hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...
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einen Brand im Kloster Hedingen, der nach einer Notiz<br />
von 142 6 20 dort alle Urkunden vernichtet hatte, sei es<br />
über das Umgeld, eine Verbrauchssteuer auf Getränken,<br />
die der Stadtherr der Stadt 1459 21 überließ, damit sie<br />
den Bau der Stadtmauer finanzieren konnte, sei es die<br />
1498 geäußerte Furcht vor »der Schlechtigkeit der Menschen<br />
und . . . (vor) gefährlichen Zeiten«. Diese Furcht<br />
ließ den Grafen von Werdenberg das bischöfliche Generalvikariat<br />
um Zustimmung bitten, Mitternachtsmessen<br />
in der Karwoche schon beim Aveläuten beginnen zu lassen,<br />
damit die Stadttore des nachts verschlossen gehalten<br />
werden konnten 22 . Dies hielt man, wie erwähnt, der unsicheren<br />
Zeiten wegen für erforderlich. Da der Pfarrgottesdienst<br />
in der Stadt und nicht mehr in Laiz stattfand,<br />
mußten die Laizer Kirchgänger nach Sigmaringen gehen<br />
und waren für sie die Stadttore offenzuhalten.<br />
Die Rechtsverhältnisse einer mittelalterlichen Stadt wie<br />
Sigmaringen sind naturgemäß wesentlich geformt worden<br />
von den Rechten und Pflichten, die das Stadtrecht<br />
den Bürgern gewährte bzw. auferlegte. Darauf braucht<br />
nun aber hier nicht näher eingegangen zu werden, weil<br />
in der 1977 anläßlich des Stadtjubiläums veröffentlichten<br />
Festschrift gerade dazu ein Uberblick gegeben wor-<br />
1 Vgl. Gregor Richter, Der Konstanzer Liber decimationis<br />
von 1275. Ein Beitrag zur Problematik ortsgeschichtlicher<br />
Quellen und -Jubiläen in: Beiträge zur Landeskunde Nr.<br />
6/1975, S. 12 ff.<br />
2 Vgl. Maren Kuhn-Rehfus, Sigmaringen 1077-1977. Ein<br />
Abriß seiner Geschichte, in: 900 Jahre Sigmaringen, 1977,<br />
S. 23, und Alex Frick, Entstehung und Entwicklung des<br />
Stadtbildes von Sigmaringen, in: ebenda, S. 70.<br />
3 Zur Literatur über Hedingen und Gorheim vgl. Bernhardt/<br />
Seigel, Bibliographie der Hohenz. Geschichte, S. 148 f.<br />
4 StA Sig. Ho 80 Urk. 1347 Mai 20.<br />
5 Ebenda.<br />
6 Ebenda 1474 Dez. 12.<br />
7 Ebenda 1349 September 22.<br />
8 Ebenda 1378 Oktober 18.<br />
JOSEF GRONER<br />
den ist 23 . Vorstehend sollte vielmehr ein Eindruck von<br />
den bestehenden Zuständen und davon gegeben werden,<br />
wie komplex auch die mittelalterliche Geschichte betrachtet<br />
werden muß. Zwei Schlußfolgerungen bieten<br />
sich an:<br />
1. Die kirchlichen Verhältnisse waren sowohl in religiöser<br />
als auch in wirtschaftlicher Hinsicht von Belang. Die<br />
formale Bindung der Stadtbevölkerung an die Pfarrkirche<br />
in Laiz entsprach dem Zuge der Zeit, die Klostergründungen<br />
in Hedingen und Gorheim ebenso. Insbesondere<br />
die Klöster waren wirtschaftliche Faktoren.<br />
2. In Streitfragen suchte man gewöhnlich nach objektivem<br />
Recht zu entscheiden. War die Stadt beteiligt, entschieden<br />
oder verglichen die Landesherren bzw. ihre Beamten,<br />
gegenüber den Bürgern fällten Schultheiß und<br />
Gericht der Stadt Sigmaringen ihre Urteile.<br />
So dürftig unsere Quellenzeugnisse sind, sie lassen doch<br />
erkennen, daß es wechselnde Schicksale gegeben hat, daß<br />
Formen der Verwaltung und Rechtssprechung gefunden<br />
wurden, die das Zusammenleben in der städtischen Gemeinschaft<br />
ermöglichten, und daß uns das Mittelalter um<br />
so weniger finster vorkommen wird, je mehr wir darüber<br />
wissen.<br />
9<br />
Ebenda 1478 Juni 8.<br />
10<br />
Ebenda 1426 März 7.<br />
11<br />
Ebenda, Dep. 1 (Stadtarchiv Sigmaringen) Urk. Nr. 31.<br />
12<br />
Ebenda, Ho 80 Urk. 1453 Februar 12.<br />
13<br />
Ebenda 1516 November 18.<br />
14<br />
Ebenda 1419 September 23.<br />
15<br />
Ebenda, Dep. 1 Urk. Nr. 5.<br />
16<br />
Ebenda Nr. 21.<br />
17<br />
Ebenda Nr. 28.<br />
18<br />
Ebenda, Ho 80 Urk. 1455 November 17.<br />
19 Ebenda 1513 August 5.<br />
20 Wie Anm. 10.<br />
21 StA Sigm., Dep. 1 Urk. Nr. 15.<br />
22 Ebenda, Ho 80 Urk. 1498 April 2.<br />
23 Kuhn-Rehfus, wie Anm. 2, hier S. 20 ff.<br />
Die Freiherren von Schellenberg in der Reidisstadt Pfullendorf<br />
(Fortsetzung)<br />
Maria Anna von Schellenberg zu Pfullendorf<br />
Freiherr Sigmund Regnat konnte es sich leisten, seinem<br />
einzigen Kind, der Tochter Maria Anna, eine gute Erziehung<br />
angedeihen zu lassen. Er schickte sie zu den Englischen<br />
Fräulein nach München, doch da zeigte sich schon<br />
die fragwürdige Veranlagung der Kleinen. Sie sah sich<br />
von bösen Geistern verfolgt und konnte nur durch ein<br />
»Wunder« von ihnen befreit werden. Der Vater nahm<br />
sie daher nach Bräunlingen zu sich, doch das Vergnügen<br />
an ihr sollte ihm bald vergehen. Schon als 14/15-Jährige<br />
begründete Maria Anna durch Geschichten mit Roßbuben<br />
und Bauernknechten ihren zweifelhaften Ruf. Prügel<br />
des Vaters nützten nichts, zumal sich Mutter und Stiefbruder<br />
auf ihre Seite stellten. Sie ging sogar so weit, ihren<br />
Vater der Blutschande anzuklagen und behauptete,<br />
ein Kind von ihm zu haben. Obgleich das »Kind« bei<br />
Gelegenheit in Form eines Kissens unter ihrem Rock herausfiel,<br />
hetzte sie von Sigmaringen aus, wo sie bei der<br />
Fürstin von Hohenzollern, ihrer Taufpatin, Unterschlupf<br />
gefunden hatte, weiter gegen ihren Vater. Sigmund Re-<br />
gnat wurde daraufhin tatsächlich von seinem Wohnsitz<br />
weggelockt und in Hechingen zunächst einmal nobel zurückgehalten.<br />
Dann aber, nachdem die Angelegenheit bei<br />
der oberösterreichischen Regierung in Innsbruck anhängig<br />
gemacht worden war, richtig festgesetzt, während<br />
seine Tochter nach Rottenburg ins Gefängnis wanderte.<br />
Nach langwieriger Untersuchung und sogar Drohung<br />
mit der Folter wurde der Freiherr zu lebenslanger Haft<br />
verurteilt, allerdings nach 4 Jahren freigelassen, nachdem<br />
sich Innsbruck eines anderen besonnen hatte.<br />
Während seiner Gefangenschaft hatte Maria Anna in<br />
Rothenburg ihren Prinzen gefunden, und zwar einen<br />
sonst nicht näher bekannten Johann Heinrich von Kern.<br />
Auf rätselhafte Weise gelang es ihm, die gefangene<br />
Schellenbergerin zu befreien und zu heiraten (Balzer 90).<br />
Die Wirkung dieses abenteuerlichen Vorgangs war andererseits,<br />
daß Sigmund Regnats Haft aus unerklärlichen<br />
Gründen verschärft wurde, während Maria Anna österreichisches<br />
Landesverbot erhielt. Ihr Stiefbruder Franz<br />
v. Hafner benützte die günstige Gelegenheit, um seines<br />
21