<br />
1907, S. 37-40.<br />
Berthold Auerbach, Stuttgart<br />
3<br />
Deutsche Illustrierte Volksbücher, 2. Bd., Karlsruhe 1881,<br />
S. 285 f.<br />
4<br />
K. Th. Zingeler, Karl Anton von Hohenzollern und Berthold<br />
Auerbach, in: Deutsche Revue (1910), 2. Bd.,<br />
S. 309-328.<br />
5<br />
Berthold Auerbach, Briefe an seinen Freund Jakob Auer-<br />
bach, 2. Bd., Frankfurt 1884, Nr. 486.<br />
menge von Heiligenstatuen aller Gattungen und eine<br />
große Anzahl neuromanischer und neugotischer und anderer<br />
Altäre enthielt, unter denen man mühelos die Ringinger<br />
Altäre und Figuren herausfinden konnte. Inzwischen<br />
sah ich auch in vielen (auch nicht<strong>hohenzollerische</strong>n)<br />
Kirchen ähnliche Altäre und Statuen, die entweder<br />
von Rifesser (mit seinen gut 20 Gesellen und Lehrlingen!)<br />
stammten, oder mindestens von seiner Werkstatt<br />
beeinfluß sind. Auch die Statuen der Seitenaltäre von<br />
Steinhilben haben sehr große Ähnlichkeit mit denen Rifessers.<br />
Es wäre eine reizende Aufgabe für einen jungen<br />
Heimatfreund, die Einzelnachweise hierfür beizubringen.<br />
Leider nahm man sich um 1900 oft nicht die Zeit, um<br />
die Nachweise in der Pfarrchronik oder im Archiv zu<br />
deponieren, und wenn dann später ein Interessent den<br />
Vorgängen nachgehen will, findet er meist so gut wie<br />
nichts mehr vor. Die Altäre und Statuen um 1900 sind<br />
zudem nicht für würdig befunden worden, im »Denkmälerwerk<br />
Hohenzollerns« genannt zu werden und sind so<br />
der modernen Verschleuderung und Wegschaffung leicht<br />
ausgesetzt. Was die neue sogenannte moderne Kunst al-<br />
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