16 THIS BABY DOLL WILL BE A JUNKIE ULRIKE MÖNTMANN Oktober 2009
THIS BABYDOLL WILL BE A JUNKIE THIS BABY DOLL WILL BE A JUNKIE TBDWBAJ ist die Registrierung europäischen Outcasts, initiiert durch Ulrike Möntmann, ausgeführt in Zusammenarbeit mit drogenabhängigen Frauen in europäischen Ländern. Das Resultat ist ein Kunstwerk, das aus Serien identischer Puppen besteht, welche entscheidende Ereignisse aus dem Leben einer Drogenabhängigen mitteilen. Jede Serie repräsentiert eine Biografie. THIS BABY DOLL WILL BE A JUNKIE ist eine Sammlung selten geäußerter Statements von Junkies über den Verlauf ihres Lebens vor und nach dem Beginn ihrer Abhängigkeit. Der Titel THIS BABY DOLL WILL BE A JUNKIE suggeriert, dass Drogenabhängigkeit ein zwanghaftes Schicksal ist, eine Unheil verkündende Aussicht auf ein kaum begonnenes Menschenleben. Die Titelthese widerspricht dem Denkbild einer auf Chancengleichheit basierenden individuellen Unabhängigkeit, dem Recht des Individuums auf körperliche und geistige Selbstbestimmung. Für dieses Projekt hat Ulrike Möntmann eine konzeptuelle Architektur entwickelt, bestehend aus vier Räumen, in denen unterschiedliche Prozess- und Bedeutungs- ebenen entstehen. Wie ein roter Faden fungieren darin die Porzellanpuppen, die Träger einer Biographie der teilnehmenden Drogenabhängigen sind und in jedem Raum eine andere Funktion übernehmen. Im isolierten Raum erarbeitet eine kleine Gruppe (inhaftierter) Frauen ihre jeweilige Biografie und produziert die Baby Dolls als Serie. Im Laufe des Arbeitsprozesses wird eine Biografie ausgewählt, die durch eine Serie von Puppen ausgesprochen wird (jeweils ein Satz pro Puppe). Die Anzahl der Puppen pro Serie hängt von der Anzahl der Sätze ab. Die Puppenserien werden vorübergehend durch eine Kunstinstitution in einer Stadt, in einem Land, angenommen und bekommen somit einen Platz im kulturellen Raum. Hier findet auch ein Austausch, z.B. eine Debatte oder ein Seminar mit Kultur-, Wissenschaft- und Politologie-Experten statt, um Ansatzpunkte und Fragen, die das Projekt aufwirft, zu differenzieren. Das Drop off ist der Akt der Installation von THIS BABY DOLL WILL BE A JUNKIE im öffentlichen Raum. Die Puppen einer Serie werden separat an verschiedenen öffentlichen Orten, die zum Lebensbereich der Drogenabhängigen gehören, ausgesetzt (gedropt) und ohne weitere Aufsicht in der Öffentlichkeit zurückgelassen. Die Puppen werden durch die Bewohner bzw. Besucher einer Stadt angenommen oder abgewiesen, ignoriert oder zerstört. Im virtuellen Raum entsteht auf der Website www.thisbabydollwillbeajunkie. com eine Sammlung audiovisueller Biografien, das Archiv einer konstant wachsenden europäischen Outcast Gemeinschaft. Im Laufe des Projektes wird der Vergleich kultureller, politischer und sozialer Unterschiede und Übereinstimmungen diverser Länder möglich. Die Motivation der teilnehmenden Drogenabhängigen besteht in der Möglichkeit, den Verlauf des eigenen Lebens festzuhalten, auszusprechen und das Resultat als eine öffentliche Angelegenheit im öffentlichen Raum zu deponieren. Das Bild der Skulptur ist als Veto gegen die öffentliche Meinung über die Ursache von Abhängigkeit zu sehen, derzufolge das Verschulden allein selbstbestimmt ist. Dies berechtigt zu einem kollektiven Urteil: Drogenabhängigkeit ist eine Frage persönlicher Unfähigkeit und die Verantwortung für die Folgen der Drogenabhängigkeit trägt prinzipiell und ausschließlich der/die Abhängige. THIS BABY DOLL WILL BE A JUNKIE konnte seit 2004 in fünf verschieden europäischen Ländern realisiert werden: Vechta | Deutschland 2003|04, Unna | Deutschland 2006, Amsterdam | Niederlande 2007, Leeuwarden | Friesland NL 2007. 2008|09 wurde TBDWBAJ in Wien | Österreich und in Pozegu | Zagreb in Kroatien realisiert. (Quelle: Ulrike Möntmann, www.thisbabydollwillbeajunkie.com 17