hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...
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Schöffengericht in Hechingen. Das Landgericht war damals<br />
mit einem Präsidenten, einem Direktor und 6 Richtern<br />
besetzt, während das Amtsgericht 3 Richter hatte.<br />
Der für die ordentliche Gerichtsbarkeit gültige vierstufige<br />
Aufbau in Amtsgerichte, Landgerichte, Oberlandesgerichte<br />
und Reichsgericht ist seitdem im Gebiet der Bundesrepublik<br />
Deutschland unverändert geblieben. Lediglich<br />
trat an die Stelle des 1945 eingegangenen Reichsgerichts<br />
in Leipzig im Jahre 1950 der Bundesgerichtshof in<br />
Karlsruhe. Das für den Landgerichtsbezirk Hechingen<br />
zuständige Oberlandesgericht war ab 1. Oktober 1879 in<br />
der 1866 preußisch gewordenen früheren Reichsstadt<br />
Frankfurt/Main zu finden, die immerhin näher zu Hechingen<br />
als Arnsberg liegt.<br />
Als ein für die Rechtspflege epochales Ereignis, wie es<br />
sich uns heute darstellt, hat man die Einführung der<br />
Reichsjustizgesetze damals in Hechingen wohl nicht<br />
empfunden. Schließlich hatte es in den vorangegangenen<br />
30 Jahren manche Änderung auf dem Gebiete der<br />
Rechtspflege gegeben und war Hechingen als Gerichtssitz<br />
erhalten worden! So befaßte sich die Presse mehr<br />
mit Einzelheiten. Es wird z. B. hervorgehoben, daß die<br />
neue Zivilprozeßordnung »oft ungeheuerliche Kunstausdrücke«<br />
abschafft. Man brauche z. B. nicht mehr »civiliter<br />
zu prozessieren«, sondern werde künftig eine »bürgerliche<br />
Rechtsstreitigkeit« anhängig machen. Auch werde<br />
die Klage dem Beklagten nicht mehr »insinuiert«,<br />
sondern »zugestellt«. Eine Pfändung durch den neugeschaffenen<br />
Gerichtsvollzieher werde »sich in Zukunft<br />
nicht in der früheren gemütlichen Art und Weise abmachen<br />
lassen.« Es gebe Grund für den Schuldner, »nach<br />
ergangenem Urteil die Befriedigung des Gläubigers tunlichst<br />
bald zu bewirken.« »Zahlen muß er schließlich<br />
doch, deshalb zahle er möglichst rasch.« Ob sich der<br />
letzte Satz wohl immer bewahrheitet hat?! Zum Verständnis<br />
sei hinzugefügt, daß »Exekutionen«, also<br />
Zwangsvollstreckungen, bis dahin Sache der Gemeindebehörden<br />
waren.<br />
Amtsgerichtsbezirke<br />
Wenn sich auch die Gerichtsstruktur selbst bei uns in den<br />
letzten 100 Jahren erhalten hat, so verdeutlicht dem<br />
heutigen Betrachter der Inhalt der an sich nur Äußerlichkeiten<br />
regelnden Bestimmungen der Jahre 1878 und<br />
1879 über die Bildung der Gerichte und Gerichtsbezirke<br />
im Königreich Preußen die seitherigen großen politischen<br />
Veränderungen. Allein die Verordnung über die Bildung<br />
der Amtsgerichtsbezirke umfaßt in der Gesetzessammlung<br />
171 Seiten. Damals gab es preußische Oberlandesgerichte<br />
in Königsberg, Marienwerder, Berlin, Stettin,<br />
Posen, Breslau, Naumburg, Kiel, Celle, Hamm, Kassel,<br />
Frankfurt/Main und Köln. Diese einer Verordnung vom<br />
Juli 1879 17 entnommene Reihenfolge verdeutlicht das<br />
damals in seinen östlichen Provinzen liegende Schwergewicht<br />
des preußischen Staates. So war auch auf Wandflächen<br />
im Treppenhaus des heutigen Landgerichtsgebäudes<br />
in Hechingen früher neben der Burg Hohenzollern<br />
das Schloß zu Königsberg abgebildet. Daraus ergibt sich<br />
weiter, welche Möglichkeiten sich den Einwohnern Hohenzollerns<br />
durch die Aufnahme in den großen preußischen<br />
Staatsverband boten. Zum Oberlandesgerichtsbezirk<br />
Frankfurt gehörten damals außer dem Landgerichtsbezirk<br />
Hechingen die Landgerichtsbezirke Frankfurt,<br />
Limburg a. d. Lahn, Neuwied und Wiesbaden.<br />
Manchem älteren Hohenzollern mögen diese Namen<br />
noch in den Ohren klingen. Die verwaltungsmäßige Unterstellung<br />
des Landgerichtsbezirks Hechingen unter den<br />
Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt endete erst im Dritten<br />
Reich.<br />
52<br />
Erster Landgerichtspräsident in Hechingen wurde der<br />
bisherige Kreisgerichtsdirektor und spätere Geheime<br />
Oberjustizrat Evelt. Er genoß über sein richterliches<br />
Amt hinaus im öffentlichen Leben, z. B. als Abgeordneter<br />
in Reichstag und Landtag großes Ansehen und wurde<br />
Ehrenbürger der Stadt Hechingen. Seinen Namen trägt<br />
bis heute eine in unmittelbarer Nähe des Landgerichtsgebäudes<br />
liegende Straße.<br />
Ausdehnung auf den Bezirk Balingen<br />
Die nächste für das Landgericht Hechingen und die Einwohnerschaft<br />
einschneidende größere Veränderung ergab<br />
sich durch den Gerichtsgemeinschaftsvertrag zwischen<br />
Preußen und Württemberg des Jahres 1922 18 . Ab 1. April<br />
1923 bestellte er das Preußische Landgericht Hechingen<br />
zum Landgericht für den württembergischen Landgerichtsbezirk<br />
Balingen und das Württembergische Oberlandesgericht<br />
Stuttgart zum Oberlandesgericht für den<br />
preußischen Landgerichtsbezirk Hechingen. Ein großer<br />
Schritt zur Vereinfachung der Rechtspflege und damit<br />
zur Erleichterung für den Bürger war getan! Mancherlei,<br />
bis ins einzelne gehende Reglung, wurde für notwendig<br />
gehalten. So waren die Stelle eines Oberlandesgerichtsrats<br />
in Stuttgart auf Vorschlag des Preußischen Justizministeriums<br />
und die folgenden Stellen beim Landgericht<br />
Hechingen auf Vorschlag des Württembergischen Justizministeriums<br />
zu besetzen: Ein Landgerichtsdirektor, ein<br />
Landgerichtsrat, ein Staatsanwaltschaftsrat, ein Justizobersekretär,<br />
ein Kanzleibeamter und ein Justizwachtmeister.<br />
Als unmittelbare Folge des genannten Vertrages<br />
wurde beim Landgericht Hechingen der Plan der Errichtung<br />
einer Kammer für Handelssachen verwirklicht.<br />
Ganz unangefochten blieb dieser Vertrag freilich nicht.<br />
In einem damals in den Hohenzollernschen Blättern veröffentlichten<br />
Leserbrief kommt deutlich die Befürchtung<br />
zum Ausdruck, der Vertrag werde der erste Schritt zur<br />
Einverleibung Hohenzollerns in Württemberg sein! Diese<br />
»Befürchtung« sollte sich freilich erst im Jahre 1945 erfüllen!<br />
Mit dem Einmarsch französischer Truppen im Jahre<br />
1945 endete zunächst die Tätigkeit des Landgerichts Hechingen<br />
(Plakatanschlag vom 5. 5. 1945), bis es am<br />
25. 10. 1945 seine Tätigkeit wieder aufnehmen konnte 19 .<br />
Die Besatzungsrechtliche und später staatsrechtliche<br />
Neugliederung (Gründung des Landes Württemberg-Hohenzollern)<br />
ließ Mitte des Jahres 1946 die Errichtung eines<br />
Oberlandesgerichts Tübingen angezeigt erscheinen,<br />
dem der Landgerichtsbezirk Hechingen zugeordnet wurde<br />
20 . Der Gründung des Bundeslandes Baden-Württemberg<br />
folgten am 1. Juli 1953 die Auflösung des Oberlandesgerichts<br />
Tübingen und die Rückkehr des Landgerichtsbezirks<br />
Hechingen in den Bezirk des Oberlandesgerichts<br />
Stuttgart 21 .<br />
Veränderungen nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
Auch bezüglich der dem Landgericht Hechingen nachgeordneten<br />
Amtsgerichte ergaben sich nach Kriegsende -<br />
teilweise nicht unerhebliche - Veränderungen. Nach<br />
Wiedereröffnung der Gerichte fungierten folgende Amtsgerichte:<br />
Balingen mit Zweigstelle Ebingen, Hechingen<br />
mit Zweigstelle Haigerloch und Sigmaringen mit Zweigstelle<br />
Gammertingen. Im Jahre 1951 wurden die Zweigstellen<br />
Ebingen und Haigerloch selbständige Amtsgerichte<br />
22 .<br />
Die Gemeinde- und Kreisreform zu Beginn dieses Jahrzehnts<br />
schloß eine Änderung der Gerichtsbezirke in sich.<br />
So wurde das Amtsgericht Haigerloch als sogenanntes<br />
»Ein-Mann-Gericht« (Gericht mit nur einem Amtsrichter)<br />
am 1. Juli 1974 aufgehoben, wobei die Gemeinden