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hohenzollerische heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer ...

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zeichnis des von dem Konstanzer Klerus zu leistenden<br />

Papstzehnten«, den sogenannten »Liber decimationis cleri<br />

Constanciensis pro Papa de anno 1275« an 1 . Darin<br />

nun sind alle Pfarreien samt deren Jahreseinkünften aufgeführt,<br />

die Stadt Sigmaringen aber sucht man darunter<br />

vergebens, eine Stadtpfarrei gab es 1275 nämlich noch<br />

nicht. Dies traf auch noch zwei Jahrhunderte später zu.<br />

Denn 1444 entstand in unserer Stadt eine neue Johanneskapelle,<br />

wohl am selben Platz wie ein gleichnamiger<br />

älterer Bau, der sich schon zum Jahr 1359 nachweisen<br />

läßt. Hier kommt es auf den Ausdruck Kapelle an, die<br />

Bezeichnung für ein Gotteshaus ohne pfarrliche Rechte.<br />

Denn die Sigmaringer Pfarrkirche war damals und noch<br />

für lange Zeit die Kirche in Laiz. Sie blieb es sogar, als<br />

der Pfarrer längst in der Stadt wohnte, als 1464 die<br />

Stadtherrschaft beim Bischof durchsetzen konnte, den<br />

Pfarrgottesdienst in der Stadt abzuhalten. Die Verselbständigung<br />

der Johannespfarrei gelang erst im 18. Jahrhundert.<br />

Wir haben es hier keineswegs mit einem Einzelfall zu<br />

tun. Vielmehr läßt sich des öfteren beobachten, daß später<br />

gegründete oder stark gewachsene und zu Städten erhobene<br />

Orte über keine eigene Pfarrei verfügten. Sie<br />

blieben vielmehr in denjenigen Pfarrverband eingebunden,<br />

zu dem sie schon früher gehört hatten, vielleicht sogar<br />

samt ihrer Markung, die erst später neu abgegrenzt<br />

worden sein konnte. Ein solcher Fall findet sich beispielsweise<br />

ganz in der Nähe von Sigmaringen nochmals<br />

in Veringenstadt. Dieses gehörte pfarrlich sogar bis ins<br />

19. Jahrhundert zu Veringendorf.<br />

Im langen Festhalten an der überkommenen Pfarrorganisation<br />

zeigt sich ein gewisser Konservatismus, der<br />

durch die rechtlichen Begleitumstände begünstigt wurde.<br />

Denn gestiftete Pfründ- oder Heiligenvermögen, Jahrtage<br />

und andere Verpflichtungen fußten nicht selten auf<br />

urkundlichen Festlegungen, die man lange respektierte.<br />

Die sprichwörtliche Redewendung, man möge die Kirche<br />

im Dorf lassen, ist Ausdruck der traditionellen Beibehaltung<br />

älterer Pfarreiverbände.<br />

Im Verhältnis zwischen Laiz und Sigmaringen bestand<br />

der angedeutete Respekt des alten Zustandes eher formal<br />

als konsequent. Denn, wie erwähnt, 1464 bekam die<br />

Stadtherrschaft die Erlaubnis, in Sigmaringen selbst<br />

Pfarrgottesdienste abzuhalten 2 . Auch wohnte der Pfarrer<br />

bald in der Stadt, nicht mehr in Laiz. Formal gelang<br />

die endgültige Lösung von der Pfarrei Laiz jedoch erst<br />

im 18. Jahrhundert, als die Stadtpfarrei für sich das<br />

Recht auf Beerdigungen erhielt und einen eigenen Friedhof<br />

anlegte. Denn Taufen, Trauungen und Bestattungen<br />

sind pfarrliche Rechte, die im Regelfall in der Pfarrkirche<br />

bzw. auf deren Friedhof vollzogen werden mußten.<br />

Zu den kirchlichen Verhältnissen zählen die Beziehungen<br />

zu den Klöstern. In Sigmaringen waren diese im Mittelalter<br />

eng, bestand doch in Gorheim ein Franziskanerinnenkloster<br />

und in Hedingen hatten Dominikanerinnen<br />

ihren Sitz 3 .<br />

Die Geschichte des mittelalterlichen Klosterwesens wäre<br />

ein Thema für eine gesonderte Abhandlung. Ist es doch<br />

interessant und aufschlußreich zu sehen, wie in den Orden<br />

und Kongregationen sowie in deren Niederlassungen<br />

bestimmte Frömmigkeitsideale ihren Niederschlag fanden,<br />

wie nicht selten spätere Ausformungen der ursprünglichen<br />

Ideen zu geänderten Richtungen führten.<br />

Die vielen Neugründungen von Klostergemeinschaften<br />

sind Ausdruck einer gewissen Abkehr von allen bisherigen<br />

Orden, ja die Absichten älterer Gründungen wurden<br />

geradezu abgelehnt. Die als Bettelorden gestifteten Franziskanischen<br />

Gemeinschaften oder die vornehmlich für<br />

die städtische Seelsorge gedachten Dominikanischen Nie-<br />

18<br />

derlassungen waren von ihrer Anlage her gezwungen, die<br />

Klostermauern und -wände zu verlassen und unter das<br />

Volk zu gehen, was eine radikale Abkehr etwa von dem<br />

benediktinischen Ideal der stabilitas loci, von der Verpflichtung,<br />

an einem bestimmten Ort zu bleiben und der<br />

Regel gemäß dort zu beten und zu arbeiten. Sieht man<br />

die Ordensgeschichte so, dann erhält man Einblicke in<br />

die mittelalterliche kirchliche Wirklichkeit, die geprägt<br />

war von einer auffallenden Vielfalt, ja nicht selten von<br />

einer streitbaren Gegensätzlichkeit. Hier sollte man sich<br />

klarmachen, daß dies nur möglich war, wenn die Kirche<br />

und vorab das Papsttum das Maß an Duldsamkeit aufbrachte,<br />

das man benötigte, um die unterschiedlichsten<br />

Richtungen unter einem Dach zu vereinen. Vielleicht<br />

sollte unsere Zeit etwas mehr davon haben, um die Pluralität<br />

der Frömmigkeitsideale zu respektieren, ohne sogleich<br />

das Entweder - Oder zu verlangen. Zur Geschichte<br />

des Klosterwesens gehörte natürlich auch, wie<br />

dieses nicht selten in den Sog politischer Macht geriet,<br />

sei es, daß einzelne Klöster oder von Klöstern ausgehende<br />

Bewegungen selbst zu Machtfaktoren wurden, wie es<br />

bei den mittelalterlichen Reichsprälaturen oder bei den<br />

großen Reformbewegungen wie etwa der Hirsauer Bewegung<br />

der Fall war, sei es, daß Kaiser und Territorialherren<br />

die Klöster als politische Faktoren einsetzten.<br />

In Hedingen und Gorheim bestanden vergleichsweise unbedeutende<br />

Niederlassungen. Wir dürfen es jedoch als<br />

bezeichnend ansehen, daß innerhalb weniger Jahre gleich<br />

zwei Klausen oder Klösterlein in unmittelbarer Nähe<br />

entstanden. Darin liegt ohne Zweifel ein Element der geschilderten<br />

unterschiedlichen Frömmigkeitsideale. Denn<br />

die Klause Gorheim, die nach einer durch Urkunden allerdings<br />

nicht belegbaren späteren Notiz 1303 entstanden<br />

sein soll, diese Klause gehörte dem 3. Orden der<br />

Franziskanerinnen an. Die Anfänge müssen bescheiden<br />

gewesen sein, vermutlich lebten zunächst nur zwei -<br />

drei Frauen zusammen, um ein gottgefälliges Leben zu<br />

führen. 1347 erhielten die Gorheimer Klausnerinnen<br />

aber vom damaligen Pfarrer von Laiz sowie von den Familien<br />

des Gorheimer Müllers namens Werner und des<br />

Sigmaringer Waibels Benz Besitzungen übertragen, u. a.<br />

befand sich darunter der Platz, auf dem die Klause<br />

stand. Die Urkunde des Laizer Pfarrers v. Reischach 4<br />

erwähnt als Klausnerinnen Luggart, die Tochter Werners<br />

des Müllers, und Bethe, Tochter des Benz des Waibels,<br />

unter dem wir uns eine Art Gerichts- und Stadtdiener<br />

mit polizeilicher Befugnis vorzustellen haben. Vermutlich<br />

waren Luggart und Bethe die ersten Insassen der<br />

Klause, die der zuständige Pfarrer und ihre Familien<br />

durch Zuwendungen unterstützten. Die Gründung der<br />

Klause Gorheim wäre dann auf privater Basis erfolgt.<br />

Die Klause bzw. nach späterer Benennung das Kloster<br />

Gorheim blieb im Umfang wie in der Bedeutung bescheiden.<br />

Als Kaiser Josef II. Ende des 18. Jahrhunderts die<br />

kleinen Klöster aufheben ließ, gehörte Gorheim dazu,<br />

das bis dahin nicht bedeutend geworden war.<br />

Wie sich sein Vorhandensein dennoch auf Sigmaringen<br />

auswirkte, wird noch anzusprechen sein.<br />

Das Kloster Hedingen gehörte den Dominikanerinnen.<br />

Es verdankt seine Stiftung nicht bürgerlicher Initiative,<br />

sondern dem Willen des adligen Ortsherren Itel Folkwin,<br />

der 1338 eine entsprechende Schenkung machte.<br />

Beide Orden, die Franziskaner wie die Dominikaner,<br />

waren verhältnismäßig junge Orden, existierten sie doch<br />

erst seit dem 13. Jahrhundert, während die Benediktinter<br />

schon im 6. Jahrhundert entstanden waren, die Zisterzienser<br />

sich als reformierter Zweig davon 1098 abgespalten<br />

hatten und die Prämonstratenser 1120 gegründet<br />

wurden. So kann man annehmen, in Sigmaringen und

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