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hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...

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sonstigen geistlichen Vermögensträger waren am Kreditgeschäft<br />

beteiligt. Hier in unserem Fall natürlich nur im<br />

bescheidenen Maße und keinesfalls vergleichbar den großen<br />

Handelsgesellschaften wie der von Ravensburg, die<br />

Kreditkäufe tätigten, oder wie das Handelshaus Fugger,<br />

das im 16. Jahrhundert als Geldgeber gegenüber Päpsten<br />

und Kaisern auftrat.<br />

Aber bei aller Bescheidenheit der Ausmaße ist doch die<br />

Tatsache als solche festzuhalten, daß auch in Sigmaringen<br />

geistliche Institute Kredite gewährten.<br />

Der rechtliche Ablauf der Kreditaufnahmen ist im<br />

Wortlaut der Urkunden selbst irreführend für unser Verständnis<br />

formuliert, spricht man doch vom Gültkauf und<br />

-verkauf. Dabei tritt der Schuldner als Verkäufer auf,<br />

der seine Gült, d. h. seine Zinsleistung, veräußerte. So<br />

»verkaufte« etwa 1453 Jörg Müller zu Süssen bei Sipplingen<br />

am Bodensee der Pfründe im Kloster Hedingen<br />

den jährlichen Zins von 7 Eimer guten Weißweins. Er<br />

erhielt dafür 35 Pfund Heller 12 . Daß es sich um einen<br />

Kredit handelt, deutet lediglich der Zusatz an, der Verkäufer<br />

könne gegen 35 Pfund Heller den Zins wieder<br />

ablösen. Analog war es, als 1516 der Sigmaringer Bürger<br />

Ulrich Bürcklin für 20 Pfund Heller 1 Pfund Heller<br />

Zins an die Kapelle Unserer lieben Frau an der Straße<br />

zu Laiz verkaufte und sich die Ablösung vorbehielt 13 .<br />

Hier ist nun auch der Zinssatz von 5 °/o genannt, der allgemein<br />

üblich war und ebenso in Verträgen zwischen<br />

Bürgern untereinander oder mit der Stadt begegnet.<br />

Als Beispiel für solche Geschäfte von Bürgern unter sich<br />

sei der Gültverkauf des Hans Buol, Bürger zu Sigmaringen,<br />

an seinen Mitbürger Albrecht den Suner von 1419<br />

erwähnt, bei dem der Gläubiger oder nach damaligem<br />

Begriff, der Verkäufer, 30 Pfund Heller erhielt und eine<br />

Wiese dafür verpfändete 14 . Wie hier sind in anderen<br />

Fällen von den Gläubigern in der Regel Liegenschaften,<br />

also Gärten, wiesen oder Äcker zum Pfand gesetzt worden.<br />

Zum Verhältnis der Stadt bzw. der Bürger von Sigmaringen<br />

zu den geistlichen Instituten gehören noch die<br />

Streitigkeiten, die in den Urkunden festgehalten sind.<br />

Der Deutung bedarf wohl die urkundliche Verfügung<br />

des Grafen Eberhard von Württemberg von 1369 15 als<br />

dem damaligen Stadtherren über die Steuerpflichtigkeit<br />

und die Dienstpflichtigkeit der Güter des Klosters Hedingen.<br />

Nach dem Inhalt der Urkunde gewährte der<br />

Graf der Stadt die Gnade, alles bisher Steuer- und<br />

dienstpflichtige Gut des Klosters an Äckern, Wiesen,<br />

Häusern, Gärten, Hofstätten und Gülten auch künftig<br />

als Steuer- und dienstpflichtig zu betrachten. Offensichtlich<br />

blockte der Stadtherr damit Bestrebungen des Klosters<br />

ab, die Steuer- und Dienstfreiheit für seine Besitzungen<br />

zu erlangen. Hier stand im Konfliktfall folglich<br />

der Landes- und Stadtherr auf Seiten der Stadt. Wenn<br />

neben den Steuern die Dienste erwähnt sind, so ist vornehmlich<br />

an Wachdienste an bzw. auf der Stadtmauer<br />

und andere Auflagen für die Gemeinschaft zu denken,<br />

die an den Liegenschaften hafteten.<br />

Zu einem Streit zwischen der Stadt und wieder dem<br />

Kloster Hedingen war es etwa 100 Jahre später um einen<br />

Wald, um das Holz Aspach, gekommen 16 . Diesmal<br />

mußte wiederum der Landes- und Stadtherr eingreifen,<br />

es war Graf Jörg von Werdenberg, den beide Parteien<br />

als Vermittler anerkannten. In dieser Rolle setzte der<br />

Graf 1470 fest, die Klosterfrauen hätten auf den Wald<br />

zu verzichten, sie erhielten dafür einen Acker, außerdem<br />

wurde noch der Tausch zweier Waldstücke auferlegt.<br />

Als dritten Streitfall zwischen Stadt und Kloster Hedingen<br />

läßt sich der 1488 vom herrschaftlichen Obervogt<br />

beigelegte nennen, der sich um Steuern aus einem Acker<br />

20<br />

auf dem Schönenberg drehte und damit endete, daß die<br />

Nonnen die Steuer zu entrichten hatten 17 .<br />

So läßt sich zusammenfassend über die Beziehungen zwischen<br />

der Stadt und den Klöstern oder den sonstigen<br />

geistlichen Rechtsträgern sagen, daß die geistlichen Institute<br />

erstens die Gelegenheit gaben, Frauen und Töchtern<br />

Aufnahme zu gewähren oder aber fromme Stiftungen zu<br />

machen. Zum zweiten haben wir sie als wirtschaftliche<br />

Faktoren zu sehen, traten sie doch als Partner bei Grundstücksgeschäften<br />

oder bei Schuldaufnahmen auf. Schließlich<br />

begegnen sie als Kontrahenten und Rivalen, was<br />

nicht ohne Konflikt geblieben ist. Auch die mittelalterliche<br />

Welt war nicht durchweg als heile Welt konstruiert.<br />

Dies gilt nicht nur für die Beziehungen zu kirchlichen<br />

Instituten. Denn Streit brach auch zwischen Bürgern unter<br />

sich, zwischen verschiedenen Gemeinden und zwischen<br />

Bürgern und der Stadt aus.<br />

Bei den Beispielen zu Differenzen zwischen den Klöstern<br />

und der Stadt Sigmaringen traten uns bisher als Schiedsleute<br />

die Landesherren oder deren Beamte entgegen. Da<br />

die Stadt selbst beteiligt war, konnte es nicht anders gehandhabt<br />

werden. In anderen Fällen übernahm die Stadt<br />

die Urteilsfindung. Natürlich nicht in ihrer Gesamtheit,<br />

sondern in ihrer Repräsentation von Schultheiß und Gericht.<br />

Wie dies vor sich ging und wie das Recht gesprochen<br />

wurde, mag an zwei Beispielen erläutert werden:<br />

1455 bekundete der Sigmaringer Schultheiß Konrad<br />

Steiger 1S , vor ihn und das Gericht seien der ehrbare<br />

Hans Suener und Konrad Sulger als Pfleger der Kirchenfabrik<br />

der Johanneskapelle gekommen und hätten<br />

durch ihren Fürsprecher oder Advokaten Klage gegen<br />

den ehrbaren Andreas Koch erhoben. Dieser sollte einen<br />

Garten besitzen, aus dem die Kirchenfabrik eine Gült<br />

beanspruchte. Koch wollte die Gült nur aus dem halben<br />

Garten zahlen, weil er die andere Hälfte verkauft hatte.<br />

Das Gericht ließ den Schultheißen und zwei weitere Personen<br />

zur Sache vernehmen und entschied, Koch müsse<br />

die Gült wieder aus beiden Teilen des Gartens entrichten.<br />

Das Gericht stellte darüber ein Urteil aus.<br />

Im zweiten Fall ging es um ein Zufahrts- bzw. ein Überfahrtsrecht.<br />

1513 bekundete der Schultheiß Gallin Beck<br />

von Sigmaringen 19 , vor ihn und das Gericht seien vier<br />

Bürger gekommen, unter ihnen Meister Konrad Lentzin.<br />

Lentzin ließ durch seinen Fürsprecher erklären, er habe<br />

in Zyern oder Zeuren, dem Flurstück also zwischen<br />

Hohkreuz und Laizer Markung, eine Wiese gekauft, er<br />

besitze aber keinen Weg zu seiner Wiese. Die drei anderen<br />

Bürger, die er mitbrachte, sollten ihm vor Gericht<br />

die Wahrheit über sein Recht bekunden, wie er auf die<br />

Wiese gelangen könnte. Sie taten es und versicherten,<br />

durch einen Acker, der einem Hans Lüpfried gehörte,<br />

und durch eine Wiese des Grafen von Werdenberg gehe<br />

ein Weg, auf dem man Reiten und Fahren dürfe. Die<br />

Richter entschieden, die Aussagen sollten als Wahrheit<br />

gelten und rechtskräftige Wirkung haben.<br />

Auch hierüber wurde eine Urkunde ausgestellt. Wichtiger<br />

als der Streitpunkt ist es, für das hier darzustellende<br />

Rechtsverhältnis, daß das Stadtgericht Angelegenheiten<br />

seiner Bürger regelte, nicht nach Gutdünken, sondern<br />

nach Prüfung des Sachverhalts. Dabei ist etwas von der<br />

Achtung des Rechts zu spüren.<br />

Natürlich gab es nicht nur Streit zu behandeln, sondern<br />

wurden auch Kaufverträge gerichtlich geschlossen und<br />

Dokumente legitimiert. Das Rechts- und Wirtschaftsleben<br />

der Stadt verlangte viele Aktivitäten des Gerichts.<br />

Es dürfte interessant sein, weiteren derartigen Verhältnissen<br />

nachzugehen und die Inhalte der Auseinandersetzungen<br />

sowie andere Dinge zu verfolgen, die sich spurenhaft<br />

in den Quellen finden, sei es die Nachricht über

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