hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...
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einschlägigen Akten im Staatsarchiv genau nachempfinden.<br />
Der Vorgang muß aber hier aus Platzgründen zusammengedrängt<br />
werden.<br />
Pfarrer Sprißlers Rede erschien bald im Druck, allerdings<br />
ohne sein Zutun, wie er dem anfragenden Ordinariat<br />
gegenüber erklärte. Er habe die Rede auf Aufforderung<br />
„einer Deputation von Stadt und Oberamtsbezirk<br />
Sulz" nachträglich schriftlich abgefaßt. Sprißler hatte in<br />
der Rede Robert Blum u. a. als seinen Freund und<br />
Kampfgenossen, als „Märtyrer für unseres Volkes Freiheit<br />
und Größe und edelsten Freiheitskämpfer" bezeichnet.<br />
Im Zusammenhang mit Blums Geburtstag am<br />
10. November unterlief Sprißler mit den Worten: „Das<br />
war auch der Geburtstag eines anderen Mannes, der sein<br />
Jahrhundert, das sechszehnte, mächtig bewegt hat und<br />
dessen Name nie aus der Geschichte verschwinden wird«,<br />
auch eine Verherrlichung Martin Luthers, die ihm in<br />
Freiburg besonders übel genommen wurde.<br />
Rascher Entschluß des Ordinariats<br />
Beim Ordinariat schien der Krug Pfarrer Sprißlers übergelaufen<br />
zu sein. Ohne größere Untersuchung verhängte<br />
es schon am 23. Februar 1849 die Suspension. Sprißler<br />
bescheinigte das Suspensionsdekret und erklärte, er habe<br />
sich zwar dem Faktum der Suspension unterzogen, aber<br />
er anerkenne sie nicht zu Recht. Ferner protestierte er<br />
feierlich dagegen. Als Grund erkenne er einzig die Ausübung<br />
der bürgerlichen und politischen Rechte, die er<br />
sich nicht abstreiten lasse. Die Suspension sei ein Attentat<br />
auf das Grundrecht freier Volksversammlung, freier<br />
Meinungsäußerung und unverletztlicher Volksvertretung.<br />
Sprißler dachte aber in Wirklichkeit nicht daran, sich<br />
der Suspension zu unterwerfen. Schon am 26. März ging<br />
von ihm beim Dekanat Haigerloch eine Erklärung ein,<br />
daß er auf Andrang seiner Gemeinde wieder in die Pastoration<br />
eintrete und keine Pfarrverwesung anerkenne.<br />
Postwendend kam am 30. März aus Freiburg die Antwort:<br />
„Ein Priester, der trotz Suspension fortfährt zu<br />
pastorieren, verfällt der Sünde der Irregularität, von der<br />
er nur durch den Papst losgespochen werden kann. Eine<br />
Gemeinde, die einen solchen Pfarrer unterstützt, macht<br />
sich jener schweren Sünde teilhaftig." Irregularität bedeutet<br />
in diesem Fall soviel wie: Es fehlt ihm eine wesentliche<br />
Voraussetzung - gegeben mit seinem Ungehorsam<br />
gegen die zuständige kirchliche Obrigkeit, bestehend<br />
aus seiner Weigerung, auf die Ausübung seines Amtes zu<br />
verzichten - für die Ausübung einer kirchlichen Funktion<br />
bzw. eines kirchlichen Amtes.<br />
Sympathie-Kundgebungen<br />
Das Ordinariat sprach mit dem Hinweis auf die Gemeinde<br />
die Sympathie-Kundgebungen an, die Pfarrer Sprißler<br />
aus Empfingen und ganz Hohenzollern entgegenkamen.<br />
Die Märzvereine sandten einen mit 2500 Unterschriften<br />
versehenen Protest nach Freiburg, der aber wie die zahlreichen<br />
weiteren ohne Erfolg blieb. Unterschriften-Listen<br />
kamen aus zahlreichen Orten Hohenzollerns.<br />
Die eingesetzten Pfarrverweser Pfeffer und Schnell wurden<br />
von der Empfingener Bevölkerung offen angefeindet<br />
und zogen sich „der Gewalt weichend" wieder zurück,<br />
wie es in einem Schreiben hieß.<br />
Pfarrer Sprißler schien zu glauben, wenn ihn die Mehrheit<br />
des Volkes unterstütze, werde auch das Ordinariat<br />
nachgeben. Am 26. März ließ er sich feierlich in die<br />
Kirche einführen und legte vor ihr das Glaubensbekenntnis<br />
ab. Die Wiederaufnahme der Seelsorge meldete er<br />
auch der Fürstlichen Regierung in Sigmaringen. Er kündigte<br />
an, daß er gegen die kanonische Irregularität und<br />
die angedrohte Temporaliensperre (= Einbehaltung der<br />
Einkünfte eines Geistlichen) notfalls den Rechtsweg be-<br />
44<br />
Pfarrer Josef Sprißler<br />
schreiten und Erzbischof und Ordinariat auf Verleumdung<br />
verklagen werde. „Ich rufe den Schutz des Staates<br />
gegen das Attentat einer Temporaliensperre hiemit förmlich<br />
an", schrieb er.<br />
Hartnäckige Haltung Sprißlers<br />
Die Sigmaringer Regierung stellte sich teilweise auf<br />
Sprißlers Seite und bedauerte dem Ordinariat gegenüber,<br />
daß es „eine so tief eingreifende Einschreitung gegen<br />
Pfarrer Sprißler erkannt hat." Die Fürstliche Geheime<br />
Konferenz schrieb gar, eine Glaubensuntersuchung wegen<br />
Meinungsäußerungen, die Pfarrer Sprißler als<br />
Reichstagsabgeordneter in Frankfurt und als politischer<br />
Redner gemacht habe, „finden wir nicht nur an sich<br />
kaum gerechtfertigt, sondern wir sehen darin einen entschiedenen<br />
Mißgriff, einen Verstoß gegen die öffentliche<br />
Ordnung, gegen das Recht der Redefreiheit, insbesondere<br />
bei der Nationalversammlung." Damit hatte die Regierung<br />
einen Großteil von Sprißlers Argumenten übernommen.<br />
Weiter hieß es, das Ordinariat habe zwar das<br />
Recht, die Suspension von geistlichen Verrichtungen zu<br />
verfügen, „obwohl wir im Falle Sprißlers von Zweckmäßigkeit<br />
oder Notwendigkeit dieser Maßregel nie überzeugt<br />
werden können." Schließlich wurde angekündigt,<br />
daß man die Zustimmung zur Temporaliensperre nicht<br />
erteilen werde.<br />
Josef Sprißler nützte diesen Aufwind und schrieb dem<br />
Ordinariat, er sei für weitere Untersuchungen bereit,<br />
wenn die voreilig verhängte Suspension aufgehoben, die<br />
Untersuchung unter völliger Beseitigung seines Antrages<br />
im Frankfurter Parlament und seiner Rede auf Blum geführt<br />
werde. Außerdem sei die Untersuchung in Empfingen<br />
zu führen. Allerdings hätten damit praktisch alle gegen<br />
ihn erhobenen Vorwürfe fallengelassen werden müssen.