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Hermann Lange, Annaberg-Buchholz

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<strong>Hermann</strong> <strong>Lange</strong>, <strong>Annaberg</strong>-<strong>Buchholz</strong><br />

Diskussionsbeitrag zu dem Artikel „Der Scheckenthal“ im Januarheft dieses Jahres<br />

Nachdem ich als einziger Einheimischer, dem der Name Scheckenthal bisher vorgekommen<br />

war, im vorigen Herbste den Röselschen Artikel erhielt, bin ich meinen Funden weiter<br />

nachgegangen. Infolge der vorliegenden Stoffülle ist es nicht möglich, hier auf alles das<br />

einzugehen, was mit der Frage zusammenhängt. Deshalb sollen nur drei Dinge herausgestellt<br />

werden:<br />

der Scheckenthal an sich,<br />

der in der Nähe stehende Baum,<br />

der Standort des Gasthofes.<br />

1. Aus den im Artikel angeführten Stellen (2. Spalte oben) könnten uneingeweihte Leser<br />

schließen, daß das „Rothe Vorwerk“ und „der Scheckenthal“ gleichzusetzen sind. Das ist aber<br />

abwegig. Der Gasthof wird erst von dem Bürgermeister Georg Thomas Gensel vereinigt.<br />

(Nicht Johann Gensel war der Besitzer. Dieser Johann G. kaufte von dem Bergamte ein<br />

Zechenhaus mit Zubhör, den späteren „Genselgarten“ = Logengrundstück.) Unter Thomas<br />

Gensel hat sich das „Rothe Vorwerk“ erst entwickelt. Nach dem 7. Gartenlehnbuch Bl. 38<br />

übernimmt er von seinen Miterben am 8. August 1625 eine Reihe Äcker, Gärten und Wiesen,<br />

darunter auch den von seinem Vater besessenen im 6. GLB Bl. 326b genannten „Garten mit<br />

Haus und Scheune zur Rechten der Linden“. Aus dem Vorwerk entstand viel später der<br />

ehemalige „Lindengarten“. Sein Name hat aber mit der obengenannten Linde nichts zu tun.<br />

Erst als Johann Conrad, ein Schwiegersohn, das Grundstück übernimmt (1696 - 8. GLB Bl.<br />

56), erscheinen Vorwerk und Gasthof gekoppelt.<br />

Das Grundstück des späteren Scheckenthals ist 1546 im Besitz der Wwe. Walpurg Bronner,<br />

wieder verehel. Kraußin (9. Häuslerlehnbuch Bl. 23). Es kommt dann in die Hände des<br />

Schmiedes Christoph Richter (1570 - 14. HLB Bl. 345). Als die ganze Stadt 1604<br />

einschließlich der erst entstehenden Vorwerke wegbrannte, gab es natürlich keine<br />

Herbergsmöglichkeiten. Deshalb erbaute der Rat selbst - außerhalb der Schuttmassen -, am<br />

Hauptwege von Chemnitz und Freiberg eine Herberge, die am 9. März 1618 für 450 Gulden<br />

ein Abraham von Speyer übernimmt. Im 21. HLB Bl. 51 lesen wir: „... das Raths unlängst<br />

erbautes Gast- oder Wirthshaus vorm Thore unterm Hospital gelegen ... daß er die<br />

wandersleut, bothen und ander reysende Persohnen, auch darinnen beherbergen solle.“ Der<br />

Käufer zahlt so gut wie nichts an und verpflichtet sich, jährlich am Trinitatistage je 12 fl. (=<br />

Gulden) abzuzahlen. Am 14. März 1622 wird das Gasthaus aber schon von dem Ölschläger<br />

Martin Fischer übernommen. Damals hat der Rat immer noch eine Summe von 302 fl. darauf<br />

stehen. Deshalb gibt der Rat am 26. Juni 1647 (22. HLB Bl. 220) das Grundstück an den<br />

Auditor des Churf. S. Leib-Escadrons zu Roß, Herrn Hans Dürr. Von ihm kauft es Georg<br />

Thomas Gensel am 13. November 1650. Es geht dann in den Besitz seiner Erben über. Bis<br />

1820, als von dem Seidenfärber Phil. Theod. Zürcher ein großer Teil der umliegenden<br />

Grundstücke zusammengekauft wird, bleibt es mit dem Rothen Vorwerk verbunden. Auch die<br />

Hospitalwiesen gehören dazu, auf denen um 1850 das Gasthaus „Zur Goldenen Sonne“<br />

entsteht. - Daß die Chronik Georg Kleinhempels fortgesetzt „Zeckenthal“ schreibt, ist<br />

möglicherweise eine Andeutung, daß man den Anfang des Wortes tatsächlich scharf<br />

aussprach, womit der Zusammenhang mit dem „Zschackenthal“ gegeben wäre. Nicht<br />

ausgeschlossen ist, daß die „Weiße Gans“ auf dem Besitzer Gensel zurückgeht. Der Name<br />

„Scheckenthal“ ist, wie schon Rösel meint, sicher „eingeschleppt“ worden und hängen<br />

geblieben.


2. Rösel nimmt (nach Meiche) an, daß an der fraglichen Stelle ein weganzeigender Baum<br />

gestanden habe (Zückmantelfrage!). Das stimmt insofern, als von 1582 bis 1726 dort eine<br />

Linde erwähnt wird. Sie wird bei Grundstückskäufen immer wieder als Orstbestimmung<br />

benützt. Von ihr meldet Georg Kleinhempel: 1726, den 9. Oktober, an einem Montag<br />

nachmittag erhub sich ein Wind. Auf die Nacht wurde er so stark, daß er großen Schaden<br />

anrichtete ... Die Linde bei dem Zeckenthal wurde aus der Wurzel umgerissen. - Da sich die<br />

Meldungen über 150 Jahre erstrecken, kann man das Alter des Baumes auf zirka 200 Jahre<br />

schätzen.<br />

3. Wo stand nun der Scheckenthal? Ein handgezeichneter, nicht vermessener Stadtplan des<br />

Markscheiders Johann Carl Goldberg aus dem Jahre 1731 zeigt uns zunächst vor dem<br />

Wolkensteiner Tor das Vorwerk, dann einen Weg, den „Irbersdorfer Fußsteig“ der alten<br />

Kaufeinträge, das ist ein früherer Teil des heutigen Fuchssteiges, und weiter, jenseits dieses<br />

Weges, eine nur durch zwei Wände angedeutete Gasthofruine. Deshalb redet auch der Eintrag<br />

im GLB A Bl. 106, als der ganze Komplex an Frau Justina Eleon. Conradin geht, von dem<br />

sog. „Rothen Vorwerk mit Haus, Stall und Scheune und der dazu gehörigen Gasthofs-<br />

B a u s t ä t t e zur Weißen Gans oder insgemein der Scheckenthal genannt“. Das Gasthaus ist<br />

demnach ruiniert (weggebrannt?). Berichte vom großen Brande 1731 erzählen nichts; auch<br />

ging damals der Wind in der Richtung Geyersdorf-Frohnau, so daß ein Funkenflug dorthin<br />

kaum möglich war. Das Gasthaus ist nie wieder aufgebaut worden und wird immer als<br />

„Baustelle“ weiterverkauft. Daß aber die Erinnerung an die alte Herberge fortbestand, verrät<br />

die Absicht des Bauunternehmers Fr. Wilh. Böttrich, dort 1879 eine „Zentralherberge“ zu<br />

errichten. Er ist irgendwie daran gehindert worden, baute aber 7 Häuser an der Glumann- und<br />

Logenstraße. Als Standort des Scheckenthals kommt nach allem ungefähr das Straßenkreuz<br />

des Sonnenbergs mit der Glumannstraße, heute Straße der Solidaridät, in Frage. Die Anlage<br />

der beiden Straßen hat das ehemalige Wegnetz völlig verändert.<br />

Quelle: Kultur und Heimat, 3. Jahrgang, <strong>Annaberg</strong>-<strong>Buchholz</strong> September 1956, S. 100 f.

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